„Für Menschlichkeit und Solidarität“
Einige Hundert folgen am Samstag dem Aufruf zur spontanen Kundgebung in Villingen +++ Der fast 100-jährige Publizist Theodor Bergmann fordert mehr Menschlichkeit und Solidarität +++ Bündnisdemonstration am kommenden Samstag, 6.2., 14 Uhr, in Villingen.
„Wir haben drei Geheimdienste und wer schützt die Flüchtlinge?“, fragte der Stuttgarter Publizist Theodor Bergmann mit kräftiger Stimme einige hundert Teilnehmerinnen und Teilnehmer in der Villinger Innenstadt. Bergmann wird am 7. März 100 Jahre alt und war der Hauptredner einer spontanen Kundgebung am 30. Januar 2016, zu der das örtliche „Offene Antifaschistische Treffen“, das Bündnis „VS ist bunt“ und die Partei „Die Linke“ aufgerufen hatten.
Am Vorabend meldete das Polizeipräsidium Tuttlingen und die Staatsanwaltschaft Konstanz in einer gemeinsamen Erklärung: Die kriminaltechnischen Untersuchungen in der Erstaufnahmestelle am Tatort in der Villinger Dattenbergstraße seien abgeschlossen. Nun ermittle eine etwa 70-köpfige Sonderkommission „Container“. Alles konzentriere sich im Moment auf die Handgranate und den Splint. „Die kriminalpolizeilichen Ermittlungen werden in alle denkbaren Richtungen geführt“, so die Behörden.
Bergmann forderte die Zivilgesellschaft auf, „nicht auf den Staatsapparat zu warten“, um sich gegen die zu stellen, die „den Hass säen“. Diese wollten damit ihre rechtsradikalen Ziele verwirklichen. Aber nicht nur gegen Neofaschisten richtete sich der rüstige Mann mit klaren Worten: „Auch die Hetze aus Bayern muss aufhören“. Die Menschen müssten sich jetzt nicht nur empören, sondern sich auch über Vorbehalte hinweg gemeinsam organisieren. In diesem Zusammenhang nannte er auf der Kundgebung die Gleichsetzung von „Rechts und Links“ als eine der großen Geschichtslügen. Er als Linker stünde für die Menschen hier, für die Flüchtlinge, die bedroht werden. Am Ende seiner Rede forderte er Menschlichkeit und Solidarität.
Die Veranstalter warnten davor, dass „rechte Hetze immer mehr in die Mitte der Gesellschaft“ rücke. Wohin das führt, zeige sich in Villingen-Schwenningen, wo der NPD-Funktionär Jürgen Schützinger seit rund 30 Jahren in kommunale Parlamente gewählt werde.
Die Tat steht in zeitlichem Zusammenhang mit der Festnahme des Neonazis Ralph-Thomas K. aus dem Raum Villingen-Schwenningen anfang der Woche. K. wird vorgeworfen, als Administrator bei der neonazistischen Internet-Plattform „Altermedia“ tätig gewesen zu sein. Die Meldung ging bundesweit durch die Medien. Als Reaktion auf die Festnahme von K. und weiteren Neonazis haben nach einer Meldung des „Schwarzwälder Boten“ 17 Personen aus dem rechtsradikalen Lager am selben Tag eine halbstündige Kundgebung auf dem Marktplatz in Villingen abgehalten. Einige Tage später ereignete sich der Anschlag auf die Flüchtlingsunterkunft.
Weitere Kundgebung am kommenden Samstag
Die Veranstalter kündigten eine Bündnisdemonstration für kommenden Samstag (6.2.) in Villingen an, die um 14 Uhr auf dem Bahnhofvorplatz beginnen soll. Nach der spontanen Kundgebung zogen einige Teilnehmende zum Tatort vor die Unterkunft in der Dattenbergstraße, um ihre Solidarität mit den geschockten Flüchtlingen zum Ausdruck zu bringen.
Jürgen Weber