Linksunten-Razzia in Freiburg war rechtswidrig

Unerwünschten Besuch bekam vor drei Jahren ein autonomes Zentrum in Freiburg. Auf Anordnung des Bundesinnenministeriums durchsuchten Ordnungskräfte die Räum­lich­keiten des KTS in der Basler Straße. Die Razzia richtete sich gegen die linke Nachrichtenseite Indymedia linksunten, die das Ministerium zuvor verboten hatte. Die Durchsuchung war rechtswidrig, urteilte jetzt der Verwaltungs­gerichtshof Baden-Württemberg.

„Es gibt für Linksradikale wenig gute Gründe vor Gericht zu ziehen“, schreiben AktivistInnen der KTS in einem Communiqué am 11. November. Der Einbruch in das Autonomes Zentrum auf Befehl des Bundesinnenministeriums, „bei dem richtig viel geklaut wurde, gehört vielleicht dazu“. Viel Hoffnung auf Erfolg hatten die KTS-Aktiven allerdings nicht, war das Behördenvorgehen gegen linksunten doch noch im Januar 2020 vom Bundesverwaltungsgericht gutgeheißen worden.

Dennoch hat der 1. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH) am 12. Oktober beschlossen, dass die Anordnung des Verwaltungsgerichts Freiburg (VG) vom 22. August 2017 zur Durchsuchung der KTS Freiburg rechtswidrig war (VGH 1 S 2679/19). Die Entscheidung ist unanfechtbar.

Zur Erinnerung: Das Bundesministerium des Inneren (BMI) hatte im August 2017 die Seite Indymedia linksunten kurzerhand zum Verein deklariert, ein rechtlich fragwürdiger Kniff, ohne den das dann am 14.8. verfügte Verbot nicht möglich gewesen wäre. Das BMI ordnete die Beschlagnahme sowie Einziehung des Vereinsvermögens an und beauftragte das Regierunsgpräsidium Freiburg (RP) mit der Durchführung.

Vom BMI wurden in einer Liste fünf Personen als Mitglieder des konstruierten Vereins benannt. Die KTS tauchte in dieser Liste zwar ebenfalls auf, allerdings lediglich als „Infrastruktur“ ohne Zuordnung zu vermeintlichen Vereinsmitgliedern. Das BMI hatte sich deshalb, urteilt der VGH, nicht festgelegt, ob es das Zentrum nun als „Vereinsheim“ ansah oder nur als einen Ort, der unter anderem auch gelegentlich von dem „Verein“ genutzt wurde.

Der VGH dazu wörtlich: Es könne „nicht allein aus den Angaben des BMI zu den regelmäßigen Treffen des verbotenen Vereins im KTS der Schluss gezogen werden, dieser Verein sei deshalb bereits Mitgewahrsamsinhaber der Räume, die er nicht selbst gemietet hatte und in denen auch nach den Angaben in der Verfügung regelmäßig Treffen und Veranstaltungen von anderen Personen und Gruppen aus der linken Szene stattfanden.“

Bemängelt wird außerdem, das Bundesinnenministerium habe dem Regierungspräsidium nicht freigestellt, nach eigenem Ermessen über diese Frage zu entscheiden. Zudem stammten die Erkenntnisse, einer der vermeintlichen Vereinsmitglieder „sei nicht nur Nutzer, sondern Mitgewahrsamsinhaber der KTS-Räume gewesen“, nicht vom BMI selbst, sondern aus „einem Behördenzeugnis des Landesamts für Verfassungsschutz, das von dieser Landesbehörde erst nach dem Eingang des Vollzugs- und Ermittlungsersuchens am 17.08.2017 erstellt wurde“. Im Klartext: Die Freiburger hatten auf die Schnelle ein Gefälligkeitsgutachten bei den Schlapphütten bestellt, um dem BMI zu Diensten sein zu können.

Späte Genugtuung also für die KTS-AktivistInnen: Nach drei Jahren, schreiben sie, „hat also das oberste baden-württembergische Verwaltungsgericht letztinstanzlich festgestellt, dass die KTS Freiburg am 25. August 2017 nicht hätte durchsucht werden dürfen. Denn die KTS ist kein „Vereinsheim“ von Indymedia linksunten und das beschlagnahmte Geld auch nicht „Vereinsvermögen“ eines Vereins, den das BMI überhaupt erst konstruiert hat. Der KTS-Anwalt hat nun die Herausgabe aller beschlagnahmten Gegenstände sowie des beschlagnahmten Geldes gefordert. Gebt die Sachen raus! Her mit der Kohle!“

MM/jüg (Foto: Andreas Schwarzkopf, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons)