Greenpeace Bodensee protestiert gegen umweltschädliches Billigfleisch
Eine Abfrage belegt: Das Frischfleisch der Supermärkte stammt weiterhin überwiegend aus schlechter, teils gar gesetzeswidriger Tierhaltung. Darüber informierte Greenpeace Bodensee in der letzten Woche in zahlreichen deutschen Städten, unter anderem in Konstanz. Das Fazit: VerbraucherInnen haben Tag für Tag die Wahl, zu wertvoller und auch für sie gesunder Nahrung zu greifen oder mit Fleisch aus dem Supermarkt die Fortsetzung unvorstellbaren Tierleides zu finanzieren.
Greenpeace hat große Supermarktketten in Deutschland befragt, unter welchen Umständen sie Fleisch produzieren lassen. Das Ergebnis war erschreckend: In den Regalen und in den Frischetheken wird zumeist das Fleisch gequälter Tiere verkauft.
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Zu diesem Thema eine Medienmitteilung von Greenpeace Bodensee:
Über die Folgen von Billigfleisch für Umwelt, Klima und Tiere und wie man Fleisch aus schlechter Tierhaltung erkennen kann, informierten Ende letzter Woche Aktive der Greenpeace-Gruppe Bodensee. Der Aktionstag gegen Billigfleisch fand gleichzeitig in mehr als 50 deutschen Städten statt. Anlass war eine jüngst veröffentlichte Supermarkt-Abfrage von Greenpeace zu den Frischfleisch-Eigenmarken der Supermarktketten Aldi Nord, Aldi Süd, Edeka, Kaufland, Lidl, Netto, Penny, Rewe und Real. Das Ergebnis: Rund 88 Prozent des Fleisches stammt von Schweinen, Rindern oder Hühnern, die unter qualvollen und häufig gesetzeswidrigen Bedingungen gehalten wurden – im Handel gekennzeichnet als Haltungsform 1 oder 2. „Es ist erschreckend, wie viel Tierleid nach wie vor im Sortiment der Supermärkte steckt“, sagt Natalie Neubauer, Landwirtschaftsexpertin von Greenpeace Bodensee. „Der Handel muss Fleisch aus klimaschädlicher und tierschutzwidriger Produktion endlich aus den Regalen nehmen.“
Eine der Infoaktionen fand vor der EDEKA Baur Filiale in der Bodanstraße in Konstanz statt. Wer sich für weniger Tierleid im Kühlregal einsetzen wollte, konnte am Greenpeace-Infostand eine Protestkarte an die Leitung seines Supermarktes ausfüllen. „Wir wollen den Supermärkten zeigen, dass ihre Billigfleisch-Politik auf Kritik in der eigenen Kundschaft stößt“, sagt Neubauer. Passantinnen und Passanten erhielten Informationen zur Haltungskennzeichnung und einen kleinen Ratgeber, der auf einen Blick zeigt, welches Siegel aus Greenpeace-Sicht aussagekräftig ist.
Der Handel hatte im April 2019 mit der Haltungsform 1-4 freiwillig eine einheitliche Kennzeichnung für die Frischfleischprodukte der Eigenmarken eingeführt. Greenpeace startete dazu im Oktober 2019 eine schriftliche Abfrage bei den großen Supermarktketten. Die Antworten zur Umsetzung der Kennzeichnung, zum Sortiment und zur Bereitschaft, Fleisch aus schlechter Tierhaltung auszulisten, flossen in ein Ranking. Alle Supermärkte schneiden dabei schlecht ab. Mit lediglich 179 von insgesamt 1.000 möglichen Punkten führt Kaufland das Feld an. Edeka, Netto und Real sind die Schlusslichter. Greenpeace-Ehrenamtliche in ganz Deutschland werden das Frischfleischsortiment der Supermärkte in den nächsten Wochen verstärkt unter die Lupe nehmen, um die Antworten des Handels mit dem tatsächlichen Angebot abzugleichen.
MM/red (Foto: Greenpeace Bodensee)
Es wäre ganz gut, wenn Sachkundige, einschließlich Greenpeace, einmal eine Marktübersicht erstellen. Wieviel Billigfleisch wird in Deutschland von Privathaushalten überhaupt gekauft? Wie hoch ist also der Anteil gemessen an der Produktion. Welche Mengen gehen in den Export oder in die Weiterverarbeitung bei Caterern, Großküchen und Lebensmittelindustrie, welche Mengen werden aus dieser Produktion in alle Welt exportiert? Wie sehen Kalulation und Einkaufspreise aus. Vielleicht gibt es ja Marktleiter die sich outen. Beispiel: der Einkaufspreis für Äpfel liegt bei 30 Cent pro Kilo, wie sieht der EK beim Fleisch aus. Auch wieviel wandert ab Werk, Vertrieb und Einzelhandel „in die Tonne“, erreicht Die Tafel oder endet als Tierfutter.
Ich glaube nämlich nicht, dass man Privathaushalte allein und vorrangig für das Problem verantwortlich machen kann. Wer hier Populismus schreit, den mag ich mal fragen, warum es in der Überzahl der Medien immer nur den privaten Endverbraucher trifft, oder ob es nicht vielleicht nur auf den Verkauf von Ablassbriefen durch Spenden wie bei Vielfliegern ankommt.
Sehr geehrter Herr Fürstenberg,
zunächst:
Ich spreche nur für mich, und nicht für andere.
Sodann:
Ich habe nur darauf hinweisen wollen, dass es legitim sein muss, auch über die (sozialen) Kosten von Tierschutz, Klimaschutz und Umweltschutz diskutuieren zu dürfen, ohne das andere Meinungen sofort als „populistisch“ (= „rechts“) verunglimpft werden.
Und ich habe darauf hingewiesen, dass Umwelt- und Tierschutz, so er denn nachhaltig in der Gesellschaft akzeptiert werden soll, AUCH die soziale Seite – sprich: die finanziellen Kosten! – berüchsichtigen muss.
Tierschutz oder Umweltschutz moralisch so zu überhöhen, dass er letztlich unangreifbar gemacht wird, für materielle Fragen und Argumente, ist aus meiner Sicht politisch unklug und seinerseits wiederum moralisch angreifbar. Warum?
Politisch unklug, weil nicht jeder diese „hypemoralische“ Position teilt und somit politisch dagegen sein dürfte.
Moralisch angreifbar, weil selbstverständlich (!) Tierschutz und Umweltschutz immer auch in einem moralischen Spannungsverhältnis zu anderen moralischen Forderungen und Ansprüchen stehen. Tierschutz ist aus meiner Sicht nicht absolut.
Daraus folgt auch, dass Politik, die Tierschutz und Umweltschutz ernst nimmt, IMMER auch den Schutz anderer moralischer Forderungen bedenken muss. Und einer dieser moralisch begründbaren Forderungen ist: Soziale Gerechtigkeit und die Ermöglichung der Teilhabe möglichst vieler Menschen am Wohlstand unserer Gesellschaft.
Daraus folgt: Wenn gefordert wird, dass Nahrungsmittel mehr kosten sollen, um Tierschutz sicher zu stellen, dann muss eine Antwort auf die Frage gegeben werden, wer die finanziellen Kosten dafür trägt.
Ich kann in dieser Argumentationskette nichts moralisch Verwerfliches erkennen.
Aber dass mögen andere anders sehen.
Und bevor gleich wieder Missverständnisse aufkommen:
Eines der wenigen moralischen Postulate, die ich als unhintergehbar ansehe ist: Die Würde des Menschen in unantastbar.
Und ein kleiner polemischer Nachsatz an eine andere Adresse: Die Aussage, wer keine Tiere mag, mag auch keine Menschen ist nicht zwingend richtig.
@Thomas Fürstenberg
Lesen Sie einfach nochmal nach, was da steht.
@Peer Mennecke
Eine Behauptung lautet, der Mensch wäre gut, „aber die Leut‘ sind ein Gesindel“. Da ist einiges dran. Eine weitere Binsenweisheit: Wer nach allen Seiten hin offen ist, kann nicht dicht sein.
Nun mag ich keine Klapperschlangen in meiner Nähe beispielsweise.
Sie können mich jagen mit „passionierten“ Autofahrern.
Wie zu erkennen ist, kann man sich es nicht so einfach machen.
@Peter & Peter: Verstehe ich es richtig, wenn ich ihre Argumentation zu Ende denke, dass sie es moralisch für vertretbar halten, bewusst geringe Standards bei Landwirtschaft und Tierschutz zu setzen, damit der Konsum ebendieser Produkte für alle weiterhin möglich bleibt?
Befeuern sie mit dieser Haltung nicht gerade eine Entwicklung hin zu Mindeststandards in vielen weiteren Bereichen, die sie berechtigterweise verhindern wollen?
Ok, es macht keinen Sinn. Heute ist wohl Petertag.
Aus Höflichkeit stelle ich das Kommentieren zu diesem Beitrag jetzt ein. Nur noch eins: Wer keine Tiere mag, der mag auch keine Menschen.
Wenn das Kilo Bio-Rindfleisch 30 bis 40 Euro kostet, dann kann sich dies nur eine Minderheit der Menschen leisten. Es ist die Minderheit, die ein hinreichend hohes Einkommen hat. Es ist selbstverständlich möglich, zu argumentieren, dass das sogenannte Tierwohl – das bei der Bio-Fleisch-Produktion womöglich als Nebemprodukt abfällt – wichtiger sein soll, als der Fleischkonsum der (Unter)Durchschnittverdiener. Man kann auch argumentieren, dass Flugreisen doppelt oder gar dreimal so teuer sein sollen, um das Klima zu schützen. Auch hier würden sich dann die (Unter)Durchschnittsverdiener eben keine Flugreise mehr leisten können. Für all dass kann man selbstverständlich argumentieren. Aber mit dem gleichen Recht, kann man auch dagegen argumentieren. Die Frage, wie Klimaschutz mit sozialer Gerechtigkeit verbunden werden kann – oder evtl. eben auch nicht verbunden werden kann! – sollten man durchaus stellen dürfen, ohne gleich in eine „populistische“ (soll wohl heißen „rechte“) Ecke gestellt zu werden. Wenn man diese Debatte nicht führen will, sollte man sich nicht wundern, wenn der eine oder die andere Tierwohl und Klimaschutz als das Luxusproblem der oberen Mittelklasse und ihrer Friday-for-Future-Kinder ansieht. Ohne eine Politik des sozialen Ausgleichs wird es keinen nachhaltigen Umweltschutz geben, der von der breite der Bevölkerung mitgetragen wird: Auch Umweltschutz muss man sich leisten können!
@ Peter Stribl: Selbstverständlich verstehe ich sowohl Ihre Intention wie auch die des Vorkommentators, jedoch weisen beide Argumentationsketten inhaltlich gewisse Logik- wie Toleranzprobleme, jedoch das gleiche Strickmuster auf, welches ich in der Tat absurd nennen würde.
Habe ich oder hat Greenpeace angedeutet, es Familien zu verdenken, nicht auf den Urlaub zu verzichten oder sparsam beim Einkauf zu verfahren? Es sind exakt diese Unterstellungen/ Anwürfe, die in die vermeintlich schlüssige Folgerung münden, dass Tierschützer ja doch nur satte und saturierte Besserverdiener sind, die im Prinzip eine Parallelgesellschaft bilden und das Thema Armut in Ermangelung „richtiger“ Empathie ausblenden. Interessant, aber sehr durchschaubar.
Im Übrigen lasse ich mich ungern darüber belehren, was Armut bedeutet, wo die Ursachen dafür liegen und wer in dieser Republik dies mit verursacht hat.
@Peer Mennecke: In der Diskussion erhebt sich schon die Frage, was früher da war, Billigfleisch oder Niedriglohn. Wer will es Familien verdenken, z.B. nicht auf den Urlaub zu verzichten und dementsprechend sparsam beim Einkauf zu verfahren?
Daß Peter Groß indirekt-abstrakt zur Gründung eines Menschenschutzvereins aufruft, ist nicht so absurd oder „populistisch“, wie es dargestellt wird. Menschen mit Perspektive bzw. ohne Existenzängste haben die Möglichkeit der ungezwungenen Entwicklung. Was auch die Betrachtung der Konsumgewohnheiten beinhaltet. Ohne materiellen Zwang läßt sich die Kurve zu gesunder Ernährung mit wenig oder sogar ohne Fleisch unter Gewissheit leichter kriegen.
Die Gewerkschaften, denen eigentlich ein hohes Maß an Verantwortung für einen großen Teil der angesprochenen Probleme zukommt, sind zu marginalen Vereinen zurechtgestutzt worden von Politik und Wirtschaft. Daß die Gesellschaft parallel, ja beinahe konträr dazu, derartige Aktionen gegen Billigfleisch gutheißt, ist im Gesamtbild gesehen durchaus kritikwürdig.
@ Peter Groß: Schon grenzwertig, wenn nicht gar populistisch, Greenpeace zu unterstellen, jedem fünften Kind in Deutschland das Fleisch auf dem Teller nicht zu gönnen und Billiglöhner zu mobben. Und Volksfeste zu einem Parameter für die Unverzichtbarkeit von Billigfleisch zu machen – nun ja.
Richtig und wichtig ist, die Billigfleischproduzenten, also Tierquäler, per einschlägiger Gesetze, entsprechender und permanenter Öffentlichkeitsarbeit (siehe Greenpeace u.v.a.) mittel- bis langfristig aus dem Markt zu drängen und Fleisch aus tiergerechter Haltung preislich attraktiver und irgendwann mal alternativlos zu machen.
Solange selbst Krankenkassen in ihren Blättchen Tipps zum „Wintergrillen“ geben, weiß man als denkender Bürger, dass das Bewusstsein vieler Menschen noch extremen Aufholbedarf hat und Aktionen wie die von Greenpeace bitter nötig sind.
Btw, Armut braucht kein Billigfleisch, sondern eine andere, gerechtere und menschenwürdigere Politik. Organisationen wie Greenpeace u.a. wissen das bereits und konzentrieren sich daher, ist ja auch Thema des Artikels, ums Tierwohl. Eigentlich ganz einfach.
Jedes fünfte Kind in Deutschland wächst in Armut auf. Wer sich die Niedriglöhne ansieht und einmal daran denkt, dass viele Menschen neben dem „Hauptjob“ mehrere Nebenjobs mit allen Nebenkosten stemmen müssen, darf sich Fragen wie es um die Menschenhaltung in der Republik steht.
Ob und welchen Sinn es macht bei fehlender Lebensmittelkontrolle die „Qualitätssiegelvielfalt“ jährlich zu erhöhen? Wieviel Fleisch aus dem Billigschlachthaus Deutschland wird zu Niedrigstkonditionen exportiert, nur wegen irgendwelcher Marktanteile. Wie viele Lebensmittelfälschungen sind in Umlauf und wie wird allein aus der Haltung besseres, Gesund genanntes Fleisch, wenn sich an der Fütterung nichts ändert.
Bei jedem Volksfest kann man sehen, dass jene Standbetreiber, die größten Gewinne machen, die ihre „Rote Wurscht“ zu Niedrigstpreisen einkaufen. Da kann jeder in seinem Verein fragen was mehr gilt. Die Vereinskasse füllen oder Qualitätsfleisch zu verarbeiten.
Was für eine Überheblichkeit bei Greenpeace und anderer Aktivisten verallgemeinernd Billiglöhner zu mobben ohne sich für einen gerechten Lohn, Energiekosten oder Mietendeckel zu engagieren.
Wer schaut Caterern in den Topf, die Massenweise Essensportionen für Altenheime, Schulen oder Krankenhäuser produzieren – mit Billigfleisch.
Ein Rückblick auf Wilke-Fleisch zeigt, dass nicht einmal Nobelmarken vor Gammelfleisch schützen. Billigfleisch wird immer einen Vertrieb finden und sei es im Drogeriemarkt. Schlecker war so ein Beispiel.
Ändern könnte sich erst etwas, wenn Landwirtschaftsminister*innen und ihr Gefolge nach ethischen Grundsätzen handeln. Ich bin bei Fleisch ausgestiegen und ärgere mich bei jedem Einkauf, dass für pflanzliche Produkte ungerechtfertigt hohe Preise verlangt werden.