Heute, 15 Uhr, Friedenslauf ab Fähranleger Staad. Aber eben auch: Ein bizarres Friedensprogramm
Der Friedenslauf „Flame for Peace“, der am 28. Juli in Sarajewo startete, erreicht heute, am Antikriegstag, Konstanz. Um 15 Uhr wird vom Fähranleger Konstanz (Staad) aus rund fünf Kilometer zum Rathaus nach Konstanz gelaufen. Bürgermeister Osner begrüßt die LäuferInnen gegen 16 Uhr auf dem Augustinerplatz. Abends um 20 Uhr gibt es eine Veranstaltung im Kulturzentrum am Münster
Es ist ein Mammutprojekt, ein Lauf, der in Sarajevo gestartet ist, die Alpen gequert hat und in Aachen enden wird. Der Friedenslauf ist aber weitaus mehr als ein sportliches Ereignis: Es geht darum, ein Zeichen für den Friedenswillen in Europa zu setzen; die Zivilgesellschaft soll gestärkt und die interkulturelle Kompetenz von jungen Menschen gefördert werden. Der Lauf soll auch auf die desaströse soziale Lage der osteuropäischen Jugendlichen, keine 20 Jahre nach dem Balkan-Krieg, aufmerksam machen.
„Nie wieder Krieg in Europa … – was wie das Gesäusel von Gutmenschen klingt“, sagt Lauf-Initiator Heinz Jussen, der 1992-1995 ein Dutzend Hilfstransporte in die eingeschlossene Stadt Tuzla fuhr, „ist für die bis heute zerstrittenen Menschen in Ex-Jugoslawien existenziell. Da gilt es, die Streumunition in den Köpfen besonders der Jugendlichen zu zerstören.“
Die guten Wünsche von Schriftsteller Günter Wallraff, des bosnischen Fußballstars Vedad Ibisevic und auch des Musikers Joey Kelly begleiten die „Flame for Peace-LäuferInnen“. Die achtwöchige „Friedensbewegung“ über fast 3000 Kilometer startete am 28.7. in Sarajevo (100. Jahrestag Beginn des 1. Weltkriegs 1914) und führt durch 12 Länder bis zum 21.9., dem Weltfriedenstag der UNO, nach Aachen.
Gelaufen wird in Tagesetappen zwischen 40-65 Kilometern. Die Teilnehmer wechseln sich beim Laufen alle 5 bis10 Kilometer ab. Die Hoffnung ist, dass sich auf den einzelnen Tagesetappen möglichst viele Läufer aus der jeweiligen Region für eine kleine Weile bis in den Etappenort hinein als Gäste und überall auf der Strecke anschließen. Das gilt auch für das heutige Teilstück in Konstanz – eine Schulklasse hat sich bereits angemeldet, weitere Sportler und Friedensfreunde können noch spontan mitmachen: 15 Uhr am Fähranleger Staad.
Autor: PM/hpk
Moment mal: Ein bizarres Friedensprogramm
Heute Nachmittag treffen die Friedensläufer in Konstanz am Augustinerplatz ein und machen damit auf die Kriegsgefahr rund um den Globus aufmerksam. Das ist eine gute Nachricht, denn selten zuvor war die Gefahr kriegerischer Auseinandersetzungen größer.
Kaum verständlich aber ist, dass die Friedensfreunde von den Fahnenschwingern aus der Niederburg empfangen werden. Es lässt sich nicht schön reden: Fahnenschwingen steht in einer militärischen Tradition und genoss hierzulande schon im 17. Jahrhundert vor allem in Militärkreisen hohes Ansehen. Der vermeintlich sportive Charakter kam erst sehr viel später dazu, geht aber am Kern dieser Brauchtumspflege vorbei. Was hat die Organisatoren überhaupt dazu veranlasst, diese fragwürdige Kooperation zwischen Friedensbewegten und Fahnenschwingern zu anzuleiern?
Fragen muss man sich auch, was die Verantwortlichen dazu bewogen hat, für heute Abend bei einer Veranstaltung im Wolkensteinsaal Europaminister Peter Friedrich (SPD) unter dem Motto „Erster Weltkrieg vor 100 Jahren – höchste Zeit zum Abrüsten“ als Redner auftreten zu lassen. Waren es nicht auch die Sozialdemokraten, die nach Kräften dafür gesorgt haben, dass Deutschland wieder aktiv in kriegerische Auseinandersetzungen getrieben wurde? Ich habe noch sehr deutlich den verhängnisvollen Satz des früheren SPD-Verteidigungsministers Peter Struck im Ohr, der einst erklärte, unsere Freiheit würde auch am Hindukusch verteidigt. Und aus diesem verheerenden Schaden ist man keineswegs klüger geworden.
Höchste Zeit zum Abrüsten? Ja, aber das möchte ich mir nicht von Rednern sagen lassen, die im Schulterschluss mit ihrer Partei keine Probleme haben, in wenigen Tagen Mordwerkzeug aus deutschen Rüstungsbetrieben in Krisengebiete zu liefern und damit dazu beitragen, die Konflikte weiter zu verschärfen. Aber irgendwie wird Peter Friedrich das schon hinkriegen und als Teilzeit-Friedensengel zutiefst betroffen vor sich hin schwadronieren. Er war schon immer überzeugend, wenn es um seine Parteikarriere ging. Und anderntags wird er sich an den alten Adenauer-Satz erinnern: „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern..“ Nur allzu gerne darf er mich Lügen strafen und sich deutlich gegen das verantwortungslose Säbelrasseln auch innerhalb der SPD wenden. Doch das ist von Herrn Friedrich wohl nicht zu erwarten.
Autor: H.Reile