„Für Singen am Hohentwiel anstatt Singen am ECE!“
Gegen die städtischen Pläne, den Hamburger Immobilieninvestor ECE in unmittelbarer Nähe des Singener Bahnhofs ein gigantisches Einkaufszentrum errichten zu lassen, hat sich in der Hohentwiel-Stadt die Initiative „Für Singen“ mit ganz unterschiedlichem Hintergrund zusammengefunden. Bei einer Informationsveranstaltung am 18.12. in der Singener Stadthalle referierte dort vor knapp 100 BesucherInnen u. a. der Steuerberater Peter Mannherz. Wir dokumentieren hier seinen Vortrag im Wortlaut.
„Mein Name ist Peter Mannherz, ich wohne in Singen und bin im Hauptberuf seit über 30 Jahren selbständiger Steuerberater. Ich wurde von der Bürgerinitiative ‚Für Singen’ gebeten, Gedanken zum geplanten neuen Einkaufszentrum in Singen vorzutragen. Mein Vortrag kann nur bruchstückhaft sein, vieles aus subjektiver Hinsicht, vielleicht auch emotional überzeichnet aber wesentlich geprägt durch meine berufliche Tätigkeit.
Eben haben wir einen Film mit einem erschreckenden Arbeitstitel gesehen: EINKAUFSZENTREN VON ECE TÖTEN DIE INNENSTÄDTE. Ein ernüchternder Dokumentarfilm, gezeigt 2013 im ARD-Magazin Plus-Minus. Zeigt doch diese Dokumentation, dass das Bewegungsgesetz moderner Wirtschaft nach wie vor wirkt: Kleine Wirtschaftseinheiten werden von größeren und dann von ganz großen Unternehmen vom Markt verdrängt und ihre Marktanteile geschluckt.
Diese Entwicklung richtet sich u. a. gegen gewachsene Einzelhandelsstrukturen in den Innenstädten, am Ende sollen nur noch große Einzelhandelsketten mit krakenähnlichen Handelsstrukturen und ihren Internethandelsplattformen übrig bleiben. Schon alleine deshalb sind große Einkaufszentren Auslaufmodelle, da die Umsätze rückläufig sind und der Markt gesättigt ist. Der Internethandel wird diesen Centern ebenfalls weitere Marktanteile abnehmen. Der Internethandel alleine wird 2025 voraussichtlich einen Anteil von 25 Prozent haben.
Mit ECE würde die Globalisierung endgültig in Singens Innenstadt ankommen. Eine Mall für die Maximalrendite von Finanzinvestoren in der Innenstadt, ohne Verbesserung der Produktqualität und möglichst regionalem Bezug der Angebote und Anbieter, hauptsächlich produziert mit Billigstlöhnen in der sogenannten Dritten Welt, ohne Rücksicht auf soziale Belange und die Umwelt. Dieser Prozess wird seit langem als Fortschritt gepriesen. Ergebnis: Überall die gleichen Läden, egal ob in Palermo, Singen oder Berlin.
Damit wir uns richtig verstehen: Ein gesunder Wettbewerb mit funktionierenden Märkten und den entsprechenden Veränderungen, unter Wahrung sozialer Belange und den Interessen der Umwelt ist zu begrüßen. Natürlich unter Berücksichtigung von Zielen wie Nachhaltigkeit und sozialer Gerechtigkeit.
Monopolbildung im Handel und Kannibalisierung bestehender und gut funktionierender Handelsstrukturen, vor allem inhabergeführter lokaler Einzelhandelsbetriebe kann kein ‚Fortschritt’ sein. Nicht in Singen und auch nicht anderswo. Es ist strikt abzulehnen, dass die künftige Stadtentwicklung, Grundstücke im Besitz der Stadt (6.622 qm) privaten Investoren, deren Geldvermehrungszielen und dem Profit geopfert werden soll.
Das Gute an der gesamten Diskussion rund um das ECE ist, dass sich viele Bürger Gedanken um Ihre Stadt machen. So unterschiedlich die Standpunkte auch sein mögen, der Hintergrund ist doch derselbe: Es geht um die Stadt Singen und um eine erfolgreiche Zukunft und Gestaltung der Heimat. Eine Stadt in der sich Menschen gerne aufhalten, ihre Freizeit verbringen, Kulturangebote in Anspruch nehmen, bummeln und auch einkaufen. Kurzum, eine Stadt, in der es sich gut leben und arbeiten lässt.
OB Häusler erklärte, er wolle ‚auch weiterhin eine pulsierende Innenstadt mit Strahlkraft.’ Die Umlandstädte ‚schlafen nicht’, warnte Häusler. Das vergrößerte Radolfzeller Seemaxx sauge künftig verstärkt Singener Kunden ab. Mit dem ECE-Center werde es an anderer Stelle ‚Verlierer geben.’ ‚Doch diese gibt es auch heute schon, ohne ECE’.
Die Immobilienzeitung berichtete dazu bereits am 14.7.2005 über die Wirkungen von Einkaufszentren in den Innenstädten: ‚In den allermeisten Fällen verlagerten sich die Wertschöpfung in den Städten von den zahlreichen Geldbeuteln der Immobilienbesitzer in der 1a-Lage auf den einen der Center-Betreiber’, weiter heißt es dort, ein ‚ganz offensichtlicher Niedergang des lokalen Einzelhandels sei weiter zu verzeichnen’.
Es geht nicht nur ums ‚Verlieren’, davon kann keine Rede sein. Die Fußgängerzone wird sich in Singen – wie in anderen Städten – in Richtung ECE verlagern und so im Rahmen eines ruinösen Verdrängungswettbewerbs entsprechende Ergebnisse zeitigen, Betriebsschließungen, Leerstände und Arbeitsplatzabbau ist zu erwarten. Ein enormes Risiko für Singen!
Leider wurden bislang die mit dem Projekt verbundenen Risiken stark bagatellisiert. Befürchtungen vieler Bürger und der Einzelhändler abgebügelt und lächerlich gemacht.
Alle Gutachten gehen davon aus, dass lediglich die in maximal 100–200 Metern Umkreis gelegenen Einzelhandelsbetriebe vom ECE nicht gefährdet werden.
Ja, Singen kann Schweizer Kunden erwarten. Der benötigte Kaufkraftzuwachs geht von der Annahme aus, dass viele Schweizer zusätzlich nach Singen zum Einkaufen kommen. Aber: wer weiß schon für wie lange? Was passiert wenn sich die Wechselkursrelationen wieder verändern und die Mehrwertsteuervergütung wegfällt? Dafür alles riskieren?
Radolfzell will nun auch weiter aufrüsten (nachdem das Seemaxx praktisch verdoppelt wird), meldet der Südkurier am 22.5.2015. ‚Halbherzige Lösungen sollten vermieden werden, wir brauchen Kundenmagnete’, machte Thomas Nöken, der Stadtbaudirektor in Radolfzell vor dem Hintergrund steigender Konkurrenz aus Singen und Konstanz in einer Gemeinderatssitzung deutlich. Diskutiert wird die Überbauung des Kapuziner-Areals mit insgesamt 8.814 qm2 am Radolfzeller Bahnhof mit einem Einkaufszentrum.
Wieso sollen Singens Bürger nicht auch in Radolfzell und Konstanz einkaufen gehen? Beim militärischen Wettrüsten gab es – historisch gesehen – immer Krieg oder gigantische Pleiten. Das Wettrüsten der Verkaufsflächen geht genauso zu Lasten der Bürger und des lokalen Einzelhandels.
Wir erkennen in der Ansiedlung eines ECE-Centers in der geplanten Größe keine städtebauliche Vision für Singen. Sicher: In Singen ist es mit der Aufenthaltsqualität schlecht bestellt. Es fehlt an Atmosphäre und Attraktivität des städtischen Erscheinungsbildes.
Zukünftige Kunden des Shoppingcenters in Singen werden daher, anders als in Konstanz, einen Besuch des Einkaufszentrums nicht mit einem Bummel in die restliche Innenstadt verbinden. In der Tat ist es so, dass die derzeitige Innenstadtgestaltung wenig Raum zum Innehalten bietet. Der jetzige Zustand der Innenstadt ist Ausdruck weitgehender jahrzehntelanger Investitionszurückhaltung der Stadt.
Singen wird insgesamt auch gegenüber Konstanz noch weiter an Attraktivität verlieren. Während Konstanz auch mit dem Lago mit einem hohen Wiedererkennungswert mit Münster, Stadtmauer, der gesamten mittelalterlichen Altstadt verfügt, droht Singen eine beliebig austauschbare Einkaufsstadt zu werden. Singen am Hohentwiel wird so zu Singen am ECE.
Neben den Argumenten um Einzelhandel, Kaufkraft und Geld wird von den Befürwortern suggeriert, dass eine Innenstadt nur dann attraktiv ist und bleiben kann, wenn möglichst viel neue Verkaufsfläche geschaffen wird. Das sehen wir überhaupt nicht so, zumal Singen bereits eine sehr leistungsfähige Einzelhandelsstruktur hat.
Nicht vergessen werden sollte in diesem Zusammenhang allerdings, dass ein innerstädtisches Shoppingcenter nicht nur eine erhebliche Auswirkung auf den bestehenden Handel und Dienstleistungssektor hat, sondern das Erscheinungsbild der Stadt grundlegend und dauerhaft verändert.
Dass diese Attraktivitätssteigerung mit einem ECE-Zentrum in Singen möglich ist, daran haben wir erhebliche Zweifel, die durch negative Erfahrungen von vielen Städten, speziell im Norden mit ECE bestätigt werden.
Das führt dazu, dass die gewachsenen Einkaufsstraßen an Umsatz, an Kunden verlieren und es dadurch über kurz oder lang zu Geschäftsaufgaben und Leerständen kommt. ‚Das gilt insondere für kleinere Städte’, so Monika Walther, Expertin für Stadtentwicklung.
Nach dem Scheitern eines entsprechenden Projektes auf dem Kunsthallenareal hat sich der Investor ECE mittels notarieller Optionsverträge einen Teil des Baugeländes am Bahnhof bereits gesichert. Die Stadt ist Eigentümer von 6.622 Quadratmeter Bauland (Zollareal) und somit Herr des Verfahrens. Nur wenn die Stadt das Zollareal verkauft kann ECE in der geplanten Größe bauen, ansonsten müsste sich ECE auf das Holzerareal und den angrenzenden Gebäuden bis zur Thurgauer Strasse beschränken, was uneingeschränkt zu begrüßen wäre.
Nach dem GVV-Desaster mit Hegau-Tower, Derivatspekulationen und sonstigen ‚Sünden’ sowie den skandalösen Vorgängen um den Kauf des Kunsthallenareals durch die GVV und letztlich ihrer Pleite meint die Stadtverwaltung und viele Gemeinderäte wohl jetzt endlich einen baupolitischen ‚Erfolg’ vorzeigen zu müssen.
Ein wirklicher baupolitischer Erfolg wären neue und bezahlbare Wohnungen für die Bürger in der Stadt!
Geplant sind mindestens 16.000 Quadratmeter Einzelhandelsverkaufsflächen und ca. 1.500 Quadratmeter Gastronomiefläche sowie 400 Parkplätze auf dem Dach, so wurde es angekündigt. Zusätzlich entsteht in zwei Seitenflügeln, stoßend auf die August-Ruf-Strasse ein Dienstleistungszentrum, insgesamt sind das für Singen gigantische Dimensionen, größer als das LAGO in Konstanz. Genaue Berechnungen der Flächen – wie groß das ECE überhaupt wird – wurden noch nicht vorgelegt.
Immerhin wurden dem ECE-Konzern Zugeständnisse in Gestaltungsfragen der Fassade und der Einbindung an die Innenstadt abgerungen. Ob es mehr als ein Feigenblatt wäre und was davon Bestand haben wird, bleibt abzuwarten.
Entsprechende Gutachten und Stellungnahmen des City-Ring, der BBE und der IHK und vieler anderer sprechen sich gegen das Projekt aus, lassen für die Singener Stadtentwicklung Schlimmes befürchten.
Überhaupt noch nicht richtig informiert wurde über die zu erwartenden Verkehrsströme, vorgesehen sind zusätzliche Parkmöglichkeiten bei der Herz-Jesu-Kirche. Wird Singens Innenstadt am zusätzlichen Verkehr ersticken? Wollen die Singener wirklich 2.500 zusätzliche PKWs und 100 LKWs täglich in der Innenstadt, vermutlich 300 PKWs pro Stunde? Und wo bleiben die Fahrradfahrer im Bahnhofsbereich?
Ich kenne eine Menge Konstanzer die genug davon haben, dass der Verkehr die Innenstadt immer wieder lahmlegt.
Die Vorzeichen für die Ansiedlung des Lago in Konstanz waren andere als sie es für Singen sind. In Konstanz ergaben die Studien keine relevante Umsatzverschiebung innerhalb des städtischen Handels. Ganz im Gegensatz zu Singen. Hier geht die BBE-Studie von einer Umsatzverschiebung von bis zu 60 Prozent in einzelnen Bereichen aus. Diese Verschiebungen wären für viele Singener Einzelhändler – vor allem die kleinen Betriebe – existenzbedrohend.
Immerhin wird sich ECE vom bestehenden Handel in Singens Innenstadt mindestens 30 Mio. Euro Umsatz holen müssen, um bestehen zu können.
Kein Arbeitgeber kann Umsatzeinbußen verkraften, wie sie in der BBE Studie genannt werden. Vergleichbare ECE-Ansiedlungen, z.B. Hameln, zeigen, dass trotz neuer Unternehmen keine zusätzlichen Arbeitsplätze entstehen.
Bestehende Arbeitsplätze, vor allem tarifvertraglich abgesicherte Vollzeitarbeitsplätze werden in der Tendenz verschwinden und durch so genannte 450 Euro-Jobs ersetzt. Diese Konsequenz zeigt eine Langzeitstudie aus Hameln (-70 Arbeitsplätze, S. 56). Der Betriebsrat von Karstadt und die Gewerkschaft Verdi sehen das genauso.
Viele der Unternehmen, (hauptsächlich Ladenketten) die sich üblicherweise in einem ECE befinden, bilden kaum oder gar nicht aus. Gerade eine abgeschlossene Ausbildung ist jedoch der Grundstein für ein erfolgreiches Leben – auch in Singen.
Vorhandene Arbeitsplätze im tertiären Sektor spielen im Rahmen der Planungen leider ebenfalls keine Rolle. Immerhin sind eine Menge Dienstleister für die bestehenden kleineren Betriebe in Singens Innenstadt tätig, wie Werbeagenturen, Rechtsanwälte – aber auch regional tätige Banken und Steuerberater und andere. Filialisten beschäftigen diese regionalen Dienstleister bekanntlich nicht. Auch dort werden Arbeitsplätze verschwinden.
Auf der Strecke bleibt öffentlicher Raum für Leben, Kultur und Freizeit. Die demokratische Verfügung und Kontrolle über ein großes Areal des vormals öffentlichen Raumes wird dem privaten Betreiber der Einkaufsmall überlassen.
Shoppingmall und Parkhäuser fressen letzte frei verfügbare Flächen in der Innenstadt. Immerhin soll die Thurgauer Straße zusätzlich dem Center einverleibt werden. Der Durchgang durch die Mall ist dann nur zu den Öffnungszeiten möglich – kontrolliert durch das private Sicherheitspersonal. In einer Fußgängerzone gilt dagegen öffentliches Recht und nur in den Geschäften das Hausrecht.
Wo bleiben die vielen Singener Bürger mit ihren Wohnraumbedürfnissen? Das Zollareal ist hervorragend dafür geeignet, dringend benötigten neuen Wohnraum zu schaffen und urbanes Leben zu fördern.
Zum Zeitplan erklärte OB Häusler, dass das Raumordnungsverfahren im Frühjahr abgeschlossen sein soll. Dieses klärt bei den Umlandstädten die Auswirkungen. Parallel läuft das Bebauungsplanverfahren. Hier entscheide der Gemeinderat über eine frühzeitige Beteiligung im März. Das sei eine erste Hürde. Eine zweite warte im Juli mit dem Offenlage-Beschluss. Im November 2016 stehe dann der Bebauungsplanbeschluss an. Im Januar 2017 könnte die Baugenehmigung erteilt werden. Danach wird 21 Monate gebaut.
Ansonsten würden wir ja in einer repräsentativen Demokratie leben und der Gemeinderat dann im März 2016 entscheiden. So sei eben Demokratie, sagen die Stadtoberen.
Wenn Konstanz klagt, wird es mit diesem straffen Zeitplan wohl nicht klappen.
Ein ergebnisoffener runder Tisch mit Bürgerbeteiligung in Singen (wie in Köln, Jena und anderswo!!) könnte Ideen sammeln und gemeinsam dabei helfen, dass Stadt und Gemeinderat ihre Hausaufgaben besser machen und substanzielle Maßnahmen in Angriff nehmen, um z.B. den Wohnungsbau mit einer stark sozialen Komponente anzukurbeln. Das Areal am Bahnhof könnte ein erster Schritt dazu sein. Das dürfte doch beim gegenwärtig historisch niedrigen Kapitalmarktzinsniveau kein Problem sein, oder?
Der Wunsch von Singener Bürgern nach einer attraktiveren Stadt, die mehr Lebensqualität bietet, ist verständlich und berechtigt.
Auch ist der Holzerbau in seinem derzeitigen Zustand ein architektonisches Missverständnis, verursacht durch unterbliebene Renovationsmaßnahmen der Eigentümer aufgrund der Optionsverträge mit ECE. Dies soll dann ja wohl durch den Verkauf an ECE vergoldet, also belohnt werden.
Ergibt sich doch eine einmalige Chance für Singen vielmehr aus dem, was man aus dem Holzer-Bau und den angrenzenden Gebäuden machen kann.
Es ist die einmalige Chance, nicht einem Zug aufzusitzen, dem längst die Kohlen ausgegangen sind, sondern ein Ausrufungszeichen für die Region zu setzen. Das Areal könnte für eine Mischbebauung genutzt werden, in der Wohn-, Arbeits- und Einkaufsflächen angesiedelt werden. Ein belebter Innenhof, mit Café und Sitzmöglichkeiten, freies W-Lan – das wäre Stadtentwicklung, die nachhaltige Chancen für Singen bietet, auch mit Städten in der Region und dem Internethandel.
Eine gut durchdachte Mischnutzung wäre doch die bessere Alternative, anstelle das 184. Shoppingcenter in Deutschland zu bauen. Als voraussichtlich geschlossenes Einkaufszentrum sieht es keinen direkten Haupteingang zur bisherigen Fußgängerzone, der August Ruf-Strasse vor. Die gesamte August-Ruf-Strasse mit allen Geschäften und Banken würde ohnehin nochmals reinpassen. Schließlich sollen die Konsumenten auf dem Dach parken und gefälligst ihren gesamten Bedarf im ECE decken. Wozu braucht Singen dann noch eine Fußgängerzone?
OB Häusler erklärte, dass ECE abspringen würde, wenn die vorgelegte Planung nicht in der vorgesehenen Größe mit mindestens 16.000 qm2 als Einzelhandelsbebauung realisiert wird. Das sind mindestens 80 Einzelhandelsbetriebe plus Gastronomie und Büroflächen. Außerdem gäbe es keine weiteren Interessenten als ECE für die Grundstücke am Bahnhof.
Investoren kommen und gehen, es gibt immer Alternativen!
Beispiel: Ein Umbau bisher leerstehender Büroflächen im Holzerbau in Wohnungen zu tragbaren Kosten sei problemlos möglich, erklärte mir ein Immobilienexperte. Dieser war beauftragt worden andere Nutzungskonzepte für die leerstehenden Flächen im Holzerbau zu prüfen. Er gab nach Besichtigung der Bausubstanz eine entsprechende Empfehlung zum Umbau leerstehenender Büroflächen in Wohnungen ab. Die Schaffung evtl. fehlender Stellplätze könnte nach Prüfung der statischen Gegebenheiten auf dem Dach des Gebäudes erfolgen.
Die Krise des Gewerbeimmobilienmarktes in Singen – und damit auch des Holzerbaus – war durch das massive Überangebot an Flächen, insbesondere Büroräumen in Singen verschärft worden.
Die Stadt Singen beantwortete dieses Überangebot in der ihr eigenen Art durch den Bau von neuen Gewerbeflächen durch die GVV, insbesondere dem Hegautower und SinTec.
Spätestens durch die massive Ausweitung von Büroflächen, auch durch die GVV, brach die Nachfrage nach Büroräumen endgültig ein. Drastische Preisreduktionen im Vermietermarkt wurden nun durch die mangelnde Nachfrage erzwungen. Keiner wollte sich mehr im Holzerbau einmieten. Eine ähnliche Fehlentwicklung bahnt sich nun mit der Entscheidung zum Bau des ECE an.
An den Rändern der Innenstadt sind bereits Qualitätsverschlechterungen mit entsprechenden Leerständen erkennbar. Bestehende Leerstände von Ladenflächen an den Rändern der Innenstadt werden sich mit ECE deutlich verstärken. Kein Wunder, Singen hat jetzt schon verhältnismäßig viel Einzelhandelsflächen, mehr als die meisten entsprechenden Städte bezogen auf die Einwohnerzahl. Schwere Zeiten warten auf Singens Ladenvermieter in den bisherigen Lauflagen.
Der Südkurier berichtet am 16.12. über das zu schließende Scala Kino in Konstanz und die Gründe für die künftige Vermietung der Immobilie als 5. Drogeriemarkt in der Stadt. Fakt ist, die Stadt Konstanz hat das Lädensterben in Konstanz durch die Bewilligung des Lago mindestens beschleunigt und nicht irgendwelche ‚geldgierigen’ Vermieter. Manche einst bekannten inhabergeführten Konstanzer Einzelhandelsbetriebe haben bereits geschlossen. Eine Studie aus Hameln kommt zu folgendem Ergebnis: ‚Eine große Investition in neue Einzelhandelsflächen in der Innenstadt kann mit einem einschlägigen Developer wie ECE nicht durchgeführt werden’ (S.67).
Leider wurde schon der Bau des Hegautowers durch die GVV trotz Warnungen des Regierungspräsidiums mit der Brechstange durchgesetzt. Obwohl bekannt war, dass Angebotsüberhänge im Gewerbeimmobilienmarkt in Singen bestanden und heute noch bestehen. Die Pleite der GVV mit mindestens 32 Mio. Verlust wäre insoweit vermeidbar gewesen.
Für eine Stadt mit der Größe Singens wäre ein neues Einkaufszentrum in der Innenstadt mit maximal 8.250 qm2 Einzelhandelsfläche mehr als ausreichend, meinte der bekannte Stadtplaner Dr. Holger Pump-Uhlmann auf einer Veranstaltung zum Thema in Singen (15% der Innenstadtbestandfläche Einzelhandel von 55.000 Quadratmeter).
Viele Bürger wehren sich anderswo massiv gegen ECE-Zentren, so wurden entsprechende Einkaufszentren erst in jüngster Zeit verhindert (z.B. in Leer/Ostfriesland, Velbert, Minden und Jena – entweder durch massive Bürgerproteste oder Bürgerabstimmungen).
Im Rahmen einer fortgeschrittenen Planung wird allerdings nicht mehr über das ‚OB’ und mit ‚WEM’ (ob die vorgelegten Pläne von ECE überhaupt sinnvoll sind) sondern nur noch über das ‚WIE’ gesprochen. Alle Pläne würden völlig transparent offen gelegt.
Wirklich alle? ECE könnte wesentlich mehr bieten, so schreibt die Firma im Internet zu Mischnutzungen: ‚Die geplanten und realisierten Wohnimmobilien sind oftmals Bestandteil von Mischnutzungskonzepten und wurden in Shopping-Center integriert bzw. bilden zusammen mit Büros, Einzelhandel und Gastronomie urbane Stadtquartiere.’ So, so: ECE baut also auch Wohnungen in Mischnutzungskonzepten als urbane Stadtquartiere, steht auf der Homepage. Warum nicht auch in Singen? Singen hat mehr zu bieten als sich einem einzigen Investor auszuliefern. Singen braucht kein ca. 220 Meter langes Einkaufszentrum am Bahnhof!
Immerhin fallen zusätzlich etliche Wohnungen in der Bestandsbebauung weg – ohne dass sich die Entscheider in der Stadt oder gar ECE bisher über eine entsprechende Neuinvestition öffentlich Gedanken gemacht hätten. Wo bleiben die bisherigen Mieter und finden neuen bezahlbaren Wohnraum?
Stattdessen sollen die Erlöse aus dem Verkauf des Zollareals in eine – dem ECE-Investor genehme – Neugestaltung des Bahnhofsvorplatzes fließen, da diese Kosten vom Steuerzahler zu übernehmen sind. Kostenpunkt: mindestens 8 Millionen €. Das der Stadt gehörende Areal am Bahnhof sollte keinesfalls SO verschleudert werden.
Handel bis zur Thurgauerstrasse und Wohnen auf dem Zollareal wäre doch ideal und bezogen auf Größe und vorhandener Verkaufsfläche mehr als ausreichend!
Wir können an dem gesamten Planungsprozess keine ergebnisoffene Transparenz erkennen.
Die Investitionsabsicht der Otto-Gruppe ist Ausdruck der verzweifelten Suche von kapitalstarken Investoren nach lukrativen Anlagemöglichkeiten mit einer entsprechend hohen Rendite. Unsere Stadt wird im Ergebnis dabei drauflegen, auch beim Steueraufkommen! Ein Grund ist die geringere Gewerbesteuerzuweisung aufgrund niedrigerer Gehälter in Filialunternehmen. Abzulehnen ist außerdem ein Verkauf an irgendeinen Meistbietenden, auch wenn er ECE heißt.
Singens OB erweckt derzeit leider den Eindruck dass er das Projekt trägt und gemeinsam mit dem Investor zügig vorantreibt. Deshalb kann der Hamburger ECE-Konzern über die Medien mitteilen lassen, dass er den Bau nur noch für eine Formsache hält.
Sind Singens Bürger wirklich so unmündig oder werden sie vom Investor dazu gemacht? Sind die Entscheidungen anderweitig bereits getroffen und die Diskussion beendet? Ist die Abstimmung im Gemeinderat und der Bau des ECE in Singen nur noch eine Formsache? Diskutieren wir also nur noch über die Form der Fassade der Einkaufsmall?
Wieso wurde kein Architektenwettbewerb mit entsprechender Bürgerbeteiligung als Mischbebauung auf Holzerbaugelände und Zollareal ausgeschrieben? Wo bleibt der Ideenwettbewerb um die beste Bebauung dieses Geländes und des Bahnhofvorplatzes? Wurden die Singener Baugenossenschaften schon gefragt, ob sie Interesse an einer Bebauung der städtischen Grundstücke am Bahnhof haben? Wieso nutzt die Stadt Singen das Zollareal nicht als Druckmittel, um eine wirklich ausgewogene Mischbebauung durchzusetzen?
Seit neuestem wird von Gemeinderäten über einen Bürgerentscheid diskutiert – wohl wissend dass ein höheres Quorum bei einem entsprechenden Bürgerentscheid in Radolfzell zur Seetorquerung kürzlich knapp verfehlt wurde. Singens Bürger sind leider wahlmüde, bei der letzten Gemeinderatswahl waren es auch nur noch knapp 36 % Wähler.
Zugute zu halten ist OB Häussler, dass der tatsächlichen Stand der Planung offengelegt wurde. Bürgerbeteiligung ist allerdings wesentlich mehr als über die Form der Fassade informiert zu werden. Tansparent am bisherigen Verfahren ist lediglich der unbedingte Wille des Projektentwicklers. das Projekt in der vorgelegten Planung und Größe zu realisieren.
Wir wünschen uns (bald ist ja Weihnachten), dass OB, die Gemeinderäte und alle Bürger Singens die vorgelegte ‚alternativlose Planung’ abwägen, ihre großen Risiken erkennen und einfach erst mal ablegen. Die Stadtverwaltung könnte das dem Gemeinderat vorschlagen und beschließen. Noch ist es nicht zu spät. Noch ist die Stadt im Besitz der Sperrgrundstücke auf dem Zollareal. Singen könnte bestimmen ‚WIE’ , ‚WAS’ und vor allem mit ‚WEM’ am Bahnhof gebaut wird. Investoren kommen und gehen, es gibt immer Alternativen!
Wir erwarten von Stadtverwaltung und Gemeinderat die Gestaltung einer wirklich ergebnisoffenen Bürgerbeteiligung mit Expertenanhörungen und öffentlicher Diskussion über die Gestaltung – auch ohne ECE!!
Wir jedenfalls lehnen die jetzt vorliegende Planung der ECE für Singen strikt ab.
Für Singen am Hohentwiel, anstatt Singen am ECE!“
Peter Mannherz
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@Frau Bernecker: Sie haben grundsätzlich eine andere Meinung über Konstanz. Gar Vieles gefällt Ihnen nicht – o.k. ! Ich vertrete da einen etwas differenzierteren Ansatz. Was Klein Venedig betrifft, so kenne ich den angesprochenen europäischen Wettbewerb sehr wohl. Der 1. Preisträger – David Vogel aus Breisach studierte ausgerechnet an der HTWG! – hat im Gegensatz zu Ihrer Ansicht geradezu erstaunlich wenig „Beton“ im Sinn – höchsten rückwärtig -, aber viel Ufergrün. Nur: Bis sich auf Klein Venedig tatsächlich etwas Umfassendes ändert: darauf können Sie und ich noch lange warten! Weder Konstanz noch Kreuzlingen sind derzeit „feste dran“. Allein Kreuzlingen zum Beispiel müsste zuerst die grossflächig auf dem Gelände angesiedelte Sport-Infrastruktur aufgeben! Und Vogels „Kanalidee“ ist vorerst einfach mal ziemlich überraschend bis genial. Warum Sie bereits auf „Luxusjachten“ kommen, die sich hier ansiedeln werden, ist Ihnen überlassen. Und was Centrotherm betrifft, also eine Örtlichkeit, an der nach Ihrer Ansicht „Millionen verpulvert werden“ (andere empfinden die Idee des Bodenseeforums Konstanz für die Stadt als sinnvoll und wichtig), so hat übrigens die hier entstehende Kongresseinrichtung im Prinzip wenig – oder gar nichts – mit einem für Konstanz notwendigen Konzerthaus zu tun. Die Kombinationsidee ist ein Überbleibsel des damaligen Klein Venedig-Projekts KKK. Das Konzerthaus könnte, müsste aber nicht zwangsläufig zwischen Forum und Autobahnbrücke zu stehen kommen. Das Wann und das Wo und die finanziellen Möglichkeiten sind selbstverständlich auch etwas mit dem weiteren Gedeihen und Entwickeln der Stadt verbandelt. Insofern hat Ihre festgestellte „Verpulverung am Seerhein“, wenn sie denn eintreffen sollte, aktuell schon auch etwas mit der Konzerthausidee zu tun, berührt diese im Kern jedoch nicht. Wann sich für das Musikhaus das entscheidende, positive Fester auftut, bleibt spannend. Es sollte auf jeden Fall nicht mehr lange geschlossen bleiben.
Kurze Klarstellung von A. B. zum vermeintlichen Kommentar von „M. Luithle“ zum o.g. Thema:
Dieser Kommentar ist aus meiner Feder, also auf „meinem Mist gewachsen“, wurde jedoch von mir unbemerkt irrtümlich unter dessen E-Mail-Adresse abgeschickt. Herrn Luithles Meinung zu diesem Thema ist mir nicht bekannt.
zu Herrn Neidhart: Danke für Ihre Aufmerksamkeit – ich bin nicht gegen „Neues“, aber ich vermisse in Konstanz wie schon erwähnt eine sinnvolle weitsichtige Weiterentwicklung, die u.a. auch das Wohl der BürgerInnen berücksichtigt.
Eine Gestaltung Klein-Venedigs, die Sie oben ansprechen, ist im Rahmen des grenzübergreifenden Wettbewerbs mit Kreuzlingen schon geplant, der Siegerentwurf ausgesucht: Kanal, viel Beton, architektonische Elemente und eine schicke „Marina“(Hafen für Luxusyachten)trifft meinen Geschmack allerdings nicht. Viel Grün, Freiraum und Spielflächen täten´s auch. Ebenso unnötig finde ich einen „Festsaal“ Marktstätte für 5 Millionen oder“Highlines“ auf mehrstöckigen Bürogebäuden am Bahnhof.
Über ein Konzerthaus sollte man erst dann wieder reden, wenn das einst euphorisch hochgejubelte Centrotherm den versprochenen Erfolg mit Massen von illustren Tagungs- und Kongressbesuchern samt der satten Gewinne gebracht hat. Denn erstmal hat man 17,5 Millionen verpulvert, Folgekosten nicht mitgerechnet. Bis bald in SeeMoz…
@Martin Luithle: Die Vorstellung von Konstanz, wie sich die Konzilsstadt in den vergangenen 10-20-30 Jahren entwickelte, ist die Ihre. Ebenso die Vorstellung, wie sie sich hätte entwickeln können – oder hätte bleiben müssen. Kann man so sehen. Nur ist die Realität schon etwas komplexer: Auch in Konstanz – bei den Bürgern, in den Räten – finden wir ein Konglomerat von Ansichten, was zu tun wäre und was nicht. Fakt ist: Das Neue, wie das Alte, muss nicht per se schon gut sein. Eine Stadtentwicklung steht stets im Spannungsfeld zwischen den Erwartungen des Neu-Konzipierten unter grösstmöglicher Bewahrung überkommener Authentizität. Diese „Balance“, wie Sie beschreiben, ist darin zwar anzustreben, doch eben letztlich nicht immer das exakte Resultat einer Entwicklung. Nur ist eine Entwicklung nie abgeschlossen. Man muss sich dieser Erkenntnis stellen. Sonst geht es rückwärts. Und das wäre für eine Stadt dieser Grössenordnung schlecht. Wichtig ist dagegen, dass an „objektiv erkennbaren Fehlern einer Entwicklung“ gearbeitet wird. Was „ein Fehler“ sein könnte, ist nun wiederum sehr individuell interpretierbar. Für meine Begriffe bringe ich mal zwei Punkte in Umlauf, die sowohl auf „Neues“, als auch auf „Altes“, wie oben angesprochen, hinweisen (können): Das Neue wäre zum Beispiel der Bau eines Konzerthauses, das Alte der Erhalt des historischen Flugfeldes. Beides wird aber gleich von verschiedener Seite der Kritik ausgesetzt sein. So ist das halt. Man wird entsprechend bescheiden und staunt wenigstens privat, dass etwa die Bushaltestelle am Bahnhof – wie der Bahnhof selbst! – noch immer ins vorletzte Jahrhundert tendiert, und dass der Konzils-Vorplatz zum See hin einfach nicht ansprechend gestaltet werden kann. Und was ist mit einer vorzeigbaren, umfassenden Gestaltung des fantastisch gelegenen Klein Venedig Ufergrundstücks? Viele Baustellen also. „Retten für die nächste Generation“, Herr Luithle, ist richtig, genügt jedoch nicht ganz. Auch Konstanz ist, wie viele vergleichbare Städte, im Wandel. Dazu gehört auch Neues. So ist denn der Spagat zwischen den beiden grössten Ereignissen der Stadt – schreibe ich mal!- , dem Konzil vor 600 Jahren und der Universitätsgründung von 1965 eine stete Aufforderung, diesem Wandel Alt-Neu auf überzeugende Art gerecht zu werden, um „Konstanz“ zu bleiben. Ist gar nicht so schlecht gelungen, meine ich, Herr Luithle. Wir können es auf verschiedenen Feldern aber noch ein Stück besser machen. Auch das stimmt.
Konstanz war mal „ein regionales Ereignis an sich“, Herr Neidhart, gerade ohne Lago. Der Glanz der „Perle am See“ ist jedoch längst erloschen. Heute fault der Kern, eine gesunde Stadtentwicklung sieht anders aus. Arbeiten wo andere Urlaub machen? Das war einmal – heut heißt´s: Arbeiten wo andere einkaufen, im Stau stehen, sich die Massen drängen, die Luft anhalten o. ä. – das nennen die SV und andere Liebhaber dieser (Fehl-)Entwicklung dann u.a. „lebendig“. Dass die Innenstadt heute „tot“ wäre, wenn sich das Lago im Industriegebiet befände, wage ich zu bezweifeln, dazu ist, war sie zu attraktiv. Letztendlich haben doch ohnehin nur die Großen und Etablierten im Einzelhandel profitiert, viele kleine, individuelle und ausgefallene Läden und Fachgeschäfte mussten im Laufe der Jahre aufgeben. Bis heute herrscht reger Wechsel, 08/15 Ketten und Billigläden schießen wie Pilze aus dem Boden, beherrschen die Innenstadt, es fehlt an Originalität, das Stadtbild hat sich verändert. Positiv? Sie verdienen sich eine „goldene Nase“(Artikel im „Stern“, ja, ja wir sind über Deutschland hinaus bekannt), die Konstanzer Einzelhändler und dennoch jammern und heulen sie, sobald im Umkreis von 20/30 /50 Kilometer aus CH oder Deutschland „Gefahr“ durch Konkurrenz droht. Trotz Laden Nr. 5 bekommt man den Hals offenbar nicht voll. Peinlich! Dann muss es wieder her halten, das Totschlagargument: Schließung, Entlassungen, Arbeitslosigkeit. Ja, ja die vielen Vollzeitstellen, die dann flöten gingen, gell? Da sich die kurzsichtigen „Wurschtler“ unserer Repräsentative aus SV und GR die letzten Jahre hautsächlich auf Kommerzialisierung und Vermarktung unserer einst liebens- und lebenswerten Kleinstadt konzentriert haben, muss man sich allerdings fragen: was bleibt noch, wenn das Einkaufsparadies der vorwiegend Schweizer Kofferraumkunden aus welchem Grund auch immer zusammenbricht? Inzwischen suchen immer mehr Konstanzer und jene, die unsere Stadt lieben, versteckte Winkel und Orte die noch an „Heimat“ erinnern. Langjährig treue Touristen, Menschen, die hier Erholung suchen, sind entsetzt, Verkehrschaos, Massen, Hektik, Lärm, Gestank, Dreck, verwahrloste, vernachlässigte Plätze – na, das ist ja fast wie zu Hause – nur teurer. In Konstanz explodieren die Preise und die Bedürfnisse der eigenen Bevölkerung werden der Gier nach Euro- und CHF-Scheinen geopfert, auch wenn OB B. vehement abstreitet, dem schnöden Mammon ergeben zu sein. Zukunftsstadt Konstanz? 25 Jahre zu spät: Mit Weitsicht, Klugheit, mit Sinn für die Besonderheit unserer Stadt, Verantwortungsbewusstsein und einem sinnvollen Gesamtkonzept, gemeinsam mit den Konstanzer Bürgern hätte man in den 90er – Jahren den Schritt in eine Zukunft wagen können, die unserer Stadt und ihrer besonderen Lage gerecht geworden wäre, unter Berücksichtigung von Klima- Umwelt-Naturschutz(und dem des Menschen), mit der Ansiedlung und Unterstützung entsprechender Unternehmen, sich in erster Linie den Grundsätzen der Nachhaltigkeit verpflichtend, die ökonomische, soziale und ökologische Balance fordert. Heute können wir nur noch retten, was noch zu retten ist. Verantwortung für die nächste Generation sieht anders aus. Der Singener Initiative gegen das überdimensionale ECE sei der berühmt-berüchtigte Widerstand der Konstanzer Einzelhändler gegönnt.
Es ist grundsätzlich viel einfacher, liebe Anke Schwede, ein Konzert- und Kongresshaus „zu Fall zu bringen“, als ein Einkaufshaus für die ganze Bevölkerung. Gegen „Kultur“, besonders „Hockkultur“, lässt sich immer mobilisieren. Gegen das derzeit entstehende „Kongresshaus“ am Seerhein (Bodenseeforum Konstanz) wurde hingegen kaum opponiert. Und das Lago war bis heute nicht unbedingt die schlechteste Aktion für die Stadt Konstanz. In Singen mögen die Verhältnisse etwas anders liegen. So ist am Hohentwiel zum Beispiel „museale Kultur“ auch mal durch privates Engagement entstanden. In Konstanz fehlt bis jetzt das private Kultur-Engagement in dieser Grössenordnung. Es wäre u.a. besonders in Sachen Konzerthaus gefragt, das ja eines Tages kommen wird. Wieweit sich die Einwohner von Singen und Umgebung ein grosses Einkaufszentrum wünschen, weiss ich nicht. Die entscheidende Unbekannte bei dieser Grössenordnung ist, ob sich auf Dauer die Schweizer Kundschaft halten lässt, oder ob bei einer Geldwertveränderung durch die Schweizer Nationalbank (SNB) der Trend rasch abnimmt, über der Grenze einzukaufen. Dies würde allerdings Konstanz weit weniger treffen, als Singen, ist doch die mittelalterliche Konzilsstadt am See „ein regionales Ereignis an sich“. Selbst ohne Lago.
Ein sehr faktenreiches und fundiertes Referat, Hut ab.
Ich halte es für eine gute Idee, die Singener Bürgerinnen und Bürger in dieser für die Stadtentwicklung so wichtigen Frage entscheiden zu lassen. Zumal im Juli 2014 der Gemeinderat mit großer Mehrheit der „Aufstellung des vorhabenbezogenen Bebauungsplanes „Einkaufszentrum Innenstadt“ […] zur Ansiedlung eines Einkaufszentrums in der Innenstadt“ zugestimmt hat. Ein grundlegendes Umdenken der Fraktionen hat wohl bisher nicht stattgefunden und inwieweit das Raumordnungsverfahren das Megaprojekt stoppen bzw. beschneiden wird, ist offen. Mit einer gut begründeten Aufklärungskampagne, die ja bereits läuft, lassen sich gewiss einige Stimmen mobilisieren. Siehe Konstanzer Bürgerentscheid zum Konzert- und Kongresshaus von 2010, an dem sich viele BürgerInnen beteiligten und dessen Ergebnis eindeutig ausfiel – 20.800 Wahlberechtigte (65,7 Prozent) stimmten damals gegen den Bau des KKH auf Klein-Venedig. Und die Voraussetzungen sind bei einem um fünf Prozent gesenkten Quorum allemal günstiger als vor fünf Jahren.
Eine gute Frage. Zeigen doch die Erfahrungen aus anderen Kommunen mit einer EKZ-Ansiedlung, insbesondere dass die OB´s einschließlich der Mehrheit der Gemeinderäte den Versprechungen des Projektentwicklers auf den Leim gehen. Da ist Singen keine Ausnahme. Leere Kassen und ein erodierender Einzelhandel sind Argumente der Projektentwickler für Scheinlösungen. Verwaltungsfachleute sind dann schnell überfordert komplexe betriebswirtschaftliche und volkswirtschaftliche Problemstellungen mit der Kommune als Brennpunkt zu erfassen und richtig zu deuten. Nach einer Centereröffnung gehen die Probleme in der Innenstadt dann erst richtig los – mit bleibenden Schäden an der Innenstadt. Je größer das Center desto schneller.
Die entscheidende Frage in dieser Sache ist: Wer oder was treibt OB Häusler an?