Gedenken an die Deportation

20111020-220227.jpgDer 22. Oktober ist ein besonderer Tag in der Stadtgeschichte von Konstanz: Am kommenden Samstag  jährt sich die Deportation von 112 Konstanzer Juden in das französische Lager Gurs zum 71. Mal. Die Initiative „Stolpersteine für Konstanz – gegen Vergessen und Intoleranz“ ruft deshalb zu einem Gedenken an die Stele für die deportierten Juden in der Bahnhofstraße. Eine kurze Lesung ist ebenso geplant wie das Entzünden von 112 Kerzen – ein bescheidener Versuch, das Vergessen zu vergessen

„Wir werden für jedes der 112 Opfer, die alle namentlich auf der Stele genannt sind, eine Kerze anzünden“, sagt Katrin Brüggemann, Sprecherin der Stolperstein-Initiative. Andere Mitglieder der Initiative werden aus Erfahrungsberichten lesen – zum Beispiel „Ich habe Auschwitz gesehen“ – und auf diese Weise an die Deportation der 112 Konstanzer Juden erinnern.

In einer Nacht- und Nebelaktion wurden am 22. Oktober 1940 in ganz Baden und der Saarpfalz alle jüdischen Bürger zusammen getrieben und nach Südfrankreich deportiert. Auch in Konstanz wurden an diesem Morgen 112 jüdische Mitbürger aus dem Schlaf gerissen, in kürzester Zeit mit wenig Handgepäck zusammen getrieben und an den Bahnhof Petershausen gebracht, wo sie in einen ausrangierten, alten Personenzug gepfercht wurden. Die jüngste Konstanzerin war die gerade dreijährige Ruth Alexander, die älteste Konstanzerin, Charlotte Bloch, war 92 Jahre alt.

Nach mehrtägiger Fahrt in völlig überfüllten Zügen wurden die Vertriebenen am Bahnhof Oloron in Lastwagen geladen und in das Barackenlager Gurs gebracht. Während dieser Aktion wurden aus ganz Baden und der Saarpfalz 6504 Juden in das Lager Gurs nach Südfrankreich deportiert. Bereits in den ersten Wochen starben aufgrund der hygienischen Verhältnisse und der unzureichenden Ernährung tausende von Insassen, darunter auch viele Konstanzer. Im Frühjahr 1941 wurden die überlebenden Lagerinsassen auf verschiedene Lager verteilt, doch die Zustände in den Lagern besserten sich nicht und die Sterblichkeitsrate blieb weiter hoch.

In einer beispiellosen Hilfsaktion gelang es der O.S.E. (Ouevre des secours aux enfants), zahlreiche jüdische Kinder in Kinderheimen außerhalb der Lager unterzubringen und zu verstecken. Einige Kinder konnten so den Deportationen in die Vernichtungslager entgehen, als im Sommer 1942 die Verlagerung der Juden aus Südfrankreich über Drancy nach Auschwitz begann.

Alle aus Südfrankreich in den Osten deportierten Konstanzer Juden wurden ermordet, die allermeisten direkt nach der Ankunft im Vernichtungslager.

Samstag, 22. Oktober, um 19.30 Uhr an der Stele in der Konstanzer Bahnhofstraße.

Autor: PM/hpk