Hoffnung fürs Scala?

In der Bürgerfragestunde des Konstanzer Gemeinderates wurden dem Oberbürgermeister gestern rund 6300 Unterschriften für den Erhalt des Scala-Kinos an der Marktstätte überreicht und die Aufstellung eines Bebauungsplanes für das Marktstätten-Areal gefordert, der den Erhalt des Kinos sicherstellt.

Hätte das Scala-Kino jemals so zahlreiche Besucher gehabt wie es jetzt, wo es geschlossen werden soll, rührige Unterstützer findet – sein Besitzer und die Vermieter der Räumlichkeiten an der Marktstätte wären niemals auf die Idee gekommen, das Traditionskino dichtzumachen. Denn die Filmkunst erfreut Kino- wie Immobilienbesitzer zuvörderst durch die Gewinne, die sie abwirft, und dementsprechend unerfreulich und überflüssig erscheint sie ihnen, wenn sie keine oder nur höchst karge Gewinne zeitigt.

Bebauungsplan als Rettung?

Die Menschen hingegen, die sich unter dem Motto „Rettet das Scala“ vor allem über Filmkunst als Kunst (und nicht als mögliches Goldeselchen) freuen, unternehmen immer spürbarere Anstrengungen, die Scala-Schließung, also eine zuerst einmal privatwirtschaftliche Angelegenheit, zu einem Problem der Konstanzer Politik zu machen. Bei der Überreichung der Unterschriften im Ratssaal forderten sie den Gemeinderat denn auch auf, einen Bebauungsplan für die Marktstätte zu erlassen, der einen wie auch immer gearteten Bestandsschutz für das Scala-Kino vorsieht.

Bebauungsplan im nächsten TUA

Karl Langensteiner-Schönborn, seines Zeichens Konstanzer Baubürgermeister, sicherte den PetitentInnen zu, auf der nächsten Sitzung des TUA (des Technischen und Umweltausschusses) am 14.04. im Verwaltungsgebäude an der Laube über die Möglichkeiten eines neuen oder geänderten Bebauungsplanes für diese Gegend sowie dessen Wirkung auf die geplante Scala-Schließung zu berichten.

Man ahnt es schon: Viel Hoffnung ist nicht mehr für das Scala, denn einem Unternehmer die Schließung eines unrentablen Betriebes verbieten zu wollen, ist nicht ganz einfach, auch wenn es um einen Kulturbetrieb geht. Die Crux an der Sache: Selbst wenn das Scala erhalten bliebe, gibt es offensichtlich auch keine Konzepte, wie sich der Betrieb jemals wieder rentabel gestalten könnte. Die Scala-Initiative steht mit ihrer „Weiter so“-Politik auf sachlich eher verlorenem Posten, denn bei 15% Auslastung ist kein Kino dauerhaft überlebensfähig. Zündende Ideen, wie sich das Scala-Kino wieder füllen ließe, sind Mangelware in Zeiten von Internet, DVD und youtube.

Wenn man sich umhört, wer denn bereit wäre, für den Erhalt des Scalas außer einer Unterschrift auch sein vorletztes Hemd zu geben, trifft auf betretenes Schweigen. Was also, und das wäre die wichtigste Frage, auf die aber niemand eine Antwort hat, wäre, wenn das Scala erhalten bliebe? Wie soll das gut gehen?

Zebra als Alternative?

Außerdem gibt es in Konstanz bereits ein kommunales Kino, das sich auf anspruchsvolle Arthouse-Programme verlegt hat, nämlich das höchst rührige Zebra in der Chérisy-Kaserne, das von der Stadt unterstützt wird. Außerdem ist es als Verein organisiert, und laut Satzung kann man als engagiertes Mitglied dort sogar über das Programm mitentscheiden (was im Scala nicht möglich ist). Ein Paradies für Cineasten also, möchte man meinen.

Wenn ein wirtschaftlicher Betrieb des Scala nicht möglich ist, und danach sieht es aus, sollte das Zebra Ziel der Kino-Genießer sein. Menschen, die anspruchsvolle Filme sehen wollen, könnten also, statt das Scala retten zu wollen, auch die Forderung erheben, das Zebra städtischerseits stärker zu unterstützen, so dass es seinen Spielbetrieb auch auf die Nachmittage oder sämtliche Wochentage ausweiten kann. Dass das Zebra rechtrheinisch gelegen ist und auf dem Chérisy-Gelände residiert, das von vielen Konstanzern als irgendwie extraterritorial empfunden wird, tut nichts zur Sache, denn auch InnenstadtbewohnerInnen sind flugs mit dem Fahrrad, Bus oder Zug dort. Und keine Angst, viele Bewohner der Chérisy haben den Verzehr von Menschenfleisch längst aufgegeben und sind zum Vegetarismus konvertiert.

Weiter so?

Die Suche nach rechtlichen Tricks, dem Scala das Überleben zu sichern, ist zwar sehr ehrenwert, aber auch ziemlich realitätsfern. Beim Erhalt des Scalas geht es nicht darum, dass ein Drogeriemarkt in dessen bisherigen Räumen zu viel Autoverkehr verursachte und die Anlieferer die Anwohner stören könnten – wenn dem so ist, hilft all das dem Scala nicht im Geringsten. Hier geht es vielmehr um das Allerheiligste unserer Wirtschaftsordnung: Ums Geld, und eben dieses spielt das Scala nicht mehr ein. Kein Bebauungsplan der Welt kann dieses Problem heilen, und die Scala-Retter wohl auch nicht.

Es ist also schlichtweg Augenwischerei, an ein Überleben des Scala an seinem bisherigen Ort und in seiner bisherigen Größe zu glauben. Die Scala-Fans sollten also besser beizeiten über Alternativen nachdenken, wie sich das Arthouse-Angebot in Konstanz auch ohne ein Scala an der Marktstätte erhalten lässt. Ihr trotziges Beharren auf dem Status quo hat etwas Anachronistisches, denn man darf nicht vergessen, dass es nun mal zum Wesen des Kapitalismus gehört, wie Marx mehrfach sinngemäß bemerkte, das mit den Händen mühsam Aufgebaute bei nächster Gelegenheit mit dem Arsche wieder einzureißen. Und das ist des Pudels Kern …

O. Pugliese