Heute zweiter Warnstreik im ZfP Reichenau

In der Tarifrunde im öffentlichen Dienst der Länder ruft ver.di Baden-Württemberg erneut zu Warnstreiks auf. Der Schwerpunkt liegt in den Zentren für Psychiatrie des Landes. Damit reagiert die Gewerkschaft auch in Baden-Württemberg auf die zweite Verhandlungsrunde, bei der die Landespolitik praktisch alle Forderungen rundweg abgelehnt hat. Im Zentrum für Psychiatrie (ZfP) Reichenau wird daher am heutigen Donnerstag, 25. November, ganztägig gestreikt.

Bei den Verhandlungen in Potsdam haben die verantwortlichen Politiker:innen erneut behauptet, es gebe explizit keine Probleme in den Kliniken. Sie sähen keinen Handlungsbedarf. Man sei konkurrenzfähig, gut aufgestellt, ohne Personalprobleme und die Bezahlung schon sehr gut.

„Wir sind fassungslos. Im ZfP Reichenau haben wir seit langem eine angespannte Personalsituation. Wir suchen händeringend Fachkräfte und arbeiten am Anschlag“, sagt hingegen Gabriel Henkes, ver.di-Vertrauensmann am ZfP Reichenau. „Was läuft eigentlich bei den Finanzministern falsch, dass sie die Situation der Beschäftigten und Auszubildenden nicht einmal in Ansätzen wahrnehmen und wertschätzen, sondern stattdessen unsere hochprofessionelle, engagierte Arbeit derartig abwerten. Unsere Antwort ist klar: Wir streiken.“

Die politischen Vertreter der Länder sprachen in den Verhandlungen zudem von lediglich „temporären Belastungen durch die Coronapandemie“. Dazu Thomas Weisz, ver.di-Gewerkschaftssekretär Gesundheit und Soziales: „Anscheinend ist die Pandemie für die Finanzminister schon vorbei. Das ist respektlos und zynisch gegenüber den Beschäftigten in den Zentren für Psychiatrie. Die Zusatzbelastung durch Corona besteht nach wie vor.“ Zudem habe die Pandemie deutlich gezeigt, „dass man alle Bereiche und Berufsgruppen braucht, damit die Patientenversorgung funktioniert.“

„Da die Arbeit mit psychisch kranken Menschen hauptsächlich von Kommunikation mit Sprache, Mimik und Gestik geprägt ist, erschwert die Corona-Pandemie unsere Arbeit zusätzlich“, erläutert ZfP-Belegchaftsvertreter Gabriel Henkes. „Die Not von psychisch kranken Menschen ist gestiegen. Alle Bereiche bei uns arbeiten ständig auf Hochtouren, neben den Therapeuten und der Pflege auch unsere Handwerker und die Verwaltung, um die nötigen Maßnahmen zu organisieren.“

Dennoch hat es die Tarifgemeinschaft der Länder bisher abgelehnt, überhaupt ein Angebot vorzulegen. Deshalb legten in der vergangenen Woche rund 10.000 Beschäftigte der Länder die Arbeit nieder, darunter auch im ZfP Reichenau. Sie fordern fünf Prozent mehr Lohn, mindestens aber 150 Euro – und im Gesundheitswesen mindestens 300 Euro.

Viele Beschäftigte sind streikbereit. Zahlreiche Teams haben in den vergangenen Wochen ihre Streikbereitschaft signalisiert. Arbeiten in Notbesetzung gehöre leider zum Alltag, schreibt die Gewerkschaft ver.di in einer Pressemitteilung; das gefährde die Patient:innen. „Bei unserer Bezahlung besteht massiver Nachholbedarf. Wenn nötig, werden wir unser Streikrecht wahrnehmen. Deshalb fordern wir den Arbeitgeber auf, mit ver.di eine Notdienstvereinbarung zu unterzeichnen“, die eine Reduktion von Kapazitäten enthalte, sagt Henkes, und fügt hinzu: „Wir übernehmen auch weiterhin die Verantwortung für unsere Patient:innen.“

Ablaufplan des Warnstreiks im ZfP:

6 Uhr: Streikposten
7–9 Uhr: Streik-Frühstück
10 Uhr: Kundgebung vor Haus 1. Anschließend Menschenkette (mit entsprechendem Abstandsregeln). Motto: „Psychiatrie ist Teamarbeit. Wir gehören zusammen. Wir verdienen mehr!“
12 Uhr: Essen, anschließend Abschlusskundgebung vor Haus 1 / Casino

Text: MM
Foto (ZfP-Streiktag am 16. November): Pit Wuhrer