Fridays for Future: OB-Wahl ist Klimawahl

Der OB-Wahlkampf hat noch nicht richtig Fahrt aufgenommen, aber eins ist klar: In der Stadt des Klimanotstandes dürften sich alle fünf Kandidaten irgendwie ein grünes Mäntelchen umzuhängen versuchen, der eine mehr, der andere weniger glaubhaft. Fridays for Future will es genau wissen, weshalb die Konstanzer Gruppe einen Aktionsmonat bis zur Wahl ankündigt. Die nächsten acht Jahre entscheiden maßgeblich über den Erfolg beim Klimaschutz, die OB-Wahl ist deshalb für FfF vor allem eine Klimawahl.

Hier die (leicht bearbeitete) Medienmitteilung von Fridays for Future:

„Am letzten Freitag versammelten sich im Herosé-Park rund 50 Menschen mit ihren Fahrrädern, um für eine nachhaltige Klima- und Verkehrspolitik in Konstanz zu werben. Die Demonstration ist der Wahlkampf-Auftakt der KlimaschützerInnen von Fridays for Future. Sie unterstützen keine Kandidaten, sondern haben sich das Ziel gesetzt, die Wahl insgesamt zu einer Klimawahl zu machen. Parallel zur Demo informierten sie deshalb auf der Marktstätte zur Klimakrise und den Klimaschutzplänen der verschiedenen OB-Kandidaten. Informationen möchte die örtliche Fridays-for-Future-Gruppe bis zur Wahl regelmäßig mit einem eigenen Infostand, immer freitags und teilweise auch samstags, anbieten.

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Mit ihrer Informationskampagne möchte Fridays for Future vor allem die KonstanzerInnen noch besser über die Dringlichkeit der Klimakrise und die Unterschiede im Programm der einzelnen OB-Kandidaten informieren, damit diese am 27.9. eine faktenbasierte und auch für künftige Generationen verantwortungsvolle Wahlentscheidung treffen können. „Die nächsten zehn Jahre werden entscheiden, ob wir es schaffen, die Klimakrise noch einzudämmen,“ sagt Frida Mühlhoff von den Fridays, „Der neue Oberbürgermeister wird Konstanz die nächsten acht Jahre regieren. Daher wird es auch maßgeblich in der Hand des nächsten OBs liegen, ob wir dies schaffen. Der Klimaschutz spielt also, ob wir es wollen oder nicht, eine große Rolle bei der Wahl.“

Ein so existenzielles Thema brauche aber verantwortungsvolle und gut informierte WählerInnen, weshalb FfF in Kooperation mit der Young Caritas eine Podiumsdiskussion mit allen Kandidaten plant. Diese soll am 18.9. um 16 Uhr stattfinden, der genaue Ort wird noch bekanntgegeben. Eingeladen seien ganz besonders ErstwählerInnen. Dort wollen die jungen Menschen zusammen mit dem Publikum die Kandidaten zu ihren Klimaschutzplänen und ihrer Jugendpolitik befragen. „Bei der Oberbürgermeisterwahl darf man bereits ab 16 wählen, daher ist diese Wahl für viele Jugendliche ihre erste politische Wahl. Von vielen kommunalpolitischen Entscheidungen sind Jugendliche besonders betroffen, daher möchten wir ErstwählerInnen die Möglichkeit geben, sich über die Kandidaten und die Themen informieren. Uns ist ein interaktives Format von Jugendlichen für Jugendliche wichtig“, erklärt Mitorganisatorin Lena Gundelfinger von der Young Caritas. Natürlich seien aber TeilnehmerInnen jeden Alters herzlich willkommen, die Frage, wie es weitergeht auf dem Weg zur klimapositiven Stadt, ginge schließlich alle an.

Dass wir auf diesem Weg bisher noch viel zu langsam vorankommen, darin schienen sich die DemonstrantInnen am Freitag jedenfalls einig. Sowohl im Klimaschutz allgemein, als auch in der Verkehrspolitik. „Konstanz wird Fahrradstadt!“ schallt es lautstark aus dem Fahrradkorso, als dieser über die Alte Rheinbrücke fährt. Damit fordern die Fridays weit mehr als das Konzept zur „autoarmen Innenstadt“, das der Gemeinderat am 23. Juli beschlossen hat. „Die letzten acht Jahre hat sich am Verkehrschaos in der Innenstadt nur wenig geändert. Dass einer Mehrheit des Gemeinderates auch jetzt noch der Mut fehlt, eine entschlossene Verkehrswende auf den Weg zu bringen, ist zum Verzweifeln“, sagte Jannis Krüssmann von FfF am Rande der Demo.“


Viel Propagandalärm

Die Verhinderung der vielleicht schon nicht mehr zu verhindernden Klimakatastrophe wird sicherlich ein mitentscheidendes Thema bei der Wahl am 27. September – allerdings zeigt sich hier bisher das übliche Bild: In der Politik gibt es viel Propagandalärm, aber wenn es darum geht, der medienwirksamen Floskel vom Klimanotstand einschneidende Beschlüsse folgen zu lassen, die vielleicht tatsächlich noch etwas ändern könnten, zucken die Mehrheit des Gemeinderates und auch Uli Burchardt zurück. Wie ernst es den Kandidaten, die in einer Stadt mit einer starken grün-bürgerlichen Grundstimmung gewählt werden wollen, mit dem Klima ist, wird sich bei den Podiumsdiskussionen wohl kaum zeigen, denn hier dürfte es vor Klimabewegtheit auf allen Seiten nur so triefen.

Es gibt allerdings zwei Kandidaten, die in ihrer politischen Praxis in den letzten Jahren gezeigt haben, wofür sie wirklich stehen, wenn es um die praktische Umsetzung des Klimaschutzes geht.

Auf der einen Seite steht Oberbürgermeister Uli Burchardt, der in der letzten Gemeinderatssitzung im Juli zusammen mit RätInnen von CDU, SPD, FWK und FDP persönlich gegen einen Beschluss stimmte, Konstanz bis 2030 klimapositiv zu machen. Stattdessen obsiegte ein Vorschlag seiner Verwaltung, wirksame Schritte zur Begrenzung des Temperaturanstiegs de facto auf die lange Bank zu schieben. FfF, so politisch können die jungen, bewusst unpolitischen Klimabewegten denn doch werden, nannte diese Entscheidung einen „Schlag ins Gesicht für alle jungen Menschen“.

Auf der anderen Seite steht Luigi Pantisano, der sich in den letzten Jahren in Stuttgart als Stadtrat eines ökologisch-sozialen Fraktionsbündnisses einschlägig profiliert hat. Er setzt sich dort schon seit langem dafür ein, bis zum Jahr 2030 klimaneutral zu werden, und ist damit der glatte Gegenpol zu Uli Burchardt. Auch in anderen Fragen wie etwa dem Umgang mit dem Aufmarsch am 3.10. ist von ihm wohl eher eine klar antifaschistische Linie im Kampf mit Reichsflaggenschleppern, Reichsbürgern und sonstigen Realitätsverweigerern zu erwarten als vom derzeitigen OB, der geneigt sein mag, unter Verweis auf die juristische Lage abzutauchen.

Der Klimaschutz kann zusammen mit den erschreckenden Defiziten des Bodenseeforums und der ungebrochenen Wohnungsnot Uli Burchardt auch in seinem eigenen bürgerlichen Lager Stimmen kosten, insofern sind die Aktionen von FfF in der derzeitigen Situation höchst politisch.

MM/red (Fotos: Fridays for Future Konstanz)