Gnadenfrist für den Katamaran?

Das Management von Stadtwerken und Katamaran-Reederei erhält eine letzte Chance: Im 2. Quartal 2011 sollen verlässliche Vorschläge erörtert werden, wie das Katamaran-Defizit abgebaut werden kann. Ansonsten wird über einen Ausstieg aus dem verlustreichen Turbo-Transfer über den Bodensee entschieden. Das beschloss der Konstanzer Gemeinderat in seiner Donnerstag-Sitzung. In der 150minütigen Debatte reichte das Meinungsspektrum von „Weiter so“ bis „Ausstieg sofort“. Die Abstimmung fiel dann quer durch alle Fraktionen auch knapp aus.

18 von 19 Tagesordnungspunkten handelte der Gemeinderat in seltener Einmütigkeit und ohne kontroverse Debatte in 50 Minuten ab. Allein der TOP „Katamaran“ (s. auch Seemoz v. 24.11.) aber erforderte eine zweieinhalbstündige Diskussion. Was auch daran lag, dass sich der eingeladene OB Brandt aus Friedrichshafen verspätete – sein Votum fiel gleichwohl eindeutig pro Katamaran aus: „Ein Ausstieg aus diesem Geschäft wäre ein falsches Signal“.

Die übrigen Diskussionsbeiträge waren gehaltvoller. Allen voran der Einstieg von Jürgen Faden, der für die Freien Wähler die Forderung „jedes Ausstiegsszenario ist billiger als die Weiterführung des Katamarans“ mit einer Reihe von Forderungen verband: Der Gemeinderat solle die Entscheidungsbefugnis über den Katamaran an sich ziehen (und nicht den Aufsichtsräten überlassen), Friedrichshafen müsse mitreden, bis zum März 2011 sollten alle Fakten auf den Tisch des Gemeinderates, um dann letztlich über Ausstieg oder Weiterbetrieb zu entscheiden.

Werner Allweiss, der von einer „ernüchternden Bilanz“ sprach, unterstützte diese Position namens einer Mehrheit der FGL-Fraktion. Er erinnerte an den Bürgerentscheid 2001, in dem sich 73 Prozent gegen den Katamaran ausgesprochen hatten, und monierte, dass „die vielen Versprechungen damals wie heute nicht erfüllt wurden“. Die Wirtschaftlichkeit sei 2001 infrage gestellt worden, und sie müsse heute infrage gestellt werden, so Allweiss. „400 000 Euro Defizit für ein fast ausschließlich touristisches Angebot allein für die Stadtwerke Konstanz pro Jahr ist einfach zu viel“. Er warb für die Alternative des Schnellbusses Konstanz-Friedrichshafen und forderte die Klärung der auch nach dem neuerlichen Gutachten noch offenen Fragen bis Frühjahr 2011: „Dann muss endgültig über den Ausstieg entschieden werden“.

Für die CDU führte Andreas Ellegast zahlreiche Einsparungsvorschläge auf: Er regte eine Fusion der Katamaran-Reedererei mit der Bodensee-Schifffahrt an, stellte die Besatzung mit zwei Kapitänen pro Schiff infrage, monierte die Katamaran-Baupläne, von denen man im Voraus wusste, dass sie bei Wellenhöhen über 1 Meter 50 nicht funktionieren würden, schlug mehr als nur zwei Anlegestellen vor und forderte eine Fahrplananbindung zum Flughafen Friedrichshafen. Für die SPD meinte Dr. Jürgen Ruff, dass es keinen Sinn mache, „durch eine Schließung des Schiffsbetriebs aus einem schlechten Geschäft ein noch schlechteres zu machen“. Er plädierte für eine neuerliche Planungsphase von zwei Jahren, um der Geschäftsführung mehr Zeit für neue Einsparungen zu geben.

Einzig Holger Reile von der Linken Liste (LLK) stimmte für einen kompromisslosen und sofortigen Ausstieg aus dem „Eurograb Katamaran“. Angesichts der fatalen Haushaltssituation sei ein solcher Schuldenberg von absehbar 15 Millionen Euro in 15 Jahren nicht hinnehmbar. Auch er kritisierte die „Hilflosigkeit des aktuellen Gutachtens“, warnte vor weiterer Lobhudelei und forderte einen raschen Ausstieg aus dem Katamaran- Geschäft, „wenngleich ein solcher Bruch nicht von heute auf morgen machbar ist“.

Einig waren sich alle Fraktionen in ihrer teils harschen Kritik am Management von Stadtwerken und Katamaran-Reederei. Nicht die einzige, aber die heftigste Kritik formulierte Jürgen Leipold (SPD): „Strengt Euch nach fünf Jahren endlich mal an“. Die anwesenden Geschäftsführer der Konstanzer Stadtwerke, Konrad Frommer und Kuno Werner, reagierten reichlich unbeholfen und versprachen letztlich nur, die Sparanregungen in ein neues Konzept aufzunehmen. Und der Reederei-Geschäftsführer Jörg Handreke fiel mit der sicher nicht Karriere fördernden Aussage auf, eine Kostendeckung für den Bodensee-Katamaran sei „grundsätzlich nicht möglich“.

Mit 20 zu 14 Stimmen stimmte der Gemeinderat nach quälender Debatte einem von OB Frank abgespeckten Antrag zu, der Reederei noch Zeit zu geben. Sie muss bis zum zweiten Quartal 2011 ein Konzept ausarbeiten, das die Mehrheit im Gemeinderat akzeptiert. Der Aufsichtsrat der Stadtwerke Konstanz, die 50 Prozent Anteil an der Reederei halten, werde sich dann damit befassen, versprach Horst Frank an. Anschließend werde das Konzept dem Gemeinderat vorgelegt.

Autor: hpk