In Myanmar fließt Blut

Anfang Februar hat sich in Myanmar erneut eine Militärjunta an die Macht geputscht, gegen die sich seit Wochen Massenproteste in den größten Städten des Landes richten. Die Militärs lassen gnadenlos auf unbewaffnete Demon­strantInnen schießen, es gab bisher bereits mehrere Hundert Tote. Am Samstag versammelte sich eine UnterstützerInnen­gruppe in Konstanz, um der Opfer des Militärputsches zu gedenken und ihre Solidarität mit der burmesischen Bevölkerung zu bekunden.

Am 1. Februar 2021 übernahm das Militär unter der Führung des Oberbefehlshabers der Streitkräfte, Min Aung Hlaing, durch einen Militärputsch die Macht in Myanmar. Hochrangige Mitglieder der Regierungspartei, der Nationalen Liga für Demokratie (NLD), darunter auch die De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi, wurden in der Nacht vor der konstituierenden Sitzung des neuen Parlaments festgenommen. Bei den Wahlen im November war der NLD ein Erdrutschsieg gelungen. Das Militär begründete sein Vorgehen mit angeblichem Wahlbetrug und verhängte einen einjährigen Ausnahmezustand.

Ziviler Widerstand gegen das Militär

Die landesweiten Proteste vereinen sich im Civil Disobedience Movement (CDM), einer sozialen Widerstandsbewegung, die sich direkt nach dem Putsch schnell über die sozialen Medien koordinierte und Menschen verschiedener Generationen, Religionen, Ethnizitäten und Professionen einschließt.

In den vergangenen zwei Monaten seit der Machtergreifung durch die Militärjunta wurden fast 3000 Menschen willkürlich verhaftet und mindestens 510 Menschen bei friedlichen Protesten getötet. Trotz der enormen Gewaltausübung durch das Militär ist der Widerstand nicht zu brechen, die Menschen sind weiterhin fest entschlossen, sich gegen die Konsolidierung einer Militärdiktatur zu stellen.

Die Demonstrierenden und auch Yanghee Lee, die ehemalige Sonderberichterstatterin der UN für Myanmar, appellieren an die Verantwortung der internationalen Staatengemeinschaft, der sogenannten Responsibility to Protect (R2P) nachzukommen. Lee fordert im Rahmen ihres neugegründeten Special Advisory Council for Myanmar (SAC-M) eine Strategie der drei Einschnitte (three cut strategy): erstens gezielte wirtschaftliche Sanktionen, zweitens ein Ende der Waffenexporte und drittens ein Ende der Straflosigkeit und die Belangung des Militärs durch den internationalen Gerichtshof. Des Weiteren fordern die Akteure von der internationalen Gemeinschaft, das Repräsentativkomitee der Abgeordneten der beiden Parlamentskammern (CRPH) als zivile Interimsregierung anzuerkennen und nicht mit der Militärregierung in Verhandlungen zu treten.

Auch bewaffnete ethnische Gruppen stellen sich auf die Seite der Protestbewegung, indem sie beispielsweise Schutzsuchende in ihren Territorien aufnehmen. Sie wollen bei Nichterfüllung der Forderungen der zivilen Widerstandsbewegung die Menschen im Land bei der Selbstverteidigung unterstützen – ein Bürgerkrieg wird so immer wahrscheinlicher. Die Menschen haben in den vergangenen acht Wochen ihr Land friedlich verteidigt – der zunehmende Terror, der sich immer häufiger auch gegen Unbeteiligte sowie Frauen und Kinder richtet, die mit Kopfschüssen ermordet werden, treibt die Menschen allerdings zunehmend zur Verzweiflung. Bisher sind Schätzungen zu Folge zwischen 2000 bis 3000 Zivilisten über die Grenze nach Thailand geflohen, um der Gewalt und den willkürlichen Verhaftungen zu entkommen.

EthnologInnen der Uni unterstützen Menschen in Myanmar

An der Universität Konstanz forschen in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Judith Beyer zur Zeit neben Beyer und der Autorin noch zwei weitere DoktorandInnen in Projekten zu Myanmar. Am 27.03.21 wurde eine Mahnwache am Konstanzer Münster organisiert, bei der fast 50 Personen mit Protestschildern, Bildern, Kerzen und Blumen auf die aktuelle Situation in Myanmar aufmerksam machten – zur gleichen Zeit wurden in Myanmar am sogenannten „Tag der Streitkräfte“ aktuellen Informationen zufolge mindestens 114 Zivilisten vom Militär getötet.

Die Konstanzer Gruppe unterstützt auch lokale KooperationspartnerInnen, die sich zum Teil auf der Flucht befinden. Sie informiert regelmäßig hier über die sich zuspitzende Lage in Myanmar.

Sarah Riebel (Bilder: Judith Beyer, Leila Dedial)