Hardliner setzen sich durch: Chefarzt gefeuert

Irgendwo zwischen Standgericht und Schlammschlacht ist die letzte Sitzung des Konstanzer Gemeinderats wohl ein zuordnen. Einziger Tagesordnungspunkt: Chefarzt Prof. G. Müller-Esch soll gefeuert werden. Das gelang den Hardlinern. Doch Demonstranten blieben vor der Tür, die hochheilige Nichtöffentlichkeit wurde torpediert und die Folgen sind unabsehbar: Zahlen muss einmal mehr der Bürger. Also alle Konstanzer.

Pfleger und Ärzte, Krankenschwestern und Personalrats-Mitglieder, insgesamt fast 100 Demonstranten wollten zur Gemeinderatssitzung, in der es um die Entlassung des beliebten Klinikum-Chefarztes Müller-Esch ging (s. seemoz v. 27.4.). Doch übel gelaunte, wohl entsprechend instruierte Stadt-Bedienstete verwehrten den Zugang zum Ratssaal: Die Sitzung war schließlich eines einsamen Oberbürgermeister-Beschlusses zufolge ’nicht-öffentlich‘ – die Demonstranten wurden in den Hof verbannt, der Gemeinderat mauerte sich ein. Die Erkenntnis von der landauf, landab geforderten Bürgerbeteiligung ist in der Konstanzer Kanzleistraße offensichtlich nicht recht verstanden worden.

20 Minuten nach Beginn der Ratssitzung dann nach Protesten aus dem Gemeinderat so etwas wie ein Kompromiss: Die Personalrats-Mitglieder Elisabeth Keller und Volker Kurzweg wurden vor den Rat geladen. In gerade mal 30 Minuten der immerhin fünfstündigen Sitzung durften sie untertänigst die Meinung der Beschäftigten erläutern: Man darf das getrost als Alibi-Veranstaltung werten. Denn die vermeintliche Nicht-Öffentlichkeit wurde von den Verwaltungsspitzen andererseits bewusst durchlöchert: Mit dem Münchener Anwalt der Stadt und dem Nachfolger von Müller-Esch kamen Kronzeugen zu Wort, die in einer nicht-öffentlichen Sitzung nichts zu suchen haben. Dank des OB-Diktums und der Schlafmützigkeit des Gemeinderats. Der betroffene Prof. G. Müller-Esch übrigens war nicht eingeladen.

Das Votum fiel dann Regie entsprechend aus: Mit immerhin knapper Mehrheit (zählt man die Enthaltungen und Gegenstimmen zusammen) wurde der Entlassung des unbequemen, weil kritischen Chefarztes zugestimmt. Doch damit ist der Fall nicht ausgestanden: Sollten die zügig vorgesehenen Verhandlungen um einen Aufhebungsvertrag mit dann kräftiger Abfindung scheitern, steht ein Arbeitsgerichtsverfahren vor der Tür. Dann würde nach Benennung beidseitiger Zeugen nicht nur kräftig schmutzige Wäsche gewaschen, sondern auch finanziell kräftig zugelangt. Aber keine Sorge: Die Verantwortlichen würden ohnehin nicht zur Kasse gebeten. Das wären dann wir, die Steuerzahler.

Vielleicht hat ja der demonstrierende Oberarzt nur allzu Recht, der während der Rathaus-Demonstration vorschlug, die Stadtverwaltung als Preisträger für den kommenden Maultaschenpreis zu nominieren: Eine bundesweite, allerdings hämische Öffentlichkeit wäre Bürgermeister Boldt damit sicher. Maultaschen-Peinlichkeit Teil zwei.

Autor: Hans-Peter Koch

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Entmachtung eines Chefarztes – auf Raten?