Feridun Zaimoglu kommt nach Konstanz

Er wurde in der Türkei geboren, lebt seit über 30 Jahren in Kiel und wurde 1995 mit seinem Debüt „Kanak Sprak“ bekannt, das ihn über Nacht zum „Sprachrohr“ türkischer Gastarbeiterkinder, zum Kultautor und „Enfant terrible“ der deutschsprachigen Literaturszene machte. Mehr als zwanzig Jahre später blickt der feinsinnige Beobachter und virtuose Sprachkünstler auf ein erstaunlich vielfältiges Gesamtwerk zurück.

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Feridun Zaimoglu schreibt nicht nur Bücher, sondern ist auch Journalist, Essayist, Theaterregisseur, Kurator und Maler. Die Rede vom „Sprachrohr“, mag im Sinne eines Ermächtigungshelfers vielleicht passend (gewesen) sein, doch geht Zaimoglus Bedeutung weit über die einer Räuberleiter hinaus. Er schreibt nicht nur über die Türkei oder Deutsch-Türken, sondern auch über den Ruhrpott (Ruß, 2011) oder Martin Luther (Evangelio, 2017) – und immer wieder aus der Sicht von Frauen (Leyla, 2006; Isabel, 2014 und zuletzt: Die Geschichte der Frau, 2019).

Vor etwa 20 Jahren beschimpfte Heide Simonis, damals SPD-Ministerpräsidentin von Schleswig-Holstein, Feridun Zaimoglu in einer legendären Entgleisung bei einer Talkshow nicht etwa als Feministen, sondern als „Schnapsnase“. Kurz davor hatten junge Bremer Schauspieler die „Alemannenbeschimpfung“ aus „Kanak Sprak“ performt. Simonis bestand darauf, dass keine Türkin so reden würde. Schon damals wurde deutlich, dass nationale Differenzierungen in Deutsche, Türken und Deutsch-Türken der sozialen Realität nicht gerecht werden (und dass Literatur mehr ist als Dokumentation, natürlich). Giovanni di Lorenzo brach die besagte Sendung mit den Worten ab, dass die Gegensätze klar geworden seien, man sie aber nicht überwinden könne.

Vielleicht wird die Moderatorin Judith Zwick Feridun Zaimoglu danach fragen, wie es denn heute um solche Gegensätze und deren Überwindung bestellt ist – angesichts wuchernder Nationalgefühle, islamistischer Terroristen und geflüchteter Menschen. Sicher ist, dass sie wie immer sehr kluge und richtige Fragen stellen wird und ausgezeichnet moderiert.

Zu der „Lese- und Gesprächsreihe ausLESE“ bittet die Stadtbibliothek gemeinsam mit Judith Zwick regelmäßig seit Januar 2018. Das Besondere daran ist, dass das gesamte Werk des oder der Eingeladenen zur Debatte steht. Zwick hat es komplett gelesen und rote Fäden oder wiederkehrende Muster entdeckt, über die es sich stets zu reden lohnt. Gelesen wird natürlich auch, aber eben nicht nur aus einem Buch. Die ausLESE, berichtete seemoz schon vor einem Jahr, „schafft Lust am Lesen“ und gibt Einblick in das Schaffen der Schreibenden.

Simone Warta (Foto: dpa)

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Wann? Mittwoch, 5. Juni 2019, um 19:30 Uhr. Wo? Kulturzentrum am Münster. Einlass um 19 Uhr. Eintritt: 12, ermäßigt 10 Euro.
Tickets in der Stadtbibliothek oder unter bibliothek@konstanz.de.


Die nächste ausLESE findet statt am Mittwoch, 17. Oktober 2019. Zu Gast ist die Autorin Zsuzsa Bánk.