Fünf Kernforderungen aus Mietersicht

„Fehlender Wohnraum und steigende Mieten werden für immer mehr Menschen zum existentiellen Problem,“ sagt der Vorsitzende des Mieterbunds Bodensee, Herbert Weber. Sein Verband bittet den örtlichen Bundestagsabgeordneten Andreas Jung um Unterstützung für fünf Kernforderungen aus Mietersicht. Als Vorsitzender der CDU-Landesgruppe Baden-Württemberg sei Jung zwar nicht Mitglied der Sondierungsgruppe der CDU, habe aber Einfluss auf die Themen, die in den Verhandlungen angesprochen werden.

In der Stadt Konstanz müssen in den nächsten Jahren über 7900 Wohnungen gebaut werden, bundesweit wird der Bedarf auf 400 000 Wohnungen bis 2021 geschätzt. Davon müssen, so Weber, mindestens 80 000 Sozialwohnungen mit einer ermäßigten Miete sein. Dafür sei es notwendig, dass der Bund über 2019 hinaus Zuschüsse für den sozialen Wohnungsbau gebe. Nur so können sozial orientierte Wohnungsunternehmen wie die Konstanzer WOBAK günstige Mietwohnungen für Normalverdiener bauen: „Ohne höhere Zuschüsse von Bund und Land nützt es nichts, wenn die Stadt Konstanz ihre Zielvorgabe für preisgünstigen Wohnraum auf 30 Prozent erhöht,“ sagt Weber.

Mieter zahlen Luxussanierung

Drei der Kernforderungen des Mieterbunds Bodensee betreffen Probleme im Mietrecht: „Wir brauchen dringend eine Neuregelung beim Recht der Mieterhöhung nach einer energetischen Modernisierung,“ sagte Weber. „Wir haben Andreas Jung an Beispielen aus Konstanz aufgezeigt, wie die aktuelle Rechtslage zu Mieterhöhungen um bis zu 80 Prozent führen kann.“ Denn derzeit müssten Mieter Modernisierungsmaßnahmen nicht nur dulden, sondern auch selbst bezahlen.

Elf Prozent der Kosten können auf die Jahresmiete umgelegt werden. Einen Kostendeckel oder gar eine Begrenzung des Modernisierungsaufwands auf wirtschaftliche Maßnahmen gebe es nicht. Viele Mieter könnten sich diese Luxussanierungen nicht leisten und müssten ausziehen. Der Mieterbund Bodensee fordere daher eine Absenkung der Erhöhungsmöglichkeit auf vier Prozent, um das „Herausmodernisieren der Mieter zu verhindern“. Besser wäre allerdings, die systemfremde Mieterhöhungsmöglichkeit ganz zu streichen.

Damit die Mietpreisbremse in Städten wie Konstanz wirken könne, müsse sie verbessert werden. Der Mieterbund erinnerte Jung an seine entsprechenden Aussagen im Wahlkampf. „Notwendig ist es, die zahlreichen Ausnahmetatbestände im Gesetz abzuschaffen,“ schreibt Weber dem Abgeordneten. Vor allem müssen Vermieter verpflichtet werden, eine überhöhte Mietpreisforderung vom Tag des Vertragsabschlusses zurückzuerstatten. Weber kritisiert, dass auch maßgebliche CDU-Bundestagsabgeordnete die Mietpreisbremse zur Disposition stellen wollen.

Vergleichsmieten neu berechnen

Änderungen bedürfe es auch im Recht der ortsüblichen Vergleichsmiete, die unter anderem mit Hilfe der Mietspiegel ermittelt werden. Einberechnet werden derzeit nur die Mieten, die innerhalb der letzten vier Jahre neu vereinbart oder erhöht wurden. Dieser Zeitraum ist nach Mieterbund-Meinung zu kurz. Der Verband fordert, mindestens die Mieten der letzten zehn Jahre mit einzubeziehen.

Als letzte Forderung spricht Herbert Weber das Wohngeld an. Dieses müsse regelmäßig an die Preisentwicklung auf dem Wohnungsmarkt angepasst werden. „Nur so wird das Wohngeld zur wirksamen Hilfe,“ sagt Weber. „Eine bezahlbare Wohnung ist für alle Menschen ein Grundbedürfnis. Nicht nur wir messen die neue Bundesregierung daran, inwieweit sie mit Ihrer Arbeit dazu beiträgt, diesem Ziel näher zu kommen,“ heißt es abschließend im Schreiben des Mieterbunds Bodensee. Andreas Jung hatte sich im Wahlkampf und in einem Gespräch mit Vertretern des Mieterbunds Bodensee offen für zentrale Anliegen der Mieter gezeigt. „Daran erinnern wir ihn in dieser wichtigen Phase der Regierungsbildung,“ sagt Weber.

MM