Gießberg zwischen Wahlzirkus und Campus Festival

Im sogenannten progressiven Lager sorgten die Ergebnisse der Uni-Wahlen von Mitte letzter Woche sichtlich für Freude. Eine satte Mehrheit von 20 der 23 Sitze standen am Ende für Grüne (10), Jusos (6) und Linke (4) zu Buche. Alle drei Listen konnten kräftig zulegen – zu Lasten von RCDS (1) und Liberalen (2). Und auch die Urabstimmung über eine weitere Förderung des Campus Festivals durch die Studierendenvertretung wurde mit deutlicher Mehrheit entschieden. Doch wie groß ist nun die Einigkeit auf dem Gießberg?

Im Gegensatz zu vorigen Urnengängen, kam der Wahlkampf in diesem Jahr erst recht spät in Fahrt, gestritten wurde aber dafür aber umso mehr. Ab Anfang Juni war das Uni-Foyer überwiegend von den klassisch dezenten A4-Aushängen der Grünen mit Themen und Gesichtern sowie den größeren, bunteren und vermutlich auch deutlich teureren Plakaten der Jungsozialisten mit ihrem Spitzenpersonal ausstaffiert. Die in diesem Jahr als „Linke Solidarische Demokratinnen“ (LSD) angetretenen Linken setzte vor allem auf bunte Aufkleber, die sich alsbald auf grünen und roten Wahlplakaten wiederfanden. Von RCDS und Liberalen bis dahin keine Spur.

Wer kämpft eigentlich für was?

Für erfrischende Abwechslung sorgten ausnahmsweise mal die Themen der angetretenen Listen. Wurde bisher regelmäßig mit weniger kontroversen Dauerthemen, wie etwa der Abschaffung der Anwesenheitspflicht, vermehrter Aufzeichnung von Vorlesungen oder der Pflicht zu unsäglich ausführlichen ärztlichen Attesten beim Prüfungsrücktritt geworben, standen diesmal Uni-Biergarten und die als Uni-Zoo bekannte Lehrsammlung des Fachbereichs Biologie im Vordergrund. Der studentisch geführte Biergarten wusste sich vor lauter versprochenen Finanzhilfen nur durch einen Aushang zu retten, dass man sich von sämtlichen Wahlversprechen distanziere.

Auch die biologische Lehrsammlung, die mit ausgestopften und nicht ausgestopften Fischen, Insekten, Reptilien und Kleinstnagern zu den heimlichen Highlights der Universität Konstanz zählt, war am Ende weitaus weniger in ihrer Existenz bedroht, als das der Flyer der Jungsozialisten suggerierte. Aufklärung brachten hier die Grünen, die sich die Mühe machten, mal vor Ort nachzufragen. Ergebnis: Der Fachbereich lehnt einen Rückbau der Sammlung ab. Vorsorglich sprachen die Grünen sich aber auch umgehend für einen weiteren Erhalt des Uni-Zoos aus.

Programmatisch weitgehend einig waren sich zumindest die progressiven Listen in den wirklich wichtigen Fragen. Sowohl die Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer und das Zweitstudium als auch eine stärkere Einmischung der Studierendenschaft in die kommunale Politik wurden lediglich vom RCDS abgelehnt. Von den Liberalen weiterhin kein Mucks.

Die veränderte hochschulpolitische Landschaft

Die zum Teil massiven Sitzverschiebungen im Studierendenparlament lassen sich durch das veränderte Tableau der angetretenen Listen erklären. Jusos und Grüne schafften es, die Lücke zu füllen, welche die LHG hinterlassen hatte. Konnte die Liberale Hochschulgruppe sich im vergangenen Jahr noch über ein Rekordergebnis von fünf Sitzen freuen, implodierte sie Ende des vergangenen Jahres förmlich und erreichte mit wenigen KandidatInnen noch ganze zwei Sitze. Auch der Wechsel des liberalen Senators zu den Jungsozialisten stützt diese These. Mit im Gepäck hatte er zudem Forderungen seiner alten Hochschulgruppe, die von den Jusos bereitwillig übernommen wurden. Etwa jene nach einer Absenkung des Semesterbeitrags, den Studierende an die VS abgeben.

Den „Linken Solidarischen Demokratinnen“ gelang als Nachfolgerin der GOLL bei ihrer ersten Wahl mit vier Sitzen ein Achtungserfolg. Auch in den Senat konnten die Linken einziehen. Die tendenziell witzig gemeinte Liste für Langzeitstudenten (#8plus) schaffte es bei weitem nicht, die Lücke zu füllen, welche die nicht mehr angetretenen Grauen hinterlassen haben. Der RCDS verlor zwei seiner bisher drei Sitze vor allem aufgrund des unglücklichen Umstands, dass sein Wahlkampfauftakt terminlich mit dem ersten Wahltag zusammenfiel.

Das Campus Festival darf weiter machen

Parallel zu den Wahlen stimmten die Studierenden auch über eine dauerhafte Förderung des Campus Festivals ab. Wurde bisher jährlich über den Beitrag der Studierendenvertretung zu „ihrem“ Festival entschieden, votierten nun rund drei Viertel der Abstimmenden für eine jährliche Förderung von 40.000 Euro aus studentischen Geldern. Bereits im Vorfeld hatten die Veranstalter kräftig die Werbetrommel gerührt. Auch der AStA hatte zu einem breiten Votum aufgerufen. Offenbar mit Erfolg: Mit 17% lag die Wahlbeteiligung etwas höher als im vergangenen Jahr.

Bleibt zu hoffen, dass auch die momentan etwas dünn besetzte Studierendenvertretung davon profitieren kann. Denn der Kampf gegen Studiengebühren, sinnlose Landtagsanfragen von CDU und AfD an den AStA und für eine stärkere studentische Stimme in der Stadt geht mit diesem starken Wahlergebnis weiter.

dsc (Foto: dsc)

Die Ergebnisse

Studierendenparlament:
Jusos: 6 Sitze, 24,5% – LSD: 4 Sitze, 15,2% – GHG: 10 Sitze, 42,7% – LHG: 2 Sitze, 9,2% – RCDS: 1 Sitz, 6,4% – #8Plus: 0 Sitze, 2%

Senat:
Jusos: 1 Sitz, 26,8% – GesSoz: 0 Sitze, 8,1% – GHG: 2 Sitze, 45,5% – LSD: 1 Sitz, 19,6%

Urabstimmung Campus Festival:
Zustimmung: 75,6% – Ablehnung: 15,4% – Enthaltung: 8,6%
Das Quorum wurde mit 13,1% erreicht.