GVV-Verfahren eingestellt. Wohnungsbau auch?
Die Staatsanwaltschaft hat erwartungsgemäß in Sachen GVV kein Strafverfahren eröffnet. Eine Beschwerde bei der Generalstaatsanwaltschaft erscheint sinnlos. Was aber nirgendwo erwähnt wird, sind die tatsächlichen Ursachen für die Pleite (siehe Bundesanzeiger.de per 31.12.2014).
Nach dem tragischen Tod des Geschäftsführers Roland Grundler, der jahrelang als kluger Stratege gefeiert wurde (siehe SK vom 18.10.2000: „Die Tochter der Stadt wird zur glänzenden Partie“) und nun der Sündenbock sein soll, sollte durch das Gutachten die Unschuld des jetzigen OB Bernd Häusler und und seines Vor-Vorgängers Andreas Renner an der GVV-Pleite nachgewiesen werden. Allzu durchsichtig. Der eine war als Finanzbürgermeister zumindest indirekt involviert und der andere hat nachweislich das Hegautower-Projekt auf den Weg gebracht.
Welche Schlussfolgerungen können aus der Einstellung des Verfahrens gezogen werden?
Es hat am politischen Willen der neuen Rathausspitze gefehlt, die GVV zu retten. Über 55 Mio. aus dem Verkauf der Grundstücke (auch Kunsthalle) und die Schadenersatzklage des Insolvenz-Verwalters gegen die Hausbank wegen der Derivatgeschäfte beweisen, dass die Untätigkeit der neuen Stadtspitze falsch war. Die Kosten des Gutachtens mit über 1 Mio wären besser statt in die Taschen der Gutachter als Darlehen an die GVV gegangen: Es gab eine reale Chance, sie zu retten – nur der Wille hat gefehlt.
Das Sanierungskonzept der GVV sah eine geordnete Weiterführung des Unternehmens als Wohnungsbaugesellschaft vor, die endlich den sozialen Bedürfnissen der Stadt und ihrer Bürger gerecht wird. Diese Verpflichtung der Stadt Singen wurde nun mit der Pleite endgültig beerdigt.
CDU-Stadträtin Veronika Netzhammer und OB Häusler haben Recht, dass sich die Stadt künftig gefälligst aus Bodenspekulation und Bauträgergeschäften heraushalten sollte. Schlichtweg falsch und geradezu zynisch wird es, wenn dies mit der Forderung verbunden wird, nie wieder im Bereich soziales Bauen aktiv zu werden. Anstatt ständig auf die Ausweitung der eigenen Einzelhandelsflächen zu schielen, wäre es viel hilfreicher zu lernen, wie das Konstanz mit der Wobak oder Worblingen mit seiner KEG mit „sozialem Bauen“ machen.
Daran ändern die neuen Bauprojekte in Singen auch nichts, die in erster Linie die Bodenspekulation mittels teurer Eigentumswohnungsanlagen befeuern. Wieso wird eigentlich der Verkaufserlös des Schnaidholzplatzes nicht in den sozialen Wohnungsbau investiert? Business as usual eben
Peter Mannherz
Es war weder die Strategie des verstorbenen Geschäftsführers noch die Strategie der Wirtschaftsprüfer, notwendige Abschreibungen wegen Werteverlusten in Höhe von insgesamt rund 26 Millionen Euro in 2013 und 2014 nicht vorzunehmen bzw. durch die Wirtschaftsprüfer aus Stuttgart nicht vornehmen zu lassen.
Dieser Abschreibungsbedarf, der somit zu einem sog. negativen Eigenkapital über zirka 6 Mio. Euro und zwangsläufiger Insolvenz bei der GVV GmbH wegen bilanzieller Überschuldung geführt hat, im Wesentlichen wg Minderwerte bei Grundstücken und Gebäuden und Zinsverlusten. hätte durch die Entscheidungsgremien Gesellschafterversammlung (= Gesamtheit der Singener Gemeinderäte) und durch den Aufsichtsrat der GVV den Wirtschaftsprüfern in den Vorjahren mitgeteilt werden müssen und wäre von diesen dann auch entsprechend in den Jahresabschlüssen (vermutlich schon 2012) entsprechend berücksichtigt worden. Auftraggeber der Wirtschaftsprüfer war entweder der Aufsichtsrat oder die Gesellschafterversammlung der GVV GmbH.
Woher sollen Wirtschaftsprüfer aus Stuttgart wissen, wie es um die Werthaltigkeit von z.B. Grundstücken und dem Hegau-Tower in Singen bestellt ist?
Für diese Versäumnisse seitens der Gemeinderäte und der Aufsichtsräte kann man die Wirtschaftsprüfer weder juristisch noch sachlich noch moralisch verantwortlich machen. Meiner Ansicht nach bei einer kommunalen GmbH auch nicht den Gechäftsführer, der wohl kaum etwas anderes machen wird, als von Aufsichtsrat und Gemeinderäten beauftragt.
Nach meiner Erinnerung hat OB Häussler eine sinngemäße Aussage in diese Richtung gemacht.
Danke für die ergänzenden Bemerkungen. Die Namen der Akteure sind austauschbar, die Ergebnisse nicht: Insolvenzrechtlich haben die Gläubiger der GVV keinen Schaden, da die Erlöse aus dem Verkauf aller Grundstücke an die OSWA-Gruppe ausreichen dürfte alle Schulden der GVV zu bezahlen. Daran ändern die Verluste der GVV aus anderen Bauprojekten, wie z.B. dem Hegautower gar nichts. Wie zu hören war ist dem Wirtschaftsprüfer vorzuwerfen, dass er die Strategie des verstorbenen Geschäftsführers der GVV gedeckt diese Verlustsituation durch einen höheren Bilanzausweis entsprechender Bilanzpositionen zu kaschieren. Das konnte vermutlich schon alleine deshalb nicht strafbar sein, da die Verkaufserlöse im PAKET hoch genug waren. Der Verlust des gesamten sonstigen Vermögens der GVV, Dutzende Millionen Euro gehen auf die Kappe der letzten 3 OB´s in Singen. Der erste hat es angerührt, der Zweite aufgeschlagen und der Dritte wollte die Suppe nicht auslöffeln. Wie das bei Suppen aber so ist waren noch äußerst werthaltige Schwebstoffe (mindestens 55 Mio Euro) in der Suppe. Den Schaden haben jetzt Singens Bürger. Alle Sozialwohnungen der GVV sind weg und neue will OB Häusler und die CDU in neoliberaler Eintracht mit allen Rathausparteien nicht mehr bauen. Dafür wird weiterhin das Tafelsilber verscheppert. Der Erlös des Sportplatzes auf dem Schnaidholz verschwindet im städtischen Haushalt.
Die Beschwerde bei der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe wäre dann nicht sinnlos, wenn es dem OB Herrn Häussler wirklich um die gerichtliche Aufarbeitung des ganzen Komplexes ginge und nicht nur darum, die Schuld für das GVV-Desaster den Wirtschaftsprüfern in die Schuhe zu schieben, garniert mit weiterer Schuldzuweisung an den verstorbenen Herrn Grundler sowie den Ex-OB Herrn Ehret, wobei letzterer als OB und Aufsichtsratsvorsitzender der GVV GmbH sicher einen Gutteil der Verantwortung zu tragen hat.
Nachdem die Staatsanwaltschaft Konstanz das Verfahren eingestellt und die Stadt Singen laut Pressebericht (=Südkurier) Beschwerde gegen die Einstellung des Verfahren erhebt, gibt es zwei Möglichkeiten.
Entweder die Generalstaatsanwaltschaft gibt der Beschwerde der Stadt statt, dann würde die strafrechtliche Aufarbeitung weitergehen bzw. erst beginnen, oder sie weist die Beschwerde ab. Falls sie die Beschwerde abweist, wird die Stadt Singen darauf hingewiesen, dass sie gegen diesen Bescheid beim OLG Karlsruhe (Strafsenat) Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen kann.
Allerdings ist es meiner Ansicht nach dann so, dass das OLG nur auf die entsprechenden Klaganträge der Stadt eingehen würde, und da scheint es sich nur eben darum zu handeln, dass Herr Häussler
lediglich die Schuld der Wirtschaftsprüfer festgestellt haben will.
Klar doch, in Abwandlung eines Ausspruch von Goethe „Die Gegenwart ist eine mächtige Göttin“ könnte man sagen, „die gegenwärtig zuständigen Lokalpolitiker sind, unterstützt durch die Geldmittel/durch das Vermögen der Bürger/innen der Stadt Singen, unantastbar mächtig“.