Herz-Klinik-Skandal erreicht den Gemeinderat

In der morgigen Sitzung des Konstanzer Gemeinderates zeichnet sich eine Kontroverse um die Herz-Klinik ab: Die Linke Liste Konstanz (LLK) will, so erklärte sie in einer Pressemitteilung gestern, mehrheitlich eine „Entschließung des Gemeinderates der Stadt Konstanz zur Herzklinik“ nicht mittragen. Denn die versuche, „die eigentlichen Verursacher für das Dilemma aus der Schusslinie zu nehmen und ihnen einen Persilschein auszustellen“

Tatsächlich begnügt sich die von Stadtrat Eberhard Roth (UFG) vorformulierte Entschließung mit einer Lobpreisung der medizinischen Leistungen und einer unterschwelligen Kritik an den Medien. Mit dieser Stoßrichtung weist sie erstaunliche Parallelen zu einer bereits vor mehr als 10 Tagen kolportierten CDU-Presserklärung auf. In der ihm eigenen Formulierungskunst erklärt da der Vorsitzende Matthias Heider;  „…daher hoffen wir sehr, dass sowohl die Medien, als auch das Ministerium und die Krankenkassen wieder die nötige Sorgfalt und den Blick für das Ganze zurückgewinnen, um sich nicht den Vorwurf eines Mitverschuldens an bisher kaum absehbaren Folgewirkungen zuzuziehen.“

Solche wohlfeile Medienkritik nach dem Nestbeschmutzer-Prinzip taucht immer dann auf  (erinnert sei nur an die jüngsten Vorfälle wie die Müller-Esch-Affäre oder die Helmle-Diskussion), wenn von den tatsächlich Verantwortlichen abgelenkt werden soll und wenn die Drahtzieher im Dunkeln bleiben wollen. Nur – das dürfte bei dem fast schon europaweiten Echo, das der Herz-Klinik-Skandal mittlerweile erlangt hat, kaum gelingen. Dennoch wird wohl eine Gemeinderatsmehrheit dieser Resolution zustimmen – außer der LLK zeigen nur wenige FGL-Mitglieder bislang Neigung, sich dieser Huldigungs-Adresse zu verweigern.

Im Anschluss veröffentlichen wir den Roth-Entwurf einer Gemeinderatsentschließung sowie die LLK-Presseerklärung jeweils im Wortlaut:

Entschließung des Gemeinderates der Stadt Konstanz zur Herzklinik

Die Herzklinik in Konstanz hat auf Grund jahrelanger exzellenter Leistungen in der Gesundheitsversorgung unserer Bevölkerung bei Patienten und Ärzten einen ausgezeichneten medizinischen Ruf.

Daher sehen wir mit großer Sorge, dass der gute Ruf dieser Klinik gegenwärtig durch Vorwürfe, die das Management der Klinik betreffen und die staatsanwaltschaftliche Ermittlungen ausgelöst sowie eine breite Berichterstattung in der Presse zur Folge hatten, bedroht ist.

Die beste Art, diese drohende Rufschädigung abzuwehren, ist eine schnelle, rückhaltlose und transparente Aufklärung der Vorwürfe. Der Gemeinderat der Stadt Konstanz fordert die Ermittlungsbehörden auf, hier so schnell wie möglich Klarheit zu schaffen. Bis zum Ende der Ermittlungen sollten sich alle Seiten mit Wertungen und Vorverurteilungen zurückhalten. Vertrauen ist schnell, insbesondere bei Kliniken, auch durch nicht bewiesene Vorwürfe zerstört und dann nur schwer wieder herzustellen.

Der Gemeinderat der Stadt Konstanz sieht in der weiteren Existenz der Herzklinik mit ihrem gegenwärtigen Diagnose- und Behandlungsspektrum unabhängig von der Eigentümerstruktur einen unverzichtbaren Bestandteil in der Gesundheitsversorgung unserer Bevölkerung. Der Gemeinderat sagt der Bevölkerung unserer Stadt und den Beschäftigten der Herzklinik  zu, sich mit aller Kraft für den Erhalt einer Herzklinik in Konstanz einzusetzen.

Charlotte Biskup, Fraktionsvorsitzende FGL; Roger Tscheulin, Fraktionsvorsitzender CDU; Jürgen Puchta, Fraktionsvorsitzender SPD; Dr. Ewald Weisschedel, Fraktionsvorsitzender FWK; Dr. Heinrich Everke, Fraktionsvorsitzender FDP; Prof. Dr. Eberhard Roth, Fraktionsvorsitzender UFG

Herzklinik: Linke Liste trägt die Resolution nicht mit 

Seit Monaten steht die Herzklinik in der Kritik und im Mittelpunkt des medialen Interesses in Deutschland und der Schweiz. Dass darunter auch die MitarbeiterInnen der Konstanzer Niederlassung leiden, ist höchst bedauerlich. Ihnen gilt selbstverständlich unsere Solidarität.

Dennoch werden wir die Resolution, die kommenden Donnerstag im Gemeinderat verabschiedet werden soll – initiiert von allen anderen Fraktionen – nicht mittragen. Und zwar aus folgenden Gründen: Die erwiesenen Verfehlungen und dubiosen Praktiken der Klinik-Geschäftsleitung werden mit keinem Wort erwähnt. Stattdessen schließt sich die geplante Resolution den Aussagen der Klinikverantwortlichen an, die von einer „Instrumentalisierung einiger Medien“ und „Imageschädigung“ sprechen. Somit wird versucht, die eigentlichen Verursacher für das Dilemma aus der Schusslinie zu nehmen und ihnen einen Persilschein auszustellen. Ehrlicher Rückhalt für die Beschäftigten sieht anders aus.

Zudem ist in dem uns vorliegenden Papier von einer „drohenden Rufschädigung“ und von „Vorverurteilungen“ und „nicht bewiesenen Vorwürfen“ die Rede. Auf subtile Weise soll mit der Resolution der Eindruck erweckt werden, unseriöse Presse-Berichterstattung habe dazu geführt, die Klinik in die Negativschlagzeilen zu bringen. Eine Verdrehung der Tatsachen, die eher an einen billigen Taschenspielertrick erinnert. Unserer Meinung nach sollte man den Medien dankbar sein, dass sie ihr Wächteramt ernst nehmen und sich nicht einschüchtern lassen.

Die Linke Liste hofft, dass die Ermittlungen gegen die Herzklinik zügig voran gehen und es zu einer rückhaltlosen Aufklärung kommt. Wir befürchten allerdings, dass wir derzeit bestenfalls die Spitze des Eisbergs sehen. Eines zeigen die Vorfälle aber auch ganz deutlich: Gesundheit wird immer mehr zur Ware, die einigen wenigen satte Profite bringt und sich keineswegs am Allgemeinwohl orientiert.

Holger Reile
Linke Liste Konstanz