Heiße Monate in der Chérisy

20111117-000717.jpgNiemand hat etwas gegen neue Studentenwohnungen – die sind in Konstanz bitter nötig. Aber bitte ohne Mogelpackung und mit vernünftiger Verkehrsplanung. Das war die Forderung von gut 150 Chérisy-Bewohnern, die auf einer ersten „Nachbarschaftsanhörung“ gegen die Überbauung ihres Quartiers wetterten. Doch von den viel gerühmten Experten kamen nur enttäuschende Antworten. Fest steht damit: Die nächsten Monate werden heiße Monate in der Chérisy

Der Vorführraum im Kulturladen war überfüllt: Mehr als 150 Chérisianer – Alte und Junge, Mütter und Studenten, Alteingesessene und Gewerbetreibende – wollten von Investoren, Architekten und Stadtplanern über das „Studenten-Zentrum Chérisy“ informiert werden. 242 Studentenwohnungen wollen zwei Investoren in zwei Häusern auf der grünen Wiese in der Chérisy errichten; im Oktober 2012 soll Baubeginn sein, im September 2013 die ersten Studenten einziehen. Doch wie auch diese erste „Nachbarschaftsanhörung“ zeigte, müssen wohl noch etliche Hindernisse beseitigt und etliche Diskussionen geführt werden, bis solche Pläne verwirklicht werden können.

Erste Enttäuschung für die 150 Zuhörer: Nur ein Investor, Sascha Wengert aus Gottmadingen mit seinem Gesellschafter, dem Konstanzer Walter Finthammer und dem siegreichen Architekten Nicolas Schwager aus Konstanz, war zur Präsentation angetreten – der zweite Investor für das größere Haus, ein Herr Löffler aus Irgendwo, fehlte unentschuldigt.

In ihrer ungewollt komischen Vorstellung von vier Architekten-Entwürfen konnten Architekt Schwager und Stadtplanerin Bettina Nocke nicht so recht erklären, wie ein achtstöckiger Neubau mit 102 Wohneinheiten, einer Tiefgarage und einer 700qm großen Gewerbefläche sich in das gewachsene Quartier einfügen soll. Und die Fragen prasselten auf sie und Roland Jerusalem, Leiter des Konstanzer Amtes für Stadtplanung und Umwelt, ein.

Warum soll in dem Neubau eine Gewerbefläche eingefügt werden? Antwort Jerusalem: Die Baugesetze schreiben ein Mischgebiet vor, außerdem sei das im Bebauungsplan von 1994 so fest geschrieben. Warum plant man Zwei- und Mehrzimmer-Wohnungen? Antwort Finthammer: Das wollen Studenten heutzutage, wie Umfragen ergeben haben. Der Argwohn unter den 150 Diskutanten blieb: Sollen nicht eher in fünf, sechs Jahren, wenn die Zahl der Studierenden zurück geht, aus den Studentenbuden schicke Eigentumswohnungen werden?

Architekt Finthammer versuchte noch, die vermeintlich grün angehauchten Zuhörer zu ködern, indem er eine autarke Energieversorgung versprach. Doch das kümmerte die Chérisianer nicht – ihnen ging es um die „Zerstörung ihres Lebensraums“, wie Rudy Haenel, Sprecher der Initiative „Schöne Chérisy“ sagte – eine Wiese und ein Bolzplatz sollen überbaut, zahlreiche Bäume gefällt werden. Und Dieter Bellmann, Geschäftsführer von „Neue Arbeit“, erinnerte daran, dass seit Jahren zugesagte Landeszuschüsse zur Sanierung der schon vorhandenen Studentenwohnungen in der Chérisy ausbleiben: „Was sollen wir denn noch glauben?“

Doch die größte Sorge der Chérisy-Bewohner ist das Verkehrsproblem. Wohin mit den zusätzlichen Autos? Wo sollen noch Parkplätze entstehen? Wie werden Kinder und Radfahrer geschützt? Und auch da gab es eine Enttäuschung. Trotz zahlreicher Anmahnungen liegt ein solches Konzept noch nicht vor – ein Gutachten soll erst noch in Auftrag gegeben werden. Und Rudy Haenel drückte die Meinung aller Zuhörer aus, als er sagte: „Wenn das ein vernünftiges Gutachten wird, können Sie ihre Bauprojekte vergessen“.

Autor: hpk

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