Grobgünstiges Konstanzer Stadtgeflüster
Wird Claus Boldt Anthroposoph und baut alsbald bei Vollmond Dinkel-Maultaschen im Thurgau an? Möchte Baubürgermeister Kurt Werner das Pflaster am Münsterplatz durch eine Rasenfläche ersetzen und dafür externen Rat einholen? Stimmt es, dass mehrere Bürger nach der TV-Übertragung der Konstanzer Fasnacht ihr Gerät aus dem Fenster geworfen haben? Sollen Reiche noch reicher werden? War Norbert Henneberger in einem früheren Leben ein Pinguin? Und: Wieviel Nazi verträgt die Stadt? Fragen über Fragen. Aufklärung hier
Bei der letzten Gemeinderatssitzung am 31. Januar sollte auch über einen gemeinsamen Antrag von LLK, SPD und FGL diskutiert werden. Es ging um die Forderung: „ Der Gemeinderat der Stadt Konstanz unterstützt den Aufruf Vermögenssteuer jetzt! Und fordert, schnellstmöglich wieder eine Steuer auf große Vermögen in Deutschland einzuführen“. Bundesweit haben sich diesem Aufruf viele Kommunen angeschlossen. Seit rund 16 Jahren wird die Vermögenssteuer, die den Ländern zusteht, nicht mehr erhoben. Die Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise machen aber auch vor Konstanz nicht Halt und so gesehen wäre ein breite Debatte darüber sinnvoll gewesen. Doch der bürgerliche Block von CDU, FWG, FDP und UFG verweigerte sich der Diskussion und verließ teilweise demonstrativ den Sitzungssaal. Das Thema, so vor allem UFG-Hardliner Eberhard Roth, sei Wahlkampfgetöse und gehöre nicht in ein kommunales Parlament. Es war allein dem Fehlen mehrerer Räte des rechten Blocks zu verdanken, dass der Antrag mit knapper Mehrheit angenommen wurde. Oberbürgermeister Uli Burchardt enthielt sich der Stimme. Seiner Meinung nach sei die Antragsformulierung zu „undifferenziert“ gewesen.
Seit Wochen vergeht kaum ein Tag, an dem Baubürgermeister Kurt Werner nicht kräftig auf die Mütze bekommt. Ob Begegnungszone, Konzilvorfeld oder Münsterplatz – Werners Hosen rutschen Stück für Stück ein wenig tiefer. Sein einst halbwegs passabler Ruf als Architekt hat kräftig gelitten und quer durch alle Fraktionen sehnt man sich klammheimlich dem Zeitpunkt entgegen, an dem die Amtszeit des Bürgermeisters zu Ende geht. Das wird aber erst Mitte 2014 der Fall sein. Ein anderer Spezialist, Sozialbürgermeister Claus Boldt, ist in wenigen Monaten endgültig vom Eis. Für seine Nachfolge sollen sich bereits rund 50 KandidatInnen interessieren. Angeblich, so interne Informationen, bewirbt sich Boldt um eine führende Position bei einer anthroposophischen Einrichtung im Thurgau und hat bereits erste Tanzstunden in eurythmischer Unternehmensführung bei der vhs Konstanz belegt.
Gehörten Sie zu den wenigen Leidensfähigen, die der TV-Übertragung der Konstanzer Fasnacht aus dem Konzil beiwohnten? Wer es dabei bis zum Ende durchgehalten hat, ist entweder schon seit geraumer Zeit hirntot oder überzeugter Teilzeit-Masochist. Man konnte sich satte drei Stunden lang nur fremdschämen. Billigste Griechen-, Schwaben- oder Schweizerwitze auf Bildzeitungsniveau, dazu schmierige und zotige Einlassungen aus der Abteilung Brüderle: „Wir haben nicht nur Schnaken am Bodensee, sondern auch flotte Bienen“, oder sonstige anzügliche Spießerphantasien: „..seh ich den Arsch von meiner Frau..“. Ho Narro und auch Helau. Dabei hat die Konstanzer Lokalpolitik viele Vorgaben geliefert, die man hätte locker umsetzen können. Aber nichts davon, es war das blanke Elend und zwar fast durch die Bank. Es bleibt weiterhin ein Geheimnis, warum sich der SWR nächstes Jahr an diesem Frontalangriff auf den guten Geschmack erneut beteiligen will. Spätestens nach der aktuellen Ausstrahlung wären Schadensersatzansprüche von Seiten der Gebührenzahler angebracht.
Die Not muss groß sein beim Konstanzer Fischeknast Sea Life. Die Besucherzahlen im Guantanamo für Meeresbewohner sind angeblich rückläufig, also ist die ehrenamtliche PR-Stelle, die Südkurier-Lokalredaktion, gefordert. Die vergangenen Jahre hat diesen Job immer Josef Siebler übernommen. Da der aber mittlerweile zu den Stadtwerken wechselte, springt nun Philipp Zieger ein. Ein frisch geschlüpftes Pinguin-Baby hat noch keinen Namen und die Tageszeitung forderte unlängst ihre restlichen Leser auf, sich für das arme Geschöpf einen auszudenken. Doch irgendwie will die Aktion nicht so recht voran kommen, denn über passende Vorschläge ist bislang nichts bekannt. Unser Angebot: Angesichts der jahrelangen Verdienste des Kollegen Siebler sollte man die gequälte Kreatur einfach „Josef“ nennen. „Jupp“ ginge auch.
Norbert Henneberger, Vorsteher der Tourist Information, kommt allmählich unter verstärkten Beschuss. Denn wider aller Einwände hält er immer noch fest an seinen schrägen Ideen zum Konziljubiläum. Von seinen Hobbys zu Lasten der Steuerzahler: Nachbau einer Lädine, Garküche und mittelalterlicher Handwerkermarkt will der Mann einfach nicht lassen. Doch langsam formiert sich der Widerstand gegen Hennebergers Gesamtpaket, das er mit dem Etikett „Erlebbares Mittelalter“ versehen, seit rund zwei Jahren anbietet wie sauer Bier. Nachdem die Linke Liste von Anfang an die Projekte als untauglich bezeichnet hat, gibt es nun auch zunehmende Kritik von Seiten der SPD, FGL und UFG. Langsam dämmert auch anderen RätInnen, dass Hennebergers Jubiläumsvorschläge erstens teuer, zweitens verworren und drittens kaum brauchbar sind. Ob und wann sich diese Erkenntnis auch beim Verursacher des Dilemmas durchsetzt, bleibt abzuwarten.
Bald trifft sich die Konstanzer Straßenbenennungskommission zu ihrer nächsten Sitzung. Ganz oben auf der Tagesordnung dürfte eine Debatte um Franz Knapp stehen, nach dem eine Passage neben dem Rathaus benannt ist. Knapp, überzeugter NS-Erfüllungsgehilfe in der Konstanzer Stadtverwaltung, war zwischen 1946 und 1957 Oberbürgermeister der Stadt. Um bei einer Umbenennung der Passage nicht die Fehler zu machen, die bei der Umbenennung der von Emmichstraße die betroffenen BürgerInnen auf die Barrikaden brachte – sie fühlten sich übergangen und durch die Umbenennung mit Laufereien und unnötigen Kosten konfrontiert – hat seemoz nachgefragt, ob ähnliches im Falle Knapp zu befürchten wäre. Eher nein, ließ uns die Liegenschaftsabteilung wissen: „Nach dem Melderegister sind aktuell keine Personen unter der Anschrift Franz-Knapp-Passage gemeldet. Zudem ist zu dieser Bezeichnung bislang nur eine Hausnummer (Nr. 6) offiziell vergeben. Hierbei handelt es sich um eine Trafostation der Stadtwerke KN“. So gesehen steht einer Umbenennung der Passage rein gar nichts im Wege und wenn die Kommission die Causa Knapp diskutiert, könnte sie dem Altnazi auch umgehend die Ehrenbürgerwürde entziehen.
Autor: H.Reile
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