Israelitische Kultusgemeinde unter Druck
Der Konstanzer Gemeinderat hat der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) eine letzte Frist bis 21.3.2010 eingeräumt, um den geplanten Synagogenbau voran zu bringen. Doch nun tauchten Vorwürfe eines Wirtschaftsprüfers auf, die das Finanzgebaren der IKG kritisch beleuchten.
Noch vor gar nicht langer Zeit stand dem Bau einer Synagoge in Konstanz kaum etwas im Wege. Die IKG bekam ein Grundstück von der Stadt gratis, das aber liegt weiterhin brach. Der Grund: Die IKG hat sich mit ihrem Dachverband IRG (Israelitische Religionsgemeinschaft) Baden überworfen. Die IRG schloss die IKG unter anderem wegen finanzieller Ungereimtheiten als Mitgliedsgemeinde aus, stellte sie unter Zwangsverwaltung und gründete in Konstanz eine neue jüdische Gemeinde. Das baden-württembergische Kultusministerium entzog der IKG die Rechtstellung als Körperschaft des öffentlichen Rechts. Die IKG zog dagegen vor Gericht, aber überwiegend erfolglos. (seemoz berichtete mehrmals).
„Kein Mitwirkungswille“
Immer wieder ließ die IKG verlauten, ihre Finanzen seien geprüft worden und weitgehend unbeanstandet geblieben. Mehrmals fiel in diesem Zusammenhang der Name des Karlsruher Wirtschaftsprüfers Kurt W. Bechtold. Doch der ließ unlängst in einer ausführlichen Stellungnahme wissen, dass von einer korrekten Buchführung der IKG keine Rede sein könne.
Bechtold, der alle Mitgliedsgemeinden der IRG Baden geprüft hatte, stellte der IKG kein gutes Zeugnis aus und teilte auf Anfrage mit, „dass seitens der IKG Konstanz kein Mitwirkungswille hinsichtlich einer Buchprüfung besteht. Bis heute (18.11.2009) konnte die Buchprüfung der IKG Konstanz nicht abgeschlossen werden, weil diese ihre Auskünfte in vorgenanntem Sinne verweigerte, was für alle übrigen Gemeinden kein Problem darstellte“.
Das abschließende Fazit Bechtolds über das Verhalten der IKG ist an Deutlichkeit kaum zu überbieten: „Festzuhalten ist daher, dass die IKG Konstanz nicht bereit ist, deren Einkommens- und Vermögensverhältnisse offen zu legen, woraus vielfältige Schlüsse gezogen werden können. Ein Zurückhalten von Informationen erscheint jedenfalls dann nicht notwendig, wenn ein redliches Verhalten voraus geht, was angesichts des vorbezeichneten Vorverhaltens in Frage gestellt werden kann“.
Die IRG steht bereit
Sollte die IKG bis Ende März nicht nachweisen können, dass sie es mit dem Synagogenbau ernst meint, muss sie das Grundstück an die Stadt zurückgeben. Die Konstanzer Verwaltungsspitze hofft, dass sich die streitenden Parteien bis dahin einigen. Doch davon ist kaum auszugehen. Nicht zuletzt deshalb, weil Peter Stiefel, der Vorsitzende der IKG, in der Vergangenheit seine vermeintlichen Kritiker mehrmals mit unsäglichen Nazi-Vergleichen überzogen hatte. Für die IRG hingegen ist längst klar, so ihre Vorsitzenden Wolfgang Fuhl und David Seldner: „Bewegen wird sich nur etwas, wenn die Stadt Konstanz den Vertrag mit der IKG kündigt und uns das Grundstück zur Verfügung stellt. Wir können die Synagoge bauen, sind dazu auch finanziell in der Lage, haben die volle Unterstützung des Landes und warten nur noch auf den Startschuss“.
Die Stadt ist gefordert
Die Frist für die IKG ist kaum das Papier wert, auf dem sie formuliert wurde. Auch im Konstanzer Rathaus setzt sich allmählich die Erkenntnis durch, dass für den Bau der Synagoge wohl nur die IRG ein seriöser Ansprechpartner sein kann. OB Horst Frank wäre gut beraten, noch vor Ablauf der Frist mit der IRG die dafür nötigen Schritte anzugehen. Denn eine überwiegende Mehrheit der Bevölkerung befürwortet den Bau einer Synagoge in der Sigismundstraße. Kaum einen Steinwurf davon entfernt stand die alte Synagoge, die von den Nazis im November 1938 bis auf die Grundmauern niedergebrannt wurde und die Verschleppung jüdischer Bürger in die Konzentrationslager einleitete.
Autor: Holger Reile