Ideensammlung, Wundertüte, Luftschlösser

Die gestrige Diskussion im Konstanzer Technischen und Umweltausschuss (TUA) um die Bebauung des Brückenkopfes Nord geriet zu einem Brainstorming – einer Ideensammlung, die nach mehr als zwei Stunden zu einer „Wundertüte“ voller „Luftschlösser“ wurde.

Baubürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn und sein Stadtplaner Jan Bode konnten am Ende die Vorschläge kaum noch ordnen, geschweige denn bewerten. Eine ganze Palette von Anregungen und Kritikpunkten zu fast allen Stadtproblemen von Verkehr über Einzelhandel bis zur Wohnungsnot prasselten auf den Tisch des technischen Rathauses in der Laube.

Als da wären: Vor wieder einmal nur privaten Investoren, die hier zum Zuge kommen könnten, warnte Holger Reile (LLK) und forderte mehr Wohnungen auf dem Terrain mit einem deutlich größeren Segment an Wohnungen für Einkommensschwache. Stephan Kühnle (FGL) fürchtete eine Überfrachtung des Bauvorhabens mit zu vielen Ideen und überraschte mit der Anregung, wenn am Brückenkopf Nord ein Parkhaus mit 1500 Stellplätzen entstünde, sollte eine gleiche Anzahl von Altstadt-Parkplätzen eingespart werden.

Thomas Buck (Junges Forum) kritisierte die fehlende Anbindung der Stadtbusse an den neuen Mobilpunkt, rügte ausstehende Gutachten zum Baugrund und regte an, hier und bei anderen städtischen Grundstücken vom Verkauf abzusehen und stattdessen eine Erbpacht zu bevorzugen. Dieser alten LLK-Forderung schloss sich erstaunlicherweise auch Peter Müller-Neff (FGL) an, der sich auf diese Weise mehr Einfluss der Verwaltung auf die Stadtentwicklung verspricht. Außerdem brachte er erneut die Seilbahn ins Spiel („allerdings nicht ohne Bürgerentscheid“), für die hier ein Haltepunkt geplant werden müsste.

Diese Anregung griff Alfred Reichle (SPD) auf, plädierte für einen festen Seilbahn-Standort, forderte überdies mehr als nur 1500 Stellplätze im neu zu errichtenden Parkhaus und schlug vor, die Fernbus-Unternehmen an den Kosten für den Busbahnhof zu beteiligen.

Im Gegensatz zu fast allen TUA-KollegInnen hielt Anselm Venedey (Freie Wähler) die Wohnlage am Brückenkopf für „außerordentlich attraktiv“, allerdings warnte er vor übertriebenen Hoffnungen, durch die Einrichtung dieses Mobilpunktes den Altstadt-Verkehr merklich vermindern zu können: „Einkaufstouristen wollen ihren Kofferraum vor der Eingangstür.“ Überraschung löste Johann Hartwich (FDP) aus, als er Eintrittsgeld für Autofahrer in der Altstadt forderte. „Gerade die FDP als Befürworter einer Art Citymaut –  was ist denn da passiert?“, merkte Holger Reile schmunzelnd an.

Der Baubürgermeister und sein Stadtplaner hatten Mühe, diese Vielzahl von Vorschlägen zu bewerten. Immerhin, so Langensteiner-Schönborn, stünde bloß ein „Wettbewerb zur Erstellung eines Umsetzungskonzeptes“ zur Abstimmung, da könnte man sich verschiedene Vorschläge verschiedener Büros herauspicken. Zu wenigen Anregungen allerdings gab es eindeutige Aussagen: Die Seilbahn sei nur eine Option, die – wenn überhaupt – frühestens in zehn Jahren verwirklicht würde, sie jetzt ins Brückenkopf-Projekt einzubinden, wäre wenig zielführend; eine Stellplatz-Kapazität von 1500 wäre für ihn mehr als ausreichend, so Langensteiner-Schönborn, und die Nutzungsverteilung im Neubaugebiet stellte sich derzeit für ihn so dar: Jeweils ein Viertel für Wohnen, für Handel, Mobilität und Gewerbe.

Nach quälend langer Diskussion, befeuert von immer denselben Stadträten, die sich sogar in ihren eigenen Beiträgen noch wiederholen, erteilte der TUA der Verwaltung trotzdem einstimmig den Auftrag „für einen städtebaulichen Konzeptwettbewerb zur Entwicklung der Flächen am Brückenkopf Nord“.

hpk