Im Zeichen des Frosches
Wer vergangenen Freitagnachmittag rund um den Konstanzer Stephansplatz unterwegs war, mag vielleicht für einen Moment die Kälte vergessen haben, die der sich langsam anschleichende Winter der Stadt beschert hatte. Tropische Klänge und Rhythmen tönten zeitweise aus dem BürgerInnensaal, in dessen Foyer Menschen mit bunt geschminkten Gesichtern den Tag des Amazonas begrüßten.
Bereits im Frühsommer hatte die Umweltaktivistin Vandria Borarí Konstanz besucht und über die Situation der indigenen Bevölkerung im brasilianischen Amazonas informiert, deren Lebensgrundlage durch den zunehmenden Raubbau gefährdet ist. Ihr Ruf nach Solidarität blieb nicht ungehört. Dass ihr Anliegen in der Stadtpolitik angekommen ist, zeigt ein Beschluss des Gemeinderats vom 24. Oktober, der die Weichen für eine Klimapartnerschaft zwischen Konstanz und dem Stamm der Borarí im brasilianischen Bundesstaat Para stellt. In der BürgerInnenschaft wirbt vor allem die neugegründete Initiative ProAmazonia für diese Zusammenarbeit, die in diesem Zusammenhang auch zum Tag des Amazonas einlud.
Mit Spannung wurde der Aktionstag auch von der anderen Seite des Atlantiks verfolgt. Per Live-Schaltung konnten so die künftigen KlimapartnerInnen in Brasilien an der Veranstaltung teilnehmen und schlossen sich dem Dank der begrüßenden Vandria Borarí für die starken Solidaritätsbekundungen und das Engagement der Konstanzer BürgerInnen an. Die Klimaaktivistin betonte dabei die Wichtigkeit für das Projekt Klimapartnerschaft. Raubbau, illegale Brandrodungen und Bodenspekulationen seien eine ebenso große Gefahr für die Borarí, wie auch der ultrarechte Präsident Jair Bolsonaro, der den Kampf der Amazonasstämme um territoriale Anerkennung um Jahre zurückwerfe.
Oberbürgermeister Uli Burchardt, der in Begleitung von Baubürgermeister Langensteiner-Schönborn gekommen war, betonte, dass das Partnerschaftsprojekt in Konstanz Chefsache sei. Vieles – so heiße es gerne – laufe in Konstanz zwar langsamer als anderswo, erklärte Burchardt, in manchen Fällen sei die größte Stadt am See aber innovativer als andere. Zu diesen Innovationen zähle etwa der Klimaschutz, in dem man mit der Klimapartnerschaft auch für andere Städte ein Beispiel zu setzen hoffe, so der OB. Zur Bekräftigung überreichte er einen großformatigen Scheck in Höhe von 5.000 Euro zur Unterstützung lokaler Projekte im brasilianischen Amazonas.
Anhand der Größe des Überweisungsträgers scheint Burchardt bereits registriert zu haben, dass es sich beim Klimaschutz voraussichtlich um eines der herausragenden Themen des kommenden OB-Wahlkampfes handeln wird. Man darf gespannt, wann er den Klimaschutz auf lokaler Ebene tatsächlich für sich entdecken wird und auch dementsprechend handelt. Von den Borarí bekamen er und sein Stellvertreter zum Dank jedenfalls ein traditionelles Amulett mit dem heiligen Tier des Stammes, einem Frosch, überreicht.
Im Anschluss wurde ein buntes Rahmenprogramm eingeläutet, das den interessierten Anwesenden einen Einblick in die Kultur und Lebensumstände der Borarí und anderer Amazonasvölker ermöglichte. Mit traditionellen Tänzen, einer Schnupperstunde Amazonas Yoga und brasilianischen Köstlichkeiten boten die VeranstalterInnen ein Erlebnis für Leib und Seele. Abgerundet wurde das Programm durch eine Plakatausstellung und Kurzfilmvorführungen, bei denen viele Indigene zu Wort kamen. Anlässlich des Aktionstags verlegten auch die AktivistInnen von Fridays for Future Konstanz ihre regelmäßige Demo auf den Abend und zogen mit Kerzen durch die Stadt.
dsc (Text und Fotos)