Gedenkfeier und Einweihung des Mahnmals am Bahnhof Petershausen
Am 22. Oktober 2021 wird am Bahnhof Petershausen ein von Jugendlichen im Rahmen eines schulübergreifenden Projektes gestaltetes Mahnmal enthüllt, das an die im Oktober 1940 von diesem Bahnhof ausgehende Deportation der Konstanzer Jüdinnen und Juden erinnert.
Mit der sogenannten Wagner-Bürckel-Aktion erfolgte am 22. Oktober 1940 die Deportation von 112 Konstanzer Jüdinnen und Juden zusammen mit über 6000 weiteren jüdischen Bürgern und Bürgerinnen aus Baden und der Saarpfalz in das am Fuß der Pyrenäen liegende südfranzösische Internierungslager Gurs. Danach vermeldeten die verantwortlichen Gauleiter Robert Wagner (Baden) und Josef Bürckel (Saarpfalz), ihre Gaue seien nun „judenrein“, die Deportationen reibungslos und ohne Zwischenfälle verlaufen. Die große Mehrheit dieser Menschen wurde ab März 1942 über das Transit-KZ Drancy bei Paris in Vernichtungslagern im Osten verbracht und dort ermordet.
Ein Mahnmal für Petershausen …
Die Deportation vom 22. Oktober 1940 erfolgte vom Bahnhof Petershausen, dem damals etwas außerhalb gelegenen Güterbahnhof. Und dort wird nun am Alemannenplatz das von Jugendlichen geschaffene Mahnmal aufgestellt. Es besteht aus zwei Teilen: einem Sockel aus Cortenstahl, der das hebräische Wort „Chai“ (Leben) abbildet, und einer Taube aus Bronze. Das Zeichen „Chai“ (Leben) steht für die Lebensgeschichten der aus Konstanz deportierten Jüdinnen und Juden; die Taube steht im Judentum für Hoffnung und Zukunft und symbolisiert das jüdische Volk. Im Christentum und universell ist sie als Friedenstaube bekannt.
Die Inschrift des Mahnmals lautet:
Erinnere Dich, vergiss es nicht
Es waren Kinder, Mütter, Väter, Großeltern: Menschenleben
Das Leben von 112 jüdischen Menschen wurde zerstört, als diese am 22. Oktober 1940 von diesem Bahnhof aus nach Gurs (Südwestfrankreich) deportiert wurden.
Viele von ihnen kamen in Gurs ums Leben. Ab Sommer 1942 begannen von dort Transporte nach Auschwitz, wo die Deportierten ermordet wurden.
Dieses Mahnmal erinnert an die Verbrechen, die auch unter Beteiligung von Konstanzern an den jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern begangen wurden.
Errichtet von Konstanzer Jugendlichen am 22. Oktober 2021
Ihr seid nicht schuld an dem, was war, aber verantwortlich dafür, dass es nicht mehr geschieht. (Max Mannheimer 1920 –2016, Holocaust-Überlebender)
… als Teil des Mahnmals für die deportierten Juden und Jüdinnen Badens in Neckarzimmern
Schon einmal schufen Jugendliche aus Konstanz ein an die Oktober-Deportation erinnerndes Mahnmal: SchülerInnen des Ellenrieder-Gymnasiums beteiligten sich im Jahr 2008 an dem ökumenischen Mahnmalprojekt Neckarzimmern der Evangelischen Landeskirche in Baden und der Erzdiözese Freiburg. In aller Regel entstehen im Rahmen dieses Projektes, das Jugendliche dazu motivieren möchte, sich mit der lokalen Geschichte auseinanderzusetzen, zwei Gedenksteine, sogenannte Memorialsteine: Einer wird in der Heimatgemeinde aufgestellt, der andere wird Teil des Mahnmals für die Opfer der Deportation auf dem Gelände der Tagungsstätte der Evangelischen Jugend in Neckarzimmern. Im Fall des Konstanzer Gedenksteins wurde hingegen nur ein Gedenkstein in Neckarzimmern gesetzt, da bereits mit der Gedenkstele in der Sigismundstraße der 112 deportierten Konstanzer Jüdinnen und Juden gedacht wird.
Um auch am Konstanzer Deportationsbahnhof ein Gedenkzeichen zu setzen, hat sich im Jahr 2019 unter der Leitung von Katrin Brüggemann und Petra Quintini von der Initiative „Stolpersteine für Konstanz – Gegen Vergessen und Intoleranz“ eine Projektgruppe aus mehreren Konstanzer Schulen zur Schaffung eines zweiten Mahnmals im Rahmen des Neckarzimmern-Projekts zusammengeschlossen. Unterstützt von dem Radolfzeller Künstler Harald Björnsgard schufen die Jugendlichen das Mahnmal, das 81 Jahre nach der Deportation enthüllt wird.
Die Gedenkfeierlichkeiten beginnen am Freitag, dem 22. Oktober 2021 um 9 Uhr mit einem gemeinsamen Gedenkweg, der vom Bodanplatz über die Innenstadt zum Petershauser Bahnhof führt. An einzelnen Stationen werden Schülerinnen und Schüler gemeinsam mit dem Stadttheater Konstanz biografische Texte vortragen. Im Anschluss findet ab 11 Uhr am Petershauser Bahnhof, Alemannenplatz, die Einweihung des Mahnmals und die Gedenkfeier zum 81. Jahrestag der Deportation statt. Die Südwestdeutsche Philharmonie Konstanz begleitet die Veranstaltung mit Musikstücken aus dem Lager Gurs.
Sabine Bade (Fotos: Stolperstein-Initiative Konstanz und Sabine Bade )
Mitschnitte der sechs Stationen des Gedenkweges, den am 22. Oktober 112 Konstanzer Schülerinnen und Schüler vom Bodanplatz über die Innenstadt zum Petershauser Bahnhof zurücklegten, und der Einweihung des neuen Mahnmals wurden auf einer eigenen Homepage der Initiative „Stolpersteine für Konstanz – Gegen Vergessen und Intoleranz“ festgehalten: https://www.oktoberdeportation-konstanz.de