Flüchtlingspolitik: Radolfzell, Singen und Konstanz bereiten sich auf baldige Hallen-Unterkünfte vor
In den letzten Tagen hat sich die Situation bei der Unterbringung von Asylsuchenden in Baden-Württemberg weiter dramatisch verschärft. Entsprechend der Verteilung auf die Stadt- und Landkreise muss der Landkreis Konstanz im August 2015 demnach 270 Asylsuchende aufnehmen. Drei Hallen werden zur Unterbringung von Flüchtlingen vorbereitet.
Zusätzlich dazu hat das Integrationsministerium mitgeteilt, dass dem Landkreis Konstanz aufgrund der sehr hohen Zugangszahlen im Land sehr kurzfristig weitere Asylsuchende zugewiesen werden. Demnach muss der Landkreis bis zum 14. August 2015 mindestens 100 Plätze melden, die bei nicht steuerbaren Zugangsspitzen innerhalb weniger Tage in Anspruch genommen werden könnten. Hierfür kommen auch Mehrzweck- oder Sporthallen in Betracht. Insgesamt könnten dem Landkreis im August deshalb bis zu 370 Asylsuchende zugewiesen werden.
Nach aktuellem Stand können 220 Flüchtlinge in den bestehenden bzw. neu ausgebauten Unterkünften aufgenommen werden. Darüber hinaus wird die Sporthalle der Zeppelin-Gewerbeschule Konstanz für die Aufnahme von bis zu 96 Asylsuchenden vorbereitet.
Die dann noch fehlenden 54 Plätze für den Monat August sollen durch eine engere bzw. dichtere Belegung der vorhandenen Unterkünfte abgewendet werden. Damit möchte der Landkreis vermeiden, dass neben der Sporthalle der Zeppelin-Gewerbeschule Konstanz bereits im August eine weitere kreiseigene Turnhalle belegt werden muss.
Für den Monat September stellt sich das Landratsamt auf eine mindestens genauso hohe Zuweisungszahl an Asylsuchenden ein wie im August. Im September können zwei weitere Unterkünfte in Betrieb genommen werden, Plätze in der Unterkunft in der Luisenstraße in Konstanz erweitert und die Belegung im ehemaligen Internatsgebäude in Gaienhofen fortgesetzt werden. Damit stehen etwa 184 Plätze zur Verfügung. Da diese Kapazitäten aber nicht ausreichen werden, um Asylsuchende in der Größenordnung wie im Monat August aufzunehmen, wird bereits im September mit der Belegung der Kreissporthalle in Singen gerechnet. Die Vorarbeiten hierfür laufen auf Hochtouren.
Parallel dazu wird weiterhin versucht, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um eine weitere Belegung von Hallen zu vermeiden. Die konkrete Planung zur Aufstellung einer Leichtbauhalle zur Unterbringung der Asylsuchenden läuft. Per Eilentscheidung des Landrats wurde eine Leichtbauhalle geordert und weitere Hallen wurden reserviert. Mit der Belegung der ersten Leichtbauhalle in der Kasernenstraße Radolfzell, auf dem Gelände der bestehenden Gemeinschaftsunterkunft, ist zu Beginn des Septembers zu rechnen.
Mit dieser Maßnahme hofft Landrat Frank Hämmerle, die weitere Belegung von Sporthallen minimieren zu können und die belegten Hallen wieder für den Schul- und Vereinssport freigeben zu können. „Ich appelliere nochmals an alle, Unterkünfte, Liegenschaften und erschlossene Grundstücke zu melden, denn die Situation wird sich in den kommenden Monaten sicher nicht entspannen, sondern weiter verschärfen“, so der Landrat.
PM/hpk
Liebe Mitbürger!
Wie zu erwarten war, entwickelt die Flüchtlingsproblematik ihre eigene Dynamik – aber im Südkurier, unserer führenden Regionalzeitung, findet das alles nicht statt, hat man den Eindruck. Dabei ist es überfällig, im Dialog mit der Bürgerschaft nach tragbaren Lösungen für die Flüchtlingsunterbringung zu suchen, die auch welche sind. Aber die dezentrale Unterbringung ist in KN kein Thema, warum ist mir unerklärlich. Die kleine Nachbargemeinde Allensbach macht es vor und zeigt, dass es funktioniert. Aber im Südkurier regt man sich lieber über die – aus der Sicht vieler Wähler – schon zutreffende Darstellung der Außenwirkung unsrer Stadtoberen auf, inclusive der vorwiegend wohlmeinenden Hofberichterstattung. Das ganze Theater ist überflüssig im Hinblick auf die aktuellen Probleme – sachliche Auseinandersetzung Fehlanzeige, das ist schon sehr bedenklich und spiegelt genau die im „Trojaner“ explizit benannten Defizite.
Mein Vorschlag zur Flüchtlingsunterbringung: Die WOBAK hat u.a. Zugriff auf das Areal des ehemaligen Hardenberg-Autohauses. Hier könnte mit vertretbarem Aufwand eine Begegnungsstätte geschaffen werden mit Büro und angegliederter Infrastruktur ( z.B. Werkstatt für gespendete Fahrräder u.ä., Waschsalon, Café, Suppenküche usw., sanitäre Einrichtungen dürften vorhanden sein) mit hohem Selbstverwaltungsgrad durch die möglichst dezentral untergebrachten Neubürger. Ein paar Wohncontainer für die Selbstverwalter hätten auf dem Areal auch noch Platz und die Flüchtlinge wären so wirklich in der Mitte der Gesellschaft aufgenommen. Auch das jetzige Vincentius-Krankenhaus ließe sich in geeignete und menschenwürdige Unterkünfte umgestalten, nach dem Umzug ins neue Haus. Und warum gibt es keinen Aufruf an die Bürger, wer ein oder zwei Personen aufnehmen würde? So könnte Integration gelingen, denn es gibt soziale Kontakte, die Sprache wird schneller gelernt und so ist die Chance auf eine Arbeit und damit auf eigenfinanzierten Wohnraum auch größer. Diese Erfahrungen haben viele Kommunen bereits gemacht und damit viel Geld gespart. Aber in Konstanz giert man nach Bundeszuschüssen ( übrigens auch unser Steuergeld) und beschließt tatsächlich, in zwei kleine, reine Familienwohngebiete am Stadtrand mit überdurchschnittlich hohem Anteil an kleinen und schulpflichtigen Kindern jeweils eine Kaserne für 80 Männer ( im Zergle hinter dem Wollmatinger Rössle) und für 50 Personen im Vorort Egg zu bauen. Und zwar auf den dort vorhandenen Spielplätzen! Die betroffenen Bürger in den Wohngebieten Zergle und Berchen wurden bewußt nicht vorher informiert, sondern vor nunmehr ca. 8 Wochen in Kenntnis gesetzt, wie der Südkurier berichtete. Das Angebot der Bürgergemeinschaft zum Dialog und der gemeinsamen Lösungssuche wurde schlichtweg ignoriert. Man sicherte Ihnen Gesprächsbereitschaft zu ( s. Beitrag im Südkurier v. 23.07.2015, S.20 v. J.-P. Rau u. Prof. M. Armgardt), nur um sie am 24.07.2015 auf S. 17 ( ebenfalls Beitrag v. J.-P. Rau) darüber zu informieren, dass die Flüchlingsunterkünfte im Zergle und in Egg gebaut würden, die berechtigte Empörung der Anwohner nehme man in Kauf, ließ man wissen. Das ist reale Demokratie in Konstanz!
Zur Erinnerung: Der Bau des Spielplatzes, der das Berchengebiet mit dem Wohngebiet Zergle direkt verbindet, und auf welchem nun die Unterkunft für 80 männliche Flüchtlinge gebaut werden soll, wurde vor nicht langer Zeit im Rahmen des Entwicklungsprogrammes „Soziale Stadt“ gebaut und mit Bundesmitteln gefördert. Der damalige soziale Brennpunkt Berchengebiet ist mit Erfolg beruhigt worden, vor allem getragen durch das von Respekt geprägte Miteinander der Menschen in beiden Wohngebieten, dieser Erfolg wird durch den „Ratsbeschluß“ einfach geopfert. Mehr können gewählte Volksvertreter nicht tun, um Vertrauen zu vernichten und die Stimmung ins Negative zu kehren. Solche Ignoranz ist für alle, Flüchtlinge und Wahlvolk, eine schallende Ohrfeige. Welche Wohngebiete sind die nächsten?
Merke: Eine kasernierte Anschlussunterbringung bleibeberechtigter Flüchtlinge in einer Massenunterkunft, egal wo in Konstanz, setzt die Ausgrenzung fort und ist das Gegenteil von Integration! Vielerorts setzt man seit langem mit Erfolg auf dezentrale Unterbringung – Stichwort Leverkusener Modell! Warum nicht auch in KN?
Weitere Beispiele für die Ignoranz gegenüber dem Bürgerwillen sind der beschlossene Bau des Hotels in Petershausen (Torhaus), die Diskussion um die Gutachtenflut u.v.m.
Wo sind die Lokaljournalisten, die sich an die Basis zu den Bürgern, ihren Lesern, begeben und Ihnen das Gehör verschaffen, das die Stadtverwaltung ihnen verwehrt? Das sollte doch zu den vornehmlichsten Aufgaben einer unabhängigen regionalen Tageszeitung gehören, oder? Vor allem in Anbetracht der Wichtigkeit der Probleme.
P.S.: Danke für die Veröffentlichung, der Südkurier hat meinen Leserbrief leider nicht gedruckt und mir auch nicht geantwortet. Freunde haben mich an SeeMoz verwiesen.