Heckler und Koch: Bauernopfer wollen ihre Unschuld zurück

Im Streit um die fristlose Kündigung zweier Mitarbeiter von Heckler & Koch hat es vor dem Arbeitsgericht gestern keine Entscheidung gegeben. Beide Parteien wollen nun noch einmal über eine einvernehmliche Lösung reden. Sonst wird Mitte Januar ein Urteil verkündet. Die beiden Ex-Beschäftigten werden für einen verbotenen Waffendeal verantwortlich gemacht

Für Jürgen Grässlin sind sie ohnehin nur Bauernopfer. Der Freiburger Friedensaktivist, auf dessen Anzeige das Verfahren erst ins Rollen kam, wirft dem Waffenhersteller aus Oberndorf seit Jahren vor, Handfeuerwaffen illegal in mexikanische Unruheprovinzen geliefert zu haben. Nach langem Zögern gaben das die Oberndorfer Bosse auch zu, beschuldigten aber die fristlos Entlassenen, eigenmächtig gehandelt zu haben.

Die heutige, zweieinhalbstündige Verhandlung vor dem Arbeitsgericht in Villingen-Schwenningen (Schwarzwald-Baar-Kreis) lässt Zweifel an dieser Version aufkommen. So zitierte der Vorsitzende Richter aus E-Mails und Vernehmungsprotokollen, die auch die obere Führungsetage belasten – insbesondere den damaligen Geschäftsführer – pikanterweise einen ehemaligen Richter aus Villingen-Schwenningen, der nach seiner Pensionierung in der Chefetage von Heckler und Koch anheuerte, nach Bekanntwerden der aktuellen Vorwürfe aber seinen Hut nahm.

Nachdem eine gütliche Einigung im Vorfeld gescheitert war, wollen beide Seiten nun doch noch einmal miteinander reden. Sollte es keine einvernehmliche Einigung geben, wird Mitte Januar ein Urteil verkündet. Dem ehemaligen Vertriebsbereichsleiter und der Sachbearbeiterin war vor einem halben Jahr fristlos gekündigt worden.

Seit vielen Jahren steht der Rüstungskonzern im Visier der Staatsanwaltschaft Stuttgart. Es geht um Verstöße gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz und um Bestechungsversuche. Mehrere Razzien auf dem Betriebsgelände von Heckler & Koch in Oberndorf hat es gegeben. Rüstungsgegner werfen dem Unternehmen schon lange vor, Waffenembargos zu missachten und auch menschenrechtsverachtende Regime zu beliefern. Heckler & Koch bestreitet das weiterhin.

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart geht davon aus, dass der Rüstungskonzern die Waffen trotz aller Verbote direkt in die Provinzen geliefert hat. Monatelang hat Heckler & Koch diese Vorwürfe vehement dementiert. Doch dann wurden Ende April 2013 plötzlich die beiden Mitarbeiter entlassen, und am Schwarzen Brett in der Firmenzentrale wurde Medienberichten zufolge eine Erklärung veröffentlicht, wonach die beiden Mitarbeiter die Waffenlieferungen veranlasst haben sollen. Die Mitarbeiter seien eigenmächtig „ohne Wissen und Wollen anderer Personen im Unternehmen“ vorgegangen. Heckler & Koch will bis heute weder bestätigen noch dementieren, dass es diesen Aushang gegeben hat.

Als Grund für den Rausschmiss der beiden Mitarbeiter hat Heckler & Koch angegeben, dass beide unrichtige Erklärungen über den Verbleib von Waffen in Mexiko an das Wirtschaftsministerium geschickt hätten.

Der Rüstungskonzern Heckler & Koch ist einer der bedeutendsten Waffenlieferanten in der westlichen Welt. Zu den Hauptkunden zählen die Bundeswehr und die deutsche Polizei. Auch die Streitkräfte aus zahlreichen Nato-Staaten beziehen ihre Waffen aus dem Schwarzwald.

Autor: hpk (mit Material von dpa und swr)

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