Herzklinik: Wie aus Stents wahre Goldbarren werden

Stents? Das sind Gefäßstützen, Implantate also, die in der Herz-Chirurgie verwendet werden (s. Foto). Aber sie können zu wahren Goldbarren werden, wenn sie nur richtig ein- und verkauft werden. seemoz hat sich auf Spurensuche begeben und Erstaunliches gefunden. Aber am Ende der Suche sind wir wieder in Konstanz und Kreuzlingen gelandet – bei den Herzkliniken, über die bereits der SPIEGEL schreibt und die Stuttgarter Regierung schimpft: Protokoll einer mühsamen Recherche 

Nicht nur seemoz hat nachgerechnet, auch Experten Schweizer Krankenkassen haben Rechnungen geprüft und Vergleiche angestellt: Wer einen Stent der Marke Promus vom Hersteller Boston Scientific für 604 Franken kauft, ihn aber für 2150 Franken weiter verkauft und der Schweizer Krankenkasse sogar 2554 Franken in Rechnung stellt, macht nach Adam Riese und Eva Zwerg einen Reibach von gut 422 Prozent. Üblich ist ein Preisaufschlag und somit Profit von 10 Prozent.

Manche nennen das Wucher, andere gar Betrug, wieder andere halten das für ganz normal in unseren kapitalistischen Wirtschaftszeiten. Wenn jedoch Käufer und Verkäufer identisch sind, kann der Dritte – Schweizer Krankenkassen also – gar nicht mehr lachen. Da liegt dann der Verdacht einer Täuschung nahe. Denn der Käufer hätte ja beim Hersteller direkt und zum geringeren Preis einkaufen können…Rechnet man den Profit hoch, denn es blieb ja nicht bei nur einem Stent, dürfte es sich bei diesem Geschäft um ein Millionen-Summen-Spiel handeln.

Auf das Geschäftsgebaren der Costa-Maass-Airoldi-Gruppe übertragen, die in Personalunion die Herzkliniken und den Zwischenhändler ProVentis Care Solutions (Auszug aus dem Handelsregister: „Betriebszweck: Entwicklung sowie Handel und Vertrieb von medizinischen Produkten aller Art…“)  betreiben, könnte hier tatsächlich eine Goldgrube vermutet werden; Unterlagen zumindest, die seemoz zugänglich waren und auch den Krankenkassen vorliegen, lassen diesen Schluss zu. Und auch die ermittelnde, seltsam säumige Konstanzer Staatsanwaltschaft sollte Einblick haben – immerhin wurden bei insgesamt drei Durchsuchungen weit über 100 Aktenordner beschlagnahmt. Steht denn da gar nichts drin?

Auch wenn sich der Costa-Rechtsbeistand in seiner gestrigen Stellungnahme (Seemoz berichtete) bemüht, ein Überschwappen solcher Vermutungen auf deutsche Krankenkassen auszuschließen – zumindest die großen Krankenkassen prüfen derzeit, wie man hört, ihre Bücher und Rechnungen. Und sicherlich werden sie dabei auch auf alte, längst vergessen geglaubte Verbindungen und Seilschaften stoßen, die noch heute einer womöglich juristischen Würdigung wert sind.

Autor: hpk