Initiative schlägt neue Bahnstrecke vor

Das Bahnangebot innerhalb der Agglomeration Kreuzlingen/Konstanz und zwischen den benachbarten Agglomerationen ist noch nicht so gut wie an vielen anderen Orten in der Schweiz. Daher hat die Initiative Bodensee-S-Bahn umfassende Verbesserungsvorschläge zum Bundessachplan Verkehr eingebracht. Eine Neubaustrecke zwischen Felben und Tägerwilen könnte die Bahnfahrzeiten um mehr als die Hälfte verkürzen und die Bahnkapazität verdoppeln.

Die Initiative Bodensee-S-Bahn kritisiert die vom Bundesamt für Verkehr vorgeschlagenen Pläne für die Entwicklung des Schienenverkehrs in der Ostschweiz (und darüber hinaus). Wir dokumentieren hier eine leicht bearbeitete Fassung der teils weitreichenden Vorschläge:

Straßen marginalisieren den öffentlichen Verkehr

Noch bis zum 23. Dezember 2020 liegt der Sachplan Verkehr, Teil Infrastruktur Schiene, zur Mitwirkung der Bevölkerung öffentlich auf. Während westlich von Winterthur sehr viele neue Projekte eingetragen sind, ist für den Thurgau relativ wenig vorgesehen. Will der Kanton Thurgau ein Straßenkanton bleiben?

Auf der Hauptverkehrsachse über den Seerücken von der Agglomeration Konstanz-Kreuzlingen in Richtung Frauenfeld – Winterthur – Zürich gibt es nur eine einzige, durchgehende Schienen-Fahrspur. Auf der Strasse sind es heute mit der A7 und dem übrigen Strassennetz 10 Fahrspuren. Der Bahnverkehrsanteil beträgt heute auf dieser Achse erst 8 %. Trotz dieses marginalen öV-Anteils fördert und fordert der Kanton Thurgau die beiden neuen Autostrassen BTS (Bodensee-Thurtal-Strasse A1-Anschluss-Arbon-West – Bonau) und OLS (Ober-Land-Strasse Kreuzlingen – Amriswil) und bisher nicht mehr Schnellzüge und S-Bahnen.

Die Initiative Bodensee-S-Bahn bewertet diese Verkehrspolitik als nicht nachhaltig und schlägt deshalb den Bau einer neuen Bahnstrecke parallel zur A7 zwischen Felben und Tägerwilen vor. Diese Strecke verbindet die Agglomeration Kreuzlingen-Konstanz mit über 100’000 Einwohnern und grossem Arbeits-, Ausbildungs-, Dienstleistungs-, Einkaufs- und Freizeit-Zentrum besser mit den Agglomerationen Frauenfeld, Winterthur, Zürich und weiteren. Die heutige Fahrzeit Frauenfeld – Kreuzlingen wird von 31 auf 12 bis 14 Minuten verkürzt und die Bahnkapazität verdoppelt.

Mit der Neubaustrecke lassen sich folgende neue Bahnverbindungen ohne Umsteigen und ohne Spitzkehre verwirklichen:

  • Westschweiz – Zürich – Winterthur – Kreuzlingen – Romanshorn – Arbon – Rorschach – Bregenz – Lindau.
  • Zweistündliche EC-Verbindungen Zürich – München über das Thurtal (in Ergänzung zum geplanten 2-h-EC-Takt Zürich – St. Gallen – München).

Die Initiative Bodensee-S-Bahn schlägt ausserdem folgende neue, schnellere und umsteigefreie Bahn-Angebote vor mit dem dafür notwendigen Ausbau der Infrastruktur:

  • Regional-Express Basel – Waldshut – Schaffhausen – Singen – St. Gallen: Die Hochrheinbahn Basel – Schaffhausen – Singen wird vor dem Jahr 2030 elektrifiziert und zum grössten Teil doppelspurig ausgebaut, so dass dort der Regional-Express im Halbstundentakt und S-Bahnen auf Teilstrecken bis zum Viertelstundentakt verkehren können. Ein Regional-Express ist im Stundentakt nach Konstanz und St. Gallen weiterzuführen, sobald der kurze, einspurige Engpass Konstanz-Petershausen bis Kreuzlingen-Hafen auf Doppelspur ausgebaut ist.
  • Weiterführung Schwarzwald-Express Karlsruhe – Konstanz via Kreuzligen-Hafen – Romanshorn – Arbon – Rorschach – St. Margrethen – Buchs – Sargans Landquart nach Chur (BODEX Bodensee-Express): Bahnfahrten von Singen, Konstanz/Kreuzlingen oder Romanshorn nach Chur sind heute unattraktiv und der Bahnverkehrsanteil ist marginal. Die zu benützenden Regionalzüge halten entlang des Bodenseeufers an allen Stationen und es ist mehrmaliges Umsteigen nötig. Der seit über 10 Jahren verkehrende Schwarzwald-Express von Karlsruhe – Offenburg über den Schwarzwald nach Konstanz ist hingegen überaus erfolgreich. Mit einer Weiterführung auf schweizerischem Gebiet entsteht ein attraktives neues Bahnangebot.
  • Umsteigefrei von Konstanz nach Nesslau oder Glarus via Kreuzlingen – Weinfelden – Wil – Wattwil – Uznach – Ziegelbrücke: In den Randgebieten der Kantone Thurgau und St. Gallen existieren diverse Bahnlinien, die heute nur als isolierte Regionallinien mit Halt an allen Stationen betrieben werden (z.B. Kreuzlingen – Weinfelden, Weinfelden – Wil/SG, Wil/SG – Nesslau). Daher ist zu prüfen, wie zwischen Konstanz am Bodensee und dem Toggenburg sowie dem oberen Zürichsee attraktive, rasche und umsteigefreie Zugsverbindungen eingeführt werden können.
  • Eilzugverbindungen Weinfelden – Frauenfeld – Winterthur – Bülach – Koblenz – Laufenburg – Rheinfelden – Basel (Mittelzentren-Verbindung): Zur Vernetzung der Mittelzentren und zur Entlastung des Knotenpunktes Zürich HB ist eine umsteigefreie Bahn-Verbindung Weinfelden – Frauenfeld – Winterthur – Bülach – Koblenz – Laufenburg – Rheinfelden – Basel für den Sachplan Verkehr zu prüfen.
  • Weiterführung der Zürcher S 29 „Winterthur – Stein am Rhein* nach Kreuzlingen: Durch die Verschiebung der Thurgauer S8 um 15 Minuten ist in Stein a/Rh. neu eine Übergangszeit von 20 Minuten auf die Zürcher S29 entstanden. Eine derart lange Wartezeit macht Bahnfahrten zwischen dem Untersee und den Agglomerationen Winterthur und Zürich für Pendler und Tagestouristen unattraktiv. Diese unkomfortable Situation sollte verbessert werden, indem die S29 ab Stein am Rhein wenigstens stündlich als Eilzug bis nach Kreuzlingen-Hafen mit Halten in Mammern, Steckborn, Ermatingen und Kreuzlingen weitergeführt wird.
  • Wiederinbetriebnahme der Bahnlinie Etzwilen – Singen: Diese Bahnlinie ermöglicht neue S-Bahn- und Schnellzug-Angebote zwischen den Bahnknoten Winterthur und Singen. Ihr S-Bahn-Potential wurde kürzlich in der Studie für Reaktivierungsstrecken im Land Baden-Württemberg als attraktiv eingestuft. Noch nicht berücksichtigt wurde das Potential für neue Schnellzüge Winterthur-Singen und weiter Richtung Friedrichshafen, Ulm oder Tübingen. Diese neue Verbindung zwischen dem Schweizer und dem deutschen Bahnnetz verdient auch als Ausweichstrecke in der Schweiz geprüft zu werden.

MM/red (Bild: O. Pugliese)