Geschwister-Scholl-Schule: Kommt in die Gänge!
In einer gemeinsamen Sitzung des Technischen und Umweltausschusses sowie des Ausschusses für Schulen, Bildung, Wissenschaft und Sport gab es am Dienstag nur einen einzigen Tagesordnungspunkt: Die „Beratung des erforderlichen Sanierungsbedarfs der Geschwister-Scholl-Schule und der dafür notwendigen Kostenansätze und der Zeitplanung“, wie es in der Vorlage der Verwaltung heißt. Die Sitzung dauerte doppelt so lange wie geplant und ließ teils ziemlich tief blicken.
Die Ausgangslage war eindeutig, am besten beschreibt sie ein Zitat aus der Vorlage der Verwaltung: „Bereits 2009 war ein Sanierungsbedarf größeren Maßes am Schulgebäude abzusehen und es wurde eine Kostenermittlung für eine Generalsanierung des Gebäudekomplexes einschließlich der Sporthalle erarbeitet. Das damit beauftragte Architekturbüro […] kam 2010 in einer detailliert erfassten Kostenschätzung auf eine Gesamtsumme von ca. 17,5 Millionen Euro für Schul- und Hallengebäude. Darin waren die Außenanlagen, Ausstattungen und elektrischen Installationen nicht enthalten.“
17,5 Millionen hatte die Stadt damals natürlich nicht und in den Folgejahren auch nicht. Die Entscheidung, eine etwa gleiche Summe in das Bodenseeforum zu investieren und blitzschnell zu verbauen, zeigt natürlich, wo die Politik in Konstanz ihre Prioritäten setzt – wenn sie eine Jahrhundertchance wittert, meint sie damit offensichtlich nicht die Pflege von Bildungseinrichtungen für die nächsten Generationen.
Bedarf seit bald 10 Jahren
Passiert ist seit dem Gutachten aus dem Sommer 2010 herzlich wenig, und wir schreiben mittlerweile das Jahr 2017. Natürlich ist der Zustand der Schule in dieser Zeit nicht besser geworden, hier und da regnet es durch, der Brandschutz muss laut Feuerwehr verbessert werden, die Fluchtwege sind nicht richtig sicher, die sanitären Anlagen – nun ja, da stinkt so manches, wenn auch nur zum Himmel. Gerade Mängel beim Brandschutz lassen natürlich ein paar Tage nach dem Feuer in London aufhorchen, zumal die Geschwister-Scholl-Schule etwa zur selben Zeit wie der Grenfell Tower, nämlich Mitte der siebziger Jahre, errichtet wurde. Aber solche Ängste sind irrational, denn so etwas kann in Deutschland dank besserer Vorschriften nicht passieren.
Die Verwaltung hat natürlich eine etwas andere Sicht auf die Bausubstanz: Ein Gebäude verursacht Jahr für Jahr bestimmte Instandsetzungskosten, und nach 30 bis 40 Jahren ist dann eine Generalsanierung fällig, und diese Jahre hat die Geschwister-Scholl-Schule jetzt auf dem Buckel. Natürlich gab es immer wieder mal Arbeiten, etwa an der Fassade und auch neue Anbauten, aber insgesamt ist der Bau in einem eher kläglichen Zustand.
Anja Rothöhler vom Haupt- und Liegenschaftsamt der Stadt berichtete, sie habe pro Jahr 113 000 € zur Verfügung, um etwa das Dach immer wieder zu flicken, wenn es reinregnet. Für vernünftige Heizungs- und Lüftungsbedingungen reiche das Geld natürlich nicht, hier bestehe ein erheblicher Investitionsbedarf ebenso wie bei der veralteten Verkabelung.
Das dauert
Ziel der Verwaltung war es, jetzt erst mal einen Plan zu machen. Und das geht so: Im letzten Quartal 2017 soll es eine europaweite Ausschreibung für ein Projektteam geben, das bis im Sommer 2018 einen Sanierungsfahrplan vorlegt. In den Nachtragshaushalt für 2018 sollen 1,5 Millionen € eingestellt werden, und dann sollen für die folgenden ca. acht Jahre jeweils drei Millionen pro Jahr verbaut werden. Im Doppelhaushalt 2019/2010 soll dann der Gesamtkostenrahmen festgezurrt werden. Martin Wichmann vom Amt für Stadtplanung und Umwelt verkündete einige Sofortmaßnahmen, etwa für die Fluchtwege und die Fahrradabstellanlagen. Er wies darauf hin, dass man bei den Außenanlagen auch immer die Folgekosten wie das Entfernen von Brennnesseln und Brombeeren bedenken müsse. Und in der Tat erweckten manche Fotos der Schuleanlagen den Eindruck, hier habe die Natur selbst für eine kräftige Renaturierung gesorgt – so gründlich wie in der verbotenen Zone um Tschernobyl.
Thomas Adam, Leiter der Geschwister-Scholl-Schule, hört so etwas natürlich gar nicht gern, weil er dadurch das Renommee seines Hauses gefährdet sieht. Man könnte sich allerdings auch fragen, warum er angesichts der Probleme mit dem Schulgebäude nicht schon vor Jahren erheblich lauter in der Öffentlichkeit um Hilfe gerufen hat.
Die Ehemaligen in der Bütt
So richtig ins Rollen gekommen ist die Schulsanierung durch die Alumni der Geschwister-Scholl-Schule, eine Vereinigung ehemaliger Schülerinnen und Schüler, die in den letzten Wochen erheblich Dampf gemacht hat. Bürgermeister Andreas Osner hatte deshalb Hansjörg Müller als Vertreter dieser Gruppe eingeladen, der zu einem der ersten Abschlussjahrgänge der Schule gehörte.
Osners Auftritt hatte allerdings etwas Gespentisches, denn er wies Müller – nachdem die Verwaltung ihren Standpunkt schlappe vierzig Minuten lang ausgebreitet hatte -, erst einmal öffentlich an, dass er sich kurz fassen solle und maximal fünf Minuten Redezeit bekomme. Woraufhin Osner allerdings selbst erbarmungslos weiterschwadronierte und Müller mit kritischen Fragen bombardierte: Was das überhaupt für ein Haufen sei, ob sie ein Verein seien, wie viele Mitglieder usw. Es gibt selten einen Moment, in dem Unwille und Misstrauen der Obrigkeit engagierten Bürgern derart offenkundig entgegenschlagen.
Zum Glück wies Müller den Herrn Osner gar nicht maulfaul darauf hin, dass dessen ellenlange Suada jetzt aber nicht von seiner, Müllers, knapper Redezeit abgehe – und hatte die zahlreich erschienenen Lacher damit sofort auf seiner Seite. Nach Müllers Angaben wurde die Ehemaligen-Vereinigung im April gegründet und hat bereits rund 200 Unterstützer, Tendenz steigend. Er erklärte, dass der Pflege- und bauliche Zustand der Schule nicht akzeptabel seien und dass es bei Fassaden, Toiletten- und Außenlagen sofortigen Behandlungsbedarf gebe. Ansonsten befand er den Plan der Verwaltung für gut.
Unterricht im Mantel
Eindrucksvoll auch der Beitrag von Gisela Kusche (FGL), die seit über einem Jahrzehnt an der Geschwister-Scholl-Schule arbeitet. Sie berichtete, dass man dort an kalten Wintertagen in der ersten Stunde im Mantel sitzen müsse und es im Sommer vor Hitze kaum aushalte. Lüftung und Heizung funktionierten nicht angemessen. Auch der Plan, sich acht Jahre Zeit für die Sanierung zu nehmen, stieß bei ihr auf Ablehnung: Das bedeute ein komplettes Schülerleben auf einer Schule unter Baustellenverhältnissen, und das sei nicht zumutbar. Vier Jahre seien das Maximum. In dem Ruf nach Beschleunigung der Sanierung wurde sie unter anderen von Anke Schwede (LLK) unterstützt.
Ist ein Neubau die Lösung?
Alexandra Bek vom Gesamtelternbeirat Konstanz schlug einen ganz anderen Ton an: Sie brachte angesichts von ca. 30 Millionen € Sanierungskosten einen Neubau neben dem Schwaketenbad ins Gespräch. Man solle die bisherige Schule irgendwie am Laufen halten, den Neubau schnell vorantreiben und diesen gleich groß genug für den künftigen Bedarf des Neubaugebietes Hafner auslegen. Dann könne man später die Geschwister-Scholl-Schule abreißen und das Gelände mit Wohnungen bebauen. Letztlich sagte Baubürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn zu, die Möglichkeit eines Neubaus und eventuelle Fördermöglichkeiten bis zur nächsten Gemeinderatssitzung einer Plausibilitätsprüfung zu unterziehen und auch eine Beschleunigung in Betracht zu ziehen. Er hält allerdings die Sanierung nach seinen Erfahrungen für günstiger als einen Neubau.
Thomas Stegmann, der Leiter des Hochbauamtes, steht einem Neubau und anschließendem Abriss des bisherigen Gebäudes kritisch gegenüber. Es sei schwer vermittelbar, dass man für den Hafner eine neue Schule benötige und gleichzeitig eine alte dem Erdboden gleich mache. Er erinnerte auch daran, dass die halb so große Gemeinschaftsschule ohne Außenanlagen und Inneneinrichtung allein schon 19 Millionen Euro gekostet habe, was die finanzielle Dimension eines Neubaus erahnen lässt. Er hatte das letzte Wort, und dem ist nichts hinzuzufügen: „Im Prinzip brauchen wir Geld!“
O. Pugliese
Informationen: http://alumni-gss.de/ und https://www.facebook.com/Alumni.GSS.Konstanz/
@Thomas Adam
Sehr geehrter Herr Adam, mit diesem Sie betreffenden Satz im obigen Artikel habe ich einfach Mist gebaut. Dafür entschuldige ich mich hiermit bei Ihnen und unseren LeserInnen, O. Pugliese
Hallo lieber Seemoz,
zunächst danke dafür, dass Ihr euch unserer Sache annehmt bzw. ein Interesse dafür zeigt. Ich sage „unsere“ Sache, weil ich seit 2000 Lehrerin an der GSS bin, und den stetig schlechter werden Zustand meiner Schule, für die mein Herz schlägt, miterleben muss(te).
Dass sich Herr Adam nicht früher für eine Sanierung der GSS stark gemacht hat liegt vielleicht schlicht daran, dass er erst seit April 2016 Schulleiter ist?! Frühere Schulleitungen haben meines Wissens nach mehr als deutlich über Jahre hinweg immer wieder auf die verschiedensten baulichen Mängel an der Schule hingewiesen. Kaum etwas substantielles ist passiert. Ich kann mich ansonsten eurem Urteil nur anschließen und hoffe, dass im Sinne der Schülerinnen und Schüler und uns Kolleginnen, und Kollegen, die wir unter diesen Rahmenbedingungen unser Bestes geben, die GSS endlich die Wertschätzung bekommt, die sie verdient.
Der aktuelle Schulleiter konnte nicht viel früher um Hilfe rufen: er ist erst seit einem knappen Jahr an der GSS. Im übrigen haben auch seine Vorgänger seit Jahren auf die Versäumnisse hingewiesen – wie auch auf die Notwendigkeit einer Erweiterung, die ja bekanntlicherweise seit 2010 in der Warteschleife steht. Im übrigen ist der Schulleiter in B.W. nicht für die Wartung und Sanierung des Gebäudes zuständig! Dies ist Aufgabe des Schulträgers – also der Stadt Konstanz.
Der Behindertenbeauftragte der Stadt Stephan Grumbt wies bei dieser Sitzung übrigens darauf hin, dass diese Schule keineswegs so barrierefrei sei, wie man gemeinhin denke. Die für eine Verbesserung der Barrierefreiheit vorgesehenen 24.000 Euro seien unzureichend und müssten mindestens verdoppelt werden.