Insel Mainau: Verwirrung um einen Gedenkstein

Seit Monaten wird in der Öffentlichkeit darüber diskutiert, wie man der 33 ehemaligen KZ-Opfer gedenken soll, die im Sommer 1945 auf der Insel Mainau gestorben sind. Bereits 1995 hatte der Konstanzer Historiker Arnulf Moser mit seinem Buch „Die andere Mainau“ auch auf das Schicksal der auf der Blumeninsel Verstorbenen hingewiesen und schon damals gefordert, eine Gedenktafel aufzustellen. Nun tut sich was, aber der Fortgang der Angelegenheit sorgt für unnötige Irritationen.

Ende 2011 hatte die Deutsch-Französische Vereinigung (DFV) in Konstanz das Thema nochmal öffentlich gemacht (seemoz berichtete mehrmals ausführlich). DFV-Präsident Claus-Dieter Hirt verwies auf Mosers Recherche und bat die gräfliche Familie darum, nun endlich ein Zeichen zu setzen und mit einer Gedenktafel an die 33 Franzosen zu erinnern, die nach Kriegsende zur Erholung auf die Blumeninsel gekommen waren, dort aber an den Spätfolgen ihrer KZ-Zeit verstarben.

So richtig anfreunden wollte sich die neue Mainau-Generation mit dieser Forderung anfangs nicht. Schon ihr Vater Lennart Bernadotte hatte sich zeitlebens heftigst dagegen gewehrt. Dann aber wuchs der öffentliche Druck, viele Zeitungen aus dem deutschsprachigen Raum berichteten ausführlich über die „braunen Flecken“ auf der Mainau. Zusätzlich verfasste die DFV einen Offenen Brief an die Bernadottes, in dem sie die gräfliche Familie darum bat, endlich tätig zu werden. Da der Brief enorme Unterstützung aus der Bevölkerung erfuhr, musste auch die Grafschaft notgedrungen reagieren.

Es ist ein offenes Geheimnis: Gräfin Sonja und Graf Björn fühlten sich von Arnulf Moser und der DFV zunehmend in die Ecke gedrängt. Was also tun? Klar war man sich auch auf der Mainau: Weiter aussitzen lässt sich die Geschichte kaum. Also beauftragte man eine durchaus honorige Historikerkommission, zusätzliche Recherchen darüber anzustellen, wie es um die Mainaugeschichte während des Nationalsozialismus tatsächlich bestellt war. Denn schließlich soll Lennart Bernadotte den Nationalsozialisten gegenüber freundlich eingestellt gewesen sein, und dass ihm die Vermietung der Insel an die Nazi-Organisation Todt eine stattliche Summe beschert hat, steht außer Frage. Seitdem kümmern sich mehrere Historiker unter der Leitung von Lothar Burchardt um zusätzliche Erkenntnisse, die über das hinaus gehen sollen, was Arnulf Moser längst recherchiert und geschrieben hat. Dass sie dabei auch auf Mosers Unterlagen zurückgreifen, entspricht üblicher Praxis. Zusätzlich will man sich auf die Suche nach weiteren Quellen begeben. Damit aber, so die Auskunft, stehe man erst „am Anfang“.

Da ist es dann schon ein wenig erstaunlich, dass der SWR-Hörfunk vergangenen Donnerstag berichtete, die Mainau habe sich nun dazu entschieden, einen Gedenkstein für die auf ihrer Insel Verstorbenen anzubringen. Tobias Engelsing, Mitglied der Historikerkommission, soll sich so gegenüber dem Sender geäußert haben. Auf seemoz-Anfrage bestätigte er das. Die Bernadottes hätten den Vorschlag, einen Erinnerungsstein zu setzen, sofort angenommen. Darüber leicht irritiert ist jetzt die DFV, die bereits am 18.Januar per Brief den Bernadottes „Vorschläge zur Gestaltung einer Gedenktafel“ machte, aber bis heute auf eine Antwort wartet. Nach der SWR-Meldung schickte Claus-Dieter Hirt erneut einen Brief Richtung Mainau und fragte nach, ob Engelsings Erfolgsmeldung den Tatsachen entspräche: „Es wäre sehr freundlich, wenn Sie uns das bestätigen könnten.“

Wie auch immer das etwas kleinliche Historiker- und Zuständigkeitsgerangel ausgehen mag: Sollte die Erinnerungsdebatte im Spätsommer auf der Insel ihren signifikanten Abschluss gefunden haben, ist das wohl überwiegend der Beharrlichkeit von Arnulf Moser zu verdanken.

Autor: H.Reile

Der Offene Brief der DFV an die Familie Bernadotte kann weiterhin unterzeichnet werden: http://www.dfv-konstanz.de/htm/136_de.html

Weitere Links:

„Könnte mir ein Erinnerungszeichen im Park gut vorstellen“

Grenzwertig

„Die Mainau war bislang an einer Aufarbeitung nicht interessiert“

Die schnelle Antwort der Bernadottes

Weihnachtspost für Familie Bernadotte