In der FGL werden nur noch Wunden geleckt

Nein, es ging nicht um die bundesweite Wahlpleite der Grünen. Und es ging auch nicht um die Niederlage bei der Konstanzer OB-Wahl. Die Freie Grüne Liste (FGL), immerhin stärkste Fraktion im Gemeinderat, stritt in ihrer letzten Mitglieder-Versammlung um ihr Abstimmungsverhalten im Gemeinderat. Letztlich aber um die Frage: Wie viel Basisdemokratie will die FGL noch zulassen?

Die Publikumsfrage brachte es auf den Punkt: „Wie viele Fraktionen gibt es eigentlich in der FGL-Fraktion?“. Und so wurde die Mitglieder-Versammlung, die turnusmäßig kaum mehr als Neuwahlen vorsah (mit Dietmar Messmer wurde ein Neuer in den Vorstand gewählt), unversehens zu einer Abrechnung der FGL-Basis mit ihren Mandatsträgern. Denn der Mitgliederantrag „Aussprache zur Sozialdezernentenwahl und zur Philharmonie“ förderte die Unzufriedenheit der knapp 30 FGL- Mitglieder, die mehr als einmal auf ihre Unabhängigkeit von Bündnis90/Die Grünen pochten, zutage.

Bei Wahlen haben Frauen das Nachsehen

Der Streit um das Finanz-Desaster bei der Südwestdeutschen Philharmonie Konstanz beherrscht seit Monaten schon die Schlagzeilen. Hier, bei der FGL-Versammlung im Treffpunkt Petershausen, aber ging es weniger um das Defizit als um die Verantwortung der FGL-StadträtInnen im Orchesterausschuss und um ihr Abstimmungsverhalten bei der Intendantenwahl. Denn einmal mehr fand eine Kandidatin – die Interimsintendantin Madeleine Häusler – keine Mehrheit gegenüber Beat Fehlmann, dem zukünftigen Intendanten. Damit hatte zum zweiten Mal in kurzer Zeit eine Frau bei einer wichtigen Wahl das Nachsehen: Auch bei der Wahl des Bürgermeisters und Sozialdezernenten siegte Andreas Osner bereits im ersten Wahlgang mit einer Stimme Mehrheit gegen Ute Seifried – die allseits anerkannte Leiterin des Konstanzer Sozial- und Jugendamtes galt als Favoritin nicht nur der FGL und hätte die erste Bürgermeisterin der Stadt Konstanz werden können.

Aber gegen sie stimmten auch FGL-Stadträte. Namentlich Peter Müller-Neff wurde nicht nur von aufgebrachten FGL-Mitgliedern, sondern auch von Kolleginnen aus dem Gemeinderat arg kritisiert. Anne Mühlhäußer warf ihm gar vor, aus persönlicher Antipathie so und nicht anders – und vor allem auch gegen den erklärten Willen der FGL-Mitglieder – abgestimmt zu haben.

Wie viel Basisdemokratie will die FGL noch zulassen?

Dass auch die Qualifikation einiger Stadträte in Ausschüssen und Aufsichtsräten infrage gestellt wurde (FGL-Stadtrat Roland Wallisch bekannte, viel zu spät die Zusammenhänge um die Philharmonie durchschaut zu haben), fiel während der Mitglieder-Versammlung am vergangenen Dienstag kaum mehr ins Gewicht: Es ging nur noch um die Frauen-Quotierung und um die Einflussmöglichkeit der FGL-Basis.

„Wäre die FGL-Fraktion bereit, sich vornehmlich bei Personalentscheidungen einem Mitglieder-Votum zu beugen“, wurde gefragt und gleichzeitig der Vorschlag gemacht, bei der Kandidaten-Aufstellung für die Gemeinderatswahl im kommenden Mai jedem Kandidaten, jeder Kandidatin genau diese Frage vorzulegen. Der ehemalige Stadtrat Till Seiler protestierte und verwies auf die Gewissensfreiheit der Mandatsträger, was ihm die fast schon süffisante Gegenfrage von Bärbel Köhler eintrug, was denn die Wahl eines Dezernenten mit dem Gewissen eines Abgeordneten zu tun habe. Dennoch verständigte sich die Versammlung darauf, vor der Entscheidung um die Nachfolge von Baubürgermeister Werner, die im November ansteht, eine Mitglieder-Versammlung einzuberufen und genau diese Frage am konkreten Beispiel zu diskutieren.

Wer steht auf der FGL-Liste zur Gemeinderatswahl?

Der Unmut der FGL-Basis erschöpfte sich allerdings nicht im „Wunden-Lecken“. Wohl auch in Hinblick auf die jüngsten Wahlpleiten wurden die FGL-Mandatsträger aufgefordert, ihre Rolle als stärkste Fraktion politischer wahrzunehmen. Die Zerrissenheit in der Fraktion müsse aufhören, wurde gefordert, das Vorschlagsrecht bei einer Dezernentenwahl dürfe nicht noch einmal derart leichtfertig verspielt werden und überhaupt sollten „GemeinderätInnen nicht mehr als Privatpersonen agieren“, sondern den Willen der Mitglieder in ihre Entscheidung einbeziehen.

Es war nicht zu überhören: Schon jetzt, gut ein halbes Jahr vor der Kommunalwahl, werden bei der Freien Grünen Liste die Weichen gestellt. Und niemand sollte sich wundern, wenn auf der nächsten Kandidatenliste der FGL manche altbekannten Namen fehlen.

Autor: hpk