Den Resten eine Chance
Das Verkehrschaos in Konstanz ist längst zu einem Stück Alltag geworden. Vor radikalen Schritten scheut man sich, denn die Gesetze des Marktes gelten hier immer noch mehr als die Bedürfnisse der Bevölkerung. Nun ein neuer Anlauf. Dazu in unserem Kuriositätenordner: Im Tägermoos werden Gemüse und Salat weiterhin mit besonderen Zutaten versehen und auch ein Hinweis auf den neuen Almanach darf nicht fehlen.
Kaum ist die oberbügelmeisterliche Idee einer Seilbahn durch Konstanz auf die hinteren Plätze gerutscht, kommt ein neuer Traumtänzer um die Ecke. Eine Firma aus Stockach-Espasingen verteilte jüngst ein Hochglanzprospekt, in dem die Vorzüge einer „Hochbahn für Konstanz“ in den höchsten Tönen angepriesen werden. Streckenlänge rund drei Kilometer, Start am Bahnhof, Endziel Bodenseeforum. Dazwischen hochgeständerte Ein- und Ausstiegsmöglichkeiten: Schnetztor, Lutherkirche, Niederburg (am Münster !), HTWG und dann hurtig auf einer noch zu errichtenden Brücke über den Seerhein ans Haus der unbegrenzten Möglichkeiten. Für die gesamte Strecke werden 12 Minuten Fahrtzeit berechnet, bis zu 1500 Personen sollen pro Stunde befördert werden können. Und man denkt sogar an eine mögliche Erweiterung Richtung Fürstenberg oder auch Kreuzlingen. Die Gesamtkosten für das Projekt belaufen sich auf etwa 13 Millionen Euro. Plus x. Ein echtes Schnäppchen also. Da wünschen wir doch gutes Gelingen. Wer mehr über die neue verkehrspolitische Wolkenschieberei erfahren möchte, wird hier fündig: www.design-und-mehr.de
Hundebesitzer beidseits der Grenzen atmen auf: Weiterhin dürfen ihre treuen Lebensbegleiter frei im Tägermoos laufen. Zwar hat der Tägerwiler Gemeinderat im vergangenen August eine Leinenpflicht beschlossen, und zwar im Gebiet der Konstanzer Straße bis zum Seerhein. Damit reagierte man auf die Beschwerden vieler Gemüsebauern, die darauf hinwiesen, dass frei laufende Hunde gerne und ausgiebig auf ihre Felder kacken, was die Herzen der Endverbraucher nicht wirklich erfreut. Dieser Beschluss trieb umgehend die Hundehalter auf die Barrikaden, sei doch das Tägermoos einer der wenigen Orte, an denen noch keine Leinenpflicht gelte. Es hagelte Proteste und vor allem in den (a)sozialen Medien wurde schweres Geschütz aufgefahren. Dabei hätte man wissen müssen, dass Hundebesitzer schnell die Lefzen hochziehen, wenn es um die grundgesetzlich garantierte Bewegungsfreiheit ihrer Vierbeiner geht. Der Tägerwiler Rat knickte kleinlaut ein und kassierte die Leinenpflicht. Allerdings wolle man den Ordnungsdienst zukünftig anweisen, „die Hundehaltung in diesem Gebiet sporadisch zu kontrollieren, zu verwarnen und bei Wiederholung (bspw. zugeschissener Feldsalat, Anm.d.Red.) Bussen zu verteilen“. Die Rede ist von „sanfteren Massnahmen“, wie die Kreuzlinger Zeitung zu berichten wusste. Grenzüberschreitend liest sich das so: „In Absprache mit Konstanz werden wir positive Schilder betreffend Hundehaltung aufstellen und die Robidog-Situation mit Konstanz prüfen“. Na dann: Leinen los.
Der neue Almanach 2018, bezeichnet auch als „Jahrbuch der Stadt Konstanz“, ist erschienen und ab sofort für 7,95 Euro im Buchhandel erhältlich. Ein kritischer Blick auf den Inhalt zeigt Schwächen, die den Almanach (Redaktion W. Kässer und W. Rügert) schon immer auszeichneten. Vor allem im ersten Viertel des Büchleins dürfen Amtsträger – Oberbürgermeister Burchardt, Bürgermeister Langensteiner-Schönborn und Kulturbürgermeister Andreas Osner – in qualvoller Länge über angebliche Erfolge ihres Tuns berichten. Das Handlungsprogramm Wohnen beispielsweise wird mit Goldstaub versehen, und bei vielen Beiträgen bekommt man den Eindruck, die Redaktion wagt es nicht, die bürgermeisterliche Lobhudelei journalistisch zu bearbeiten und in eine angemessene Form zu bringen. Da wurden wohl schon im Vorfeld Freibriefe für endlose Schwadronage ausgestellt. Positiv hingegen die beigesteuerten Texte von Tobias Engelsing, darunter einer, der Spannendes über die jüngere Geschichte der Prostitution in Konstanz zu erzählen hat. Qualität liefert auch Waltraud Liebl-Kopitzki mit ihrem Porträt über den Schriftsteller Manfred Bosch, oder Petra Qintini, die in ihrem starken Beitrag das Wirken des früheren Konstanzer Kinderarztes Gustav Meinrath und seiner Frau Thekla würdigt. Im krassen Gegensatz dazu zwei Texte von Carola Berszin – Frauengeschichten in Konstanz und ein Rückblick über die Pestepidemie von 1439. Da, das muss man leider sagen, geht es in jeder Hinsicht drunter und drüber. Die Redaktion hat auch hier offensichtlich ihre Arbeit völlig eingestellt und damit der Autorin und Anthropologin eher einen Bärendienst erwiesen.
H. Reile