Insel Mainau: Der vergessene KZ-Friedhof

Mehr als eine Million Touristen besucht jährlich die Blumeninsel im Bodensee. Die Kassen klingeln fast rund um die Uhr, aus dem einst verträumten Kleinod ist längst eine profitable Geldmaschine geworden. Doch zwischen der prallen Blütenpracht versteckt sich ein Stück NS-Geschichte, an das auch die neue Mainau-Generation partout nicht erinnern will. Mit KZ-Opfern lässt sich einfach kein Geld verdienen.

Erst kürzlich erschien im UVK-Verlag ein kleines und lesenswertes Büchlein: „Französische Spuren in Konstanz“, herausgegeben von Daniela Frey und Claus-Dieter Hirt. Ein Beitrag befasst sich mit der Mainau und beruft sich dabei auf die Recherchen von Arnulf Moser. Der Konstanzer Historiker hatte schon vor Jahren sein Buch „Die andere Mainau 1945“ heraus gebracht, in dem er unter anderem auf die Verstrickungen des damaligen Mainau-Grafen Lennart Bernadotte mit den Nationalsozialisten verwies.

Jener hatte die Insel 1943 für monatlich 5000 Reichsmark an die Organisation Todt, die bautechnische Abteilung im NS-Rüstungsministerium von Albert Speer, verpachtet. Der Vertrag galt für die Dauer des Krieges. Die Insel sollte als Erholungsheim für Industrielle dienen, dazu kam es aber nicht. Lennart Bernadotte ein Kriegsgewinnler? Später erklärte der Mainaugraf, die Verpachtung an die Nazis sei notgedrungen gewesen. Doch Arnulf Moser legte Beweise vor, unter anderem den Schriftverkehr zwischen Bernadotte, dem damaligen Konstanzer Oberbürgermeister und Albert Speer, die den Mainaugrafen in keinem guten Licht erscheinen lassen.

Zum Ende des Krieges übernahm die französische Armee die Insel Mainau und richtete dort von Mai bis September 1945 ein Reservelazarett für überlebende Franzosen aus dem KZ Dachau ein. Laut Arnulf Mosers Nachforschungen wurden auf der Mainau mehrere hundert ehemalige KZ-Häftlinge versorgt. Doch einige waren so ausgemergelt, dass ihnen nicht mehr zu helfen war. 33 starben und wurden auf einem Friedhof beerdigt, der sich am Südostufer der Insel befand.

Lennart Bernadotte war die Anlage offensichtlich unangenehm und so setzte er alle Hebel in Bewegung, um die Spuren der NS-Geschichte auf seiner Insel schnellstmöglich zu tilgen. Er sorgte dafür, dass die Toten 1946 exhumiert und auf den Konstanzer Hauptfriedhof umgebettet wurden. Knapp zwei Jahre später überführte man die sterblichen Überreste endgültig nach Frankreich. Doch damit war die traurige Geschichte noch nicht zu Ende. Graf Bernadotte verlangte für die Bäume, die auf seiner Insel für den Bau des Friedhofs gefällt wurden, sogar nachträglich Schadenersatz.

Seit Jahren schon steht die Forderung im Raum, auf der Insel mit einer Gedenktafel der KZ-Opfer zu gedenken. Zeitlebens hat sich Lennart Bernadotte massiv dagegen gewehrt. Aber auch bei seinen Nachkommen stößt die Idee auf wenig Gegenliebe. Anfragen von Claus-Dieter Hirt und Arnulf Moser wurden abgeblockt. Florian Heitzmann, Pressesprecher der Insel Mainau, druckst auf die Anfrage von seemoz rum. Ja, man überlege nun doch, auf die Webseite der Mainau einen kleinen Hinweis zu setzen, der „in groben Zügen an damals“ erinnere. Eine kleine Gedenktafel sei jedoch zur Zeit kein Thema.

Morgen wollen Graf Björn Bernadotte und seine Schwester Bettina dem Technischen und Umweltausschuss in Konstanz ihre neuesten Pläne erläutern. Sie beabsichtigen, im Umfeld von St.Katharina einen Kletter- und Erlebniswald zu bauen. Dafür nehmen die Bernadottes Millionen in die Hand. Für eine kleine Gedenktafel bleibt da nichts übrig. Claus-Dieter Hirt hat dafür kein Verständnis: „Keinerlei Spuren sollen offensichtlich an die dunklen Kapitel der „Blumeninsel im Bodensee“ erinnern.“

Autor: H.Reile

Quellen: „Französische Spuren in Konstanz“/ Daniela Frey, Claus-Dieter Hirt/ UVK-Verlag
„Die andere Mainau 1945“/ Arnulf Moser/ UVK-Verlag