Herzkliniken: Aufklärung mit hinterhältigen Hindernissen
Peter Köhler nannte er sich und Journalist könnte er sein. Das sollten seine Visitenkarte und seine Referenzen vorspiegeln. Doch der Mann, der im Auftrag des Herzzentrums Bodensee die Ärzte P. und S. ausspähte, ist verschwunden und den Referenz-Gebern nicht bekannt. Und ein Konstanzer Anwalt kündigt nun Strafverfahren an. Zudem: In einer Stellungnahme vom gestrigen Sonntag weist das Herzzentrum Bodensee die neuen Vorwürfe zurück
Ende letzter Woche hatte seemoz von dem Aufklärungsversuch der CHC-Holding-Geschäftsführer (Muttergesellschaft der Herzkliniken in Kreuzlingen und Konstanz) Maass und Costa berichtet. Dabei spielte ein verdeckter Ermittler die Hauptrolle, dem – so legten es eingespielte Tonband-Aufzeichnungen nahe – die mittlerweile gekündigten Ärzte gestanden hätten, dem Herzzentrum existentiellen Schaden zufügen zu wollen. Auf Nachfrage erklärte Eckhard Besuden, der Konstanzer Anwalt des Herzzentrums, bereits während der Pressekonferenz am Donnerstag ausdrücklich, dass der Aufklärer „kein Journalist“ sei und sich auch nicht als solcher ausgegeben habe. Und in seiner sonntäglichen Stellungnahme von gestern erhärtet das Herzzentrum diese, seine Sicht erneut.
Wer ist, wo steckt „Peter Köhler“?
Drei Eidesstattliche Erklärungen und die Visitenkarte eines „Peter Köhler“, die seemoz allesamt vorliegen, sprechen eine andere Sprache. Die tatsächlich laienhaft gefälschte Visitenkarte spricht von einem Medienrechercheur (das Wort „Journalist“ wird nicht genannt), der in Berlin mit einem Filmemacher zusammen für den rbb – Rundfunk Berlin-Brandenburg – arbeite. Überdies wird als Referenz ein Journalisten-Kollege des SWR aus Baden-Baden genannt. Doch dem ist ein „Peter Köhler“ nicht bekannt. Der fragliche Berliner Filmemacher existiert zwar, aber auch er kennt „Peter Köhler“ nicht und von einer Zusammenarbeit mit dem könne schon gar keine Rede sein.
Für den Konstanzer Anwalt, der außer P. und S. noch „eine Fußball-Mannschaft voller Herzzentrum-Ärzte“ vertritt, ist die Sache klar: „Es sieht es so aus, als sei der Name Peter Köhler frei erfunden“. Zumal die Ärzte Dr. P. und Dr. S. eidesstattliche Versicherungen abgegeben haben, dass der verdeckte Ermittler sich als Journalist ausgegeben und auch Presseschutz zugesagt habe. Für eine mögliche gerichtliche Auseinandersetzung ist diese Unterscheidung wesentlich: Sollten die auf Tonband festgehaltenen Aussagen unter Vorspiegelung falscher Tatsachen zustande gekommen sein, dürfen sie vor Gericht nicht als Beweismittel verwendet werden.
Wie kamen die Akten in Umlauf?
Und der Konstanzer Anwalt, der seinen Namen nicht genannt haben will, legt nach: Er vermutet, dass „der falsche Journalist“ in einem unbeobachteten Augenblick genügend Zeit gehabt haben könnte, sich umzusehen, etwas mitgehen zu lassen oder etwas vom Rechner des Dr. S. herunter zu kopieren. Das könnte dann das Auftauchen verdächtiger Akten, die Rechtsanwalt Besuden in der Pressekonferenz stolz präsentierte, erklären.
Die Pressestelle des Herzzentrums beeilte sich noch am gestrigen Sonntag (!), solche neuen Verdachtsmomente zu zerstreuen. „Nachweislich und aktenkundig falsch“ sei der Vorwurf, der Ermittler habe sich als Journalist ausgegeben. Als Nachweis für diese Einschätzung wird erneut die Abschrift des Tonband-Mitschnitts angeführt, in der ein Ermittler – womöglich „Peter Köhler“ – sagt, er würde „die Sache etwas härter als Journalisten angehen“.
Persilschein für die Geschäftsführung?
Ganz nebenbei vermerkt die Pressestelle des Herzzentrums in ihrer gestrigen Stellungnahme unter der Überschrift „Regierung entlastet Herzzentrum Bodensee“, dass vom Gesundheitsdepartement des Kantons Thurgau neue Signale kämen, dass sich sämtliche gesundheitspolizeilichen Aspekte, die Gegenstand der Untersuchung waren, als haltlos erwiesen haben sollen und damit die Voraussetzungen für den Leistungsauftrag unverändert gegeben seien. Und weiter verspricht man: „Das Herzzentrum wird den Bericht nach dessen Vorliegen sorgfältig analysieren, allenfalls enthaltene Empfehlungen selbstverständlich umgehend umsetzen und zu jenem Zeitpunkt auch gegenüber der Öffentlichkeit detailliert Stellung nehmen.“
Noch Fragen?
Gleichwohl bleiben etliche Fragen offen: Was wird aus den bei der Konstanzer Staatsanwaltschaft anhängigen Ermittlungen? Wie endet der juristische Schlagabtausch um den verdeckten Ermittler? Wie werden die Aussagen der übrigen Zeugen bewertet? „Whistleblower“ zu sein, ist nicht strafbar, aber wie werden deren Aussagen von den Ermittlungsbehörden gewürdigt? Wie verhält sich die Belegschaft und der Betriebsrat? Was wird aus den Patienten-Beschwerden (auch da liegt seemoz ein Dossier vor)? Und warum schleppen sich die Ermittlungen vor allem der Konstanzer Staatsanwaltschaft so lange dahin? Zumindest die seemoz-Redaktion wird den Antworten auf der Spur bleiben…
Autor: hpk