„Ja, wir nehmen das Geld“

Die Stadtverwaltung ließ sich entschuldigen – krankheitsbedingt. Dabei wäre die Diskussion „Wohnen in unserer Stadt – Unbezahlbarer Luxus?“- von der Linken am Dienstag im Treffpunkt Petershausen organisiert – gerade für Vertreter der Verwaltung hilfreich gewesen. Denn was zentrale Akteure der Konstanzer Wohnungspolitik auf dieser Podiumsdiskussion zu sagen hatten, gehört ins Stammbuch der Stadtplaner.

Über 30 BesucherInnen wollten hören, was die Profis zur Konstanzer Wohnungsmisere zu sagen hatten. Und das war einiges: „Es fehlt uns nicht an Geld, um zu bauen, es fehlt an Grundstücken“ (Ralph Buser, Spar- und Bauverein Konstanz); „natürlich würden wir zusätzliche städtische Subventionen annehmen“ (Hans-Joachim Lehmann, WOBAK); „die Stadt kann und muss planungsrechtlich eingreifen“ (Simon Pschorr, LLK); „Konstanz hat keine Vorratshaltung auf dem Baumarkt betrieben“ (Herbert Weber, Mieterbund Bodensee).

Chancen vertan

Die vier Diskutanten, die sich auf Nachfrage des Moderators Daniel Schröder mit Ausnahme von Buser als Konstanzer Mieter outeten, gingen mit der städtischen Wohnungspolitik hart ins Gericht. So kritisierte Simon Pschorr neben etlichen Zuhörern, dass Stadt und Gemeinderat die Chance ihres Vorkaufsrechts beim Verkauf der Areale von Vincentius und Siemens nicht wahrgenommen haben – „da hätte die Stadtpolitik gestalterisch eingreifen können“. Und am Beispiel von Ulm, wo nur auf städtischen Grund gebaut werden darf, erläuterte Herbert Weber, wie er sich städtischen Einfluss auf den ansonsten von Privaten dominierten Baumarkt denkt. „Aber“, setzte Pschorr nach, „solange die Stadt Konstanz gerade mal 1,5 Stellen in der Abteilung Stadtentwicklung vorhält, wird es kaum Verbesserungen geben können.“

WOBAK stärken

Viel wurde über die Rolle der städtischen Wohnungsbaugesellschaft WOBAK gestritten. Deren Vertreter auf dem Podium verteidigte deren zögerliche Aktivität am Baumarkt: „Das HPW (Handlungsprogramm Wohnen) ist erst drei Jahre alt – nun lasst die WOBAK, Aufsichtsrat und Geschäftsführung, doch erst mal machen – wir kriegen das hin“. Das mochten vor allem viele der ZuhörerInnen so nicht akzeptieren: Zusätzliche Stadtgelder für die Baugesellschaft wurden lauthals gefordert, „denn der Markt alleine schafft es nicht“. Doch Lehmann, der früher schon weitere Subventionen infrage gestellt hatte, verwies auf einen zehn Jahre alten Vertrag mit der Stadt, wonach die WOBAK unabhängig von Stadtgeldern agieren soll. Erst nach langem Zieren und stetigen Nachfragen wagte er die Aussage: „Ja doch, wird würden das Geld nehmen“.

Erbbau fördern

Vom Erbbaurecht werde in Konstanz viel zu selten Gebrauch gemacht, bemängelten zahlreiche BesucherInnen. Das sei auch schwierig, betonten Lehmann und Buser, da gebe es Probleme mit den Banken, die dann Kredite verweigerten, und auch die rechtliche Umsetzung ließe viele vor diesem Instrument zurückschrecken. Dennoch setzte sich auch auf dem Podium langsam die Erkenntnis durch: „Es fehlt an politischer Mobilität“ und „Wir brauchen eine Baurechtsreform“. Da sei, wie andere Städte zeigten, durchaus auch auf kommunalpolitischer Ebene möglich.

Dennoch wurde nicht vergessen, Land und Bund in die Pflicht zu nehmen. Deren gesetzliche Vorgaben seien ein Stück weit verantwortlich für die Misere (Eindampfung des sozialen Wohnungsbaus) oder würden ihr Ziel verfehlen („Mietpreisbremse“). Auch Veränderungen beim Mietpreisspiegel wurden angerissen, wenn denn dieses Instrument wirklich preismindernd wirken soll.

Fazit der über zweistündigen Diskussion: Die Stadt, der Staat, muss aktiver werden, Programme und Reden beim Neujahrsempfang reichen nicht – es müssen Rechtsvorschriften verbessert werden, vor allem aber sollte die Stadt mit direkten Subventionen einspringen. Denn, so Ralph Busers Schlusswort: „Es gibt nicht nur die eine Lösung“.

hpk