Fußgänger fühlen sich an den Rand gerückt
Stadtseniorenrat, Ortsverband Sozialverband VdK, Fuß e.V. und Behindertenbeauftragter appellieren an die Stadt: Mehr Sicherheit für Fußgänger. Denn wer in Konstanz als Fußgänger oder Radfahrer unterwegs sei, merke schnell, dass es an den Begegnungspunkten von Radlern und Fußgänger:innen gefährlich wird. Täglich komme es in der Innenstadt zu kleineren Unfällen und Rempeleien zwischen Fußgängern und Radfahrer:inen.
Dass die Stimmung bei Fußgängern und Radfahrern immer gereizter wird, erfahren die Mitglieder des Stadtseniorenrates und des Ortsverbandes vom Sozialverband VdK aus Gesprächen. Stephan Grumbt, Behindertenbeauftragter der Stadt, weist auf eine Entwicklung hin: „Bei allen Erfolgen im Mobilitätsbereich muss ich leider feststellen, dass sich eine Gewichtung zu Ungunsten des Fußverkehrs und den Bedürfnissen mobilitätseingeschränkter Personen ergeben hat.“ Er sieht die Gefahr, dass die Fußgänger im Straßenraum vergessen und an die Wand gedrückt werden. „Bei der Planung muss daher der Fußgänger im Mittelpunkt stehen“, meint Stephan Grumbt.
[the_ad id=“94028″]Walter von Witzleben, Vorsitzender im Fuß e.V. Konstanz, beschreibt die Situation so: „Es fehlt in Konstanz ein zukunftsfähiges Konzept für die Verteilung der knappen Verkehrsräume“. Eine Aussage, die auch vom ADFC Konstanz unterstützt wird. Irene Heiland, Vorsitzende des Stadtseniorenrates meint, „mehr Kontrollen der Radfahrer in der Innenstadt würden Wirkung zeigen.“ Dabei wurde die Stadt schon öfter auf die kritischen Stellen hingewiesen. Insbesondere Senioren, die schlecht zu Fuß sind, beklagen das hohe Tempo bei den Rädern. „Ich stelle fest, seit es mehr E-Bikes gibt, wird viel schneller gefahren“, sagt Elisabeth Engesser, Vorsitzende des Ortsverbandes des Sozialverbandes VdK. „Menschen mit Rollator trauen sich nicht mehr, die Fahrradstraße zu überqueren. Für sie sind die Radfahrer, die von beiden Seiten kommen, zu schnell. Es gibt keinen sicheren Überweg, wenn man etwas langsamer ist“, erläutert sie ihre Beobachtungen.
Einer der Gefahrenpunkte ist die Konzilstraße. Am Überweg Inselgasse stehen die Fußgänger und Radfahrer in Trauben vor der roten Ampel zum Inselhotel. Auf dem schmalen Gehweg ist dafür kaum Platz und so werden die Radfahrer behindert. Sie müssen gewagte Ausweichmanöver fahren und es entstehen Konfliktsituationen. Die Bedeutung der blauen Markierung auf dem Radweg erschließt sich nicht auf den ersten Blick. Wer hat hier auf wen Rücksicht zu nehmen? Ebenso gefährlich ist es an der nur wenige Meter weiter liegenden Bushaltestelle. Der Streifen für die Busfahrgäste ist so schmal, dass Menschen zwangsläufig auf dem Radweg stehen. Besonders gefährdet sind Eltern mit Kinderwagen beim Aussteigen. Der Kinderwagen ragt dann in den Radweg hinein.
Auch die Unterführung beim Sternenplatz ist ein gefährliches Pflaster. Hilde E. wurde dort mit ihrem Rollator schon angefahren und traut sich nicht mehr mit dem Bus umzusteigen. Unklare Ausschilderung der Radwege bei den Auffahrten zur Fahrradbrücke sorgen regelmäßig für kritische Situationen, bemängelt Annemarie K., die selbst mit dem Fahrrad unterwegs ist. Wer hat zum Beispiel bei dem Kreisel am Webersteig Vorrang? Ein anderes Problem beschreibt Levin L. Er wurde schon mehrmals von Radfahrern angefahren. Die Radler kamen auf ihn zu und konnten nicht ausweichen. Die Geschwindigkeit war einfach zu groß und der Weg zu schmal.
Nicht nur ältere Konstanzer fühlen sich nicht mehr sicher auf den Gehwegen der Innenstadt. In den Kommentaren wird die Stimmung schärfer. Dabei könnte es besser sein, wenn bei der Planung der Radwege der Straßenraum gesamtheitlich betrachtet wird. Der Behindertenbeauftragte und die Vertreter der älteren Bürger appellieren daher an die Stadt, die Gefahrenstellen an den Radwegen zügig zu entschärfen.
Text: Konstanzer Stadtseniorenrat
Bilder: H. Reile
Lieber Herr Krause,
es ist nicht zielführend, immer auf die Radfahrer einzuprügeln. Die haben genauso wie alle anderen Verkehrsteilnehmer ihren natürlichen Anteil an Idioten.
Als Autofahrer stört man sich an Radfahrern, als Radfahrer wird man vom Auto behindert oder gar an Leib und Leben gefährdet und die Fussgänger werden von den Radfahrern bedrängt.
Da das Miteinander ganz offensichtlich nicht so ganz von alleine funktioniert, müssen die Verkehrsräume vermutlich besser getrennt werden. Die Konzilstrasse ist hier ein gutes – auch schwieriges – Beispiel. Bedingt durch die räumliche Enge kommt es hier zwangsläufig zu Konflikten. Als Fahrgast im Bus muss ich beim Aussteigen an der Haltestelle Konzil mächtig die Augen aufhalten und als Radfahrer drängen mich die unaufmerksamen Fussgänger gerne mal auf die Strasse.
P.S.
Ich teile Ihren Eindruck mit den überforderten E-Bike Fahrern. Aber auch mit denen müssen wir irgendwie leben. Mir sind die auf dem E-Bike lieber als hinter dem Steuer eines Autos.
Als ich noch schnell radfahren konnte (kann seit dem Oropharynxkarzinom meinen Kopf nicht mehr schnell und weit genug drehen, um bei hohen Geschwindigkeiten noch sicher fahren zu können), bin ich mit meinem 40-Jahre alten Stahlrennrad z.B. auf der Konzilstrasse Höhe Inselhotel (bis Bahnhofs- od. Bodansplatz) immer auf die Strasse gewechselt. Die dort gefahrenen Geschwindigkeiten kann man bei sportlicher Fahrweise eigtl. fast immer mithalten. – Aber offiziell darf dort vom Kfz.-Verkehr eben noch Tempo 50 gefahren werden.
MWn ist das hier der Stand der Dinge bzgl. Geschwindigkeitsbeschränkungen:
https://www.konstanz.de/stadt+gestalten/verkehrsplanung/geschwindigkeiten+verkehrszaehlungen+und+mobilitaetserhebungen/tempo+30+und+verkehrsberuhigte+bereiche
Und wenn schon Tempo 30 (noch) nicht flächendeckend genehmigungsfähig ist (wegen „Vorbehaltsnetz-Blabla“), dann wäre doch zumindest Tempo 40, wie es z.B. auf der Jakobs- und Hermann-von-Vicari-Strasse gilt, ein brauchbarer Kompromiss. Das könnten heute die meisten Radler, auch die die reines von A-nach-B-kommen nicht als Sport sehen wollen/können, mithalten; zumal heute eh meistens E-Motor-unterstützt unterwegs.
Und der Kompromiss „Tempo 40“ im ganzen Stadtgebiet auf den Strassen, auf denen heute noch „50“ gilt, ab z.B. Schneckenburgstrasse und allem, was östlich davon liegt, incl. Wollmatinger- ab Aussegnungshalle, Theo-, Mainau-, Reichenau- Spanier- und Konzilstrasse, wäre etwas, womit doch sicher Alle gut leben könnten.
Der ADFC (Allg.Dt. Fahrradclub e.V.) unterstützt die genannten Aussagen des Seniorenrats vollumfänglich: im Verkehr gilt als höchste Priorität der Schutz der schwächsten Verkehrsteilnehmer*nnen. Hierbei müssen wir Radler*nnen uns auch durchaus an die eigene Speiche bzw. Nase fassen. Wenn Radler*nnen vollwertige Rechte im Verkehr (zurecht) einfordern, müssen auch Pflichten erwähnt werden: Hier wird die Gesellschaft um eine Diskussion über z.B. eine Kennzeichenpflicht für Drahtesel nicht herumkommen, denn nur so kann Fehlverhalten auch nachhaltig sanktioniert werden. Auch eine evtl. bessere Integration von Radverkehrsthemen in die allg. Fahrschulinhalte wäre denkbar.
Andererseits muss auch gesagt werden: es fehlt oft an der bestmöglichen Gestaltung der Infrastruktur, das gezeigte Bsp. Konzilstrasse ist typisch: die Verwaltung bemüht sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten bestens, aber die politischen Vorgaben fehlen einfach. Der Radverkehr gehört so viel wie möglich AUF DIE STRASSE! Auch die Abstellmöglichkeiten in den Quartieren müssen über das von der Verwaltung in neuester Zeit eingerichtete Mass (Bsp. Paradies) hinausgehen. Nur wenn Parkplätze IN JEDER STRASSE für Räder installiert werden, können die Gehsteige für die Schwächeren (Fussgänger, Senioren, Eingeschränkte Personen) freigemacht werden. Eigtl. ganz einfach, aber die Konstanzer Politik hat Angst, jemanden (in dem Fall die Autofraktion) zu verärgern.
Ralf Seuffert
ADFC Konstanz
Das ganze hätte mit einem PKW- bzw. Bus-Einbahnverkehr rund um die Altstadt vermieden werden können, denn dadurch wäre eine komplette Fahrspur für die Radler frei geworden!
Aber durch die C-Regelung mit Sackgasse am Bahnhof (mit äußerst elegantem Betonstrand!) wurde auch das durch Stadtverwaltung und Gemeinderat verhindert!
Es ist tagtäglich zu beobachten: Zahlreiche Radfahrer halten sich nicht an die Verkehrsregeln. Sie fahren auch auf Fusswegen, sie halten nicht an roten Ampeln, sie fahren entgegen der Fahrtrichtung, sie passen ihre Geschwindigkeit nicht der Verkehrssitutation an. In der Regel folgt auf dieses Fehlverhalten keinerlei Sanktion, sodass es auch keine Verhaltensänderung gibt.
Zudem ist zu beobachten, dass zahlreiche E-Bike-Fahrer ihr Fahrzeuge nicht beherrschen und mit diesem motorisierten Gefährt nicht umgehen können.