Stephansplatz 31: Gschmäckle um ein Gutachten?

Bis Ende März, also Ende dieser Woche, steht die Entscheidung an: Wird das denkmal-geschützte Haus Stephansplatz 31 in der Konstanzer Altstadt dann platt gemacht? Oder gibt es noch einen Einspruch der Stadt? Oder wenigstens rechtzeitig eine Fristverlängerung? Bei allen diesen Fragen, über die seemoz aktuell und mehrfach berichtete, spielt ein bislang nicht veröffentlichtes Gutachten eine Rolle. Und um dieses Gutachten rankt sich ein Gschmäckle 

Der Streit um das Haus Stephansplatz reicht zurück ins Jahr 2008. Da ließ der Besitzer, die katholische Kirchengemeinde Altstadt Konstanz, erstmals erkennen, was sie mit dem Altstadthaus vorhat: Abriss und Neubau. Die Stadt verweigerte – übrigens bis auf den heutigen Tag – die Abrissgenehmigung und verwies stattdessen auf den schützenswerten Denkmalcharakter des Hauses. Der Streit kam schließlich vor Gericht: Im November 2012 entschied das Verwaltungsgericht Freiburg, der Kirche könne der Erhalt des Hauses nicht zugemutet werden.

Das sei schlicht zu teuer, beschieden die Richter, räumten der Stadt aber eine Frist bis Ende März ein nachzuweisen, dass „eine Renovierung rentierlich sein“ könne. Überdies brummten sie der Stadt Vierfünftel der Gerichtskosten auf, was als Indiz für keine rosigen Aussichten in einem weiteren Verfahren gilt. Nicht erst seitdem versucht Frank Mienhardt, oberster Denkmalschützer der Stadt, Zuschüsse auch von anderswo für das Projekt loszueisen.

Verquickung von Beruf und Mandat?

Das Urteil vom 14.11. 2012 bezieht sich wesentlich auf ein Gutachten des Konstanzer Architekten Johann Hartwich. Der ist aber auch Mitglied der FDP-Gemeinderatsfraktion. Und er bringt seinen Sachverstand darüber hinaus in zahlreichen anderen Gremien ein – so ist er Mitglied im Technischen und Umweltausschuss (TUA), in dem letztens in nicht öffentlicher Sitzung über den Abriss des Hauses am Stephansplatz informiert wurde, er ist u.a. im Beirat für Architektur und Stadtgestaltung der Stadt Konstanz – Gestaltungsbeirat (GBR) – und er ist Aufsichtsratsmitglied der städtischen Wohnungsbaugesellschaft WOBAK, um nur die wichtigsten seiner Ämter, die Beruf und Politik tangieren, zu nennen. Hat das ein Gschmäckle, fragen sich angesichts des aktuellen Streits einige von Hartwichs Gemeinderatskollegen?

„Ganz und gar nicht“, bekundet Hartwich gegenüber seemoz. So habe er beispielsweise die fragliche TUA-Sitzung verlassen, als dieses Thema auf der Tagesordnung stand. Und außerdem sei sein schon vor zwei Jahren erstelltes Gutachten nur ein „Kostengutachten“ – über Art und Weise, wie die zweifellos kostbare Bausubstanz erhalten werden könne, sage das Gutachten nichts aus. Nur über die Kosten, und die liegen, wie man hört, bei 1,5 Millionen Euro. Doch das will Hartwich, weil es sich um ein schwebendes Verfahren handelt, nicht bestätigen. Ansonsten hofft er, „dass Kirche und Stadt sich auf einen Kompromiss einigen“.

Und Anzeichen dazu gibt es. So hat der Freiburger Anwalt der Konstanzer Gemeinde für die Stadträte eine Ortsbesichtigung im Haus am Stephansplatz angeboten; ein Vorschlag, den die Linke Liste Konstanz (LLK) bereits letzte Woche formuliert hatte.

Ein Gemeinderat ohne Freiberufler?

Auf die Frage der Verquickung von Beruf und Mandat angesprochen, wird Johann Hartwich allerdings geradezu ungehalten: „Dann dürften überhaupt keine Freiberufler im Gemeinderat sitzen, sondern nur noch Lehrer und andere Beamte. Man sollte froh sein, den Sachverstand von Freiberuflern im Gemeinderat nutzen zu können. Ich zumindest konnte meine fachlichen Kenntnisse schon häufig zum Nutzen der Stadt einbringen.“

Mittlerweile gibt es – und das ist eine neue Entwicklung in der Auseinandersetzung – Kaufangebote, unter anderem auch von einem stadtbekannten Architekten. Offensichtlich scheuen diese Interessenten die Kosten für eine denkmalschutzgerechte Sanierung nicht. Grund genug für den Bauträger, die katholische Kirchengemeinde Altstadt Konstanz, ihre Entscheidung nochmals gründlich zu überdenken. Sie hätte dann viele Konstanzer, nicht nur Johann Hartwich, auf ihrer Seite.

Autor: hpk

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