Ihr! Sollt!! Brennen!!!

Dieses Motto rufen derzeit Theater und Universität gemeinsam in die Stadt Konstanz hinein. Ihr sollt brennen; das bedeutet – Ihr sollt Euch für etwas einsetzen, Euch für etwas hingeben, Euch engagieren. Mit dem Risiko nicht zu wissen, was Ihr zurück bekommt. Glauben bedeutet, unbegründet zu vertrauen: Ein Glaubenskongress zwischen Wissenschaft und Kunst, Alltag und Institution, privat und öffentlich. Termin 27.5.2018. Anmeldung aber schon jetzt.

Brände, das wissen alle Engagierten, wärmen nicht nur und erhellen nicht einfach die Dunkelheit. Brände sind zerstörerisch. Diejenigen, die brennen, verzehren sich – langsam wie das Wachs einer Kerze oder schnell wie ein Strohfeuer.. Ausgebrannt. Burnout. Andere laufen als hell lodernde Flammen durch die Welt und stecken alles und alle an.. Bauen Scheiterhaufen. „Ihr sollt brennen!“ – da ist nicht nur die positive Kraft des Glaubens, ungeahnte Energien freizusetzen und buchstäblich Berge zu versetzen, sondern auch die Unbelehrbarkeit des Glaubenden, der Andersmeinende oder -gläubige nicht tolerieren kann und deshalb – nach erfolgloser Missionierung – vernichten muss.

Vor 600 Jahren kamen in Konstanz kirchliche und staatliche Amtsinhaber zusammen, um Glaubensfragen neu zu ordnen und Regeln des Erlaubten und Verbotenen festzulegen. Drei Päpste wurden aus dem Amt gejagt. Ein neuer gewählt. Zwei Andersmeinende verbrannt und ein langer Krieg in Böhmen ausgelöst. Nötige Reformen wurden nicht einmal diskutiert, dem Tyrannenmord das Recht abgesprochen, aber, immerhin, dem Wüten des Deutschen Ordens in Litauen Einhalt geboten.

Wie könnte heute ein Konzil aussehen? Sollte es nicht das Gegenteil leisten: Statt Amtsinhabern treffen sich einfach Menschen. Statt für andere Beschlüsse zu fassen, wird der eigene Horizont erweitert. Fünf neue Meinungen kennenlernen. Drei neue Freundschaften schließen. Zweimal sich überzeugen lassen und dreimal widerrufen. Sich in den Meinungen der anderen spiegeln, ohne diese übernehmen zu müssen. Im Spiegel der Meinungen die eigene Position schärfen, sich der eigenen Wurzeln bewusst werden. Und nicht zuletzt: Unterschiedliche Formen der Herstellung von Wahrheit sowie unterschiedliche Wahrheiten kennenlernen, sie zu ertragen oder vielleicht sogar zu nutzen? Kunst trifft auf Wissenschaft. Überzeugung auf Überzeugung. Und, wenn es gut läuft, geraten dabei fest geglaubte Verhältnisse ins Tanzen. Ein Glaubenskongress heute – das müsste auch ein Fest für den Unglauben und eine Feier des Zweifels sein.

Das Konstanzer Theater hat in der laufenden Spielzeit Stücke gezeigt, die sich mit Glaubensfragen beschäftigen. Nun ist es an der Zeit, Bilanz zu ziehen und die Bühne zu öffnen für all diejenigen, die noch nicht zu sehen und zu hören waren. Szenen und Figuren der sich dem Ende neigenden Spielzeit sollen am 27. Mai in der Spiegelhalle auf Menschen dieser Stadt treffen: fiktiv trifft real.

Erzählen Sie anderen, wovon Sie überzeugt sind. Berichten Sie, wie die Kraft Ihrer Überzeugungen Sie etwas leisten ließ, was Sie zuvor sich nicht zugetraut hätten. Lassen Sie andere wissen, wo sich Zweifel einschlichen und für wahr Gehaltenes sich plötzlich als falsch erwies. Zeigen Sie Ihre innere Flamme und die Wunde, die sie verursachte.

Machen Sie mit! Was würden Sie gern erzählen oder zeigen? Mit wem würden Sie gern diskutieren? Melden Sie sich bis zum 15. April bei Miriam Fehlker (miriam.fehlker@konstanz.de).

Albert Kümmel-Schnur (Foto: Theater Konstanz)