Jugendtreff Teestube in Singen bekommt neues Domizil

Blick von der Maggi-Straße über die Bahngleise auf das künftige Teestuben Gelände.

Blick von der Maggi-Straße über die Bahngleise auf das künftige Teestuben Gelände.

Heureka – endlich hat es geklappt: Singens selbstverwaltetes Jugendzentrum „Teestube“ kann umziehen. Sein neues Domizil wird an der Bahnhofstraße, hinter dem Obdachlosenheim, nahe den Bahngleisen sein (siehe Bild). Zur Errichtung des Neubaus auf städtischem Gelände gab der Gemeinderat Ende Mai seine Zustimmung. Veranschlagte Baukosten: 860.000 Euro. Die alte Teestube in der Hauptstraße soll zu Jahresende 2022 abgerissen werden.

Ende einer jahrelangen Sucherei

Mit dem bereits 2017 verabschiedeten Rahmenplan zum Sanierungsgebiet „Scheffelareal“ (zwischen Hegau-, Haupt-, Bahnhofs- und Scheffelstraße) war der Abriss des alten Teestube-Hauses Nr. 12 in der Hauptstraße beschlossene Sache. Was folgte, war eine lange und zähe Suche in ganz Singen für einen Ersatzstandort. Etliche Gebäude wurden begutachtet, aber aus verschiedenen Gründen (Eigentumsverhältnisse, Kosten, zu weit abgelegen von Bahn und Bus etc.) wieder verworfen. Genaue Kriterien, die der gewünschte Standort zu erfüllen habe, wurden dazu vom Teestuben-Team an die Stadtverwaltung herangetragen: Stadtnahe Lage, sichere Wege, guter ÖPNV-Anschluss, Konzerte und Betrieb der beliebten Skateramp ohne Störung der Nachbarschaft, Freifläche für ein Hofkonzept in Anlehnung an den vorhandenen Standort.

Der jetzt gewählte Standort an der östlichen Bahnhofstraße, hinter dem Obdachlosenheim, nahe den Bahngleisen, präsentierte die Stadtverwaltung bereits im Frühjahr 2021 und fiel bei den OrganisatorInnen des Jugendzentrums erst einmal durch: Viel zu klein sei das vorgeschlagene Funktionsgebäude in Container-Bauweise, vieles, was die Teestube bislang habe, ließe sich dort nicht mehr realisieren.

Demo im Oktober bringt die Wende

Mittlerweile drängte aber die Zeit. Es folgte die Kündigung des bestehenden Mietvertrags auf März diesen Jahres (seither gibt es nur noch eine monatliche Duldung bis zur Fertigstellung des Neubaus). Die Fronten drohten zu verhärten und die Zukunft der Teestube schien ungewiss. Erfreulicherweise kam es anders: Nach einer durchaus beeindruckenden Demo (seemoz berichtete) durch Singens Innenstadt, bei der Aktive, Unterstützer- und regelmäßige BesucherInnen auf ihre Sorge vor einem möglichen Aus des Jugendtreffs aufmerksam machten, bekam der Dialog zwischen Stadtverwaltung und Teestube wieder neuen Schwung. In einem Workshop wurde das Raumprogramm für den gewählten Standort überarbeitet. Heraus kam ein neuer Entwurfsplan mit vergrößerter Grundfläche und zwei Gebäuden. Kostenpunkt 1,4 Millionen Euro. Eine Summe, die bei den Haushaltsplanungen im Frühjahr auf herbe Kritik seitens der Singener RätInnen stieß. Ergo: Auch dieser Entwurf fiel durch.

Umgeplant, geschrumpft und angenommen

Eine (wieder) auf das Wesentliche zu reduzierende Neuplanung wurde der Stadtverwaltung als Hausaufgabe vom Verwaltungs- und Finanzausschuss mitgegeben. Diese sieht nun eine neue Teestube mit einem Gebäude vor. Auf 176 qm Gesamtnutzfläche sind Konzertraum inklusive Bühne, Thekenbereich, Küche, Büro, ein Awareness-Raum (als Rückzugsmöglichkeit aus dem „öffentlichen“ Bereich z.B. für persönliche Beratungen) sowie Nebenräume (WC, Technik) konzipiert. Die zugehörige Freifläche bietet genug Platz für die Skateramp, welche die Aktiven des Jugendtreffs neu errichten werden, da die jetzige nur überdacht genutzt werden kann. Auch eventuelle weitere Nutzungsmöglichkeiten wie Werkstatt oder Umsonstladen sind laut Planungsvorlage der Stadt weiter denkbar.

So kann es nun vorangehen

Der Bauantrag kann nach dem positiven Ratsbeschluss von 19 Ja- und neun Nein-Stimmen sowie einer Enthaltung gestellt werden. Die Nein-Stimmen kamen von CDU und FDP, denen unter anderem die veranschlagten Kosten von 860.000 Euro, die damit im Haushalt 2022 freigegeben sind, für „ein solches autonomes Projekt“ immer noch zu hoch sind. Klar, was halt nicht ins eigene marktradikale Weltbild passt und vom Profit-Gott abgesegnet ist, braucht „man“ auch nicht … Umso erfreulicher, dass die Stadtverwaltung und eine deutliche Mehrheit der RätInnen dies anders sehen. Chancen auf Fördermöglichkeiten sind zudem nicht ausgeschlossen. Grundstückeigentümerin bleibt die Stadt Singen. Die Teestube darf Gelände und Gebäude mietfrei nutzen, die Nebenkosten übernimmt der Teestuben-Verein e.V. als Träger. Als sogenannte „Gemeinbedarfseinrichtung“, für die im Rahmen der Sanierung des Scheffelareals ein „Ersatz- und Ergänzungsgebiet“ (Link zur Beschlussvorlage) gefunden werden muss, kann ein Antrag beim Bundesprogramm „Soziale Integration im Quartier“ (SIQ) gestellt werden. Ein entsprechendes Konzept, aus dem die Eigenschaft einer solch förderungswürdigen Gemeinbedarfseinrichtung erkennbar wird, wird von Stadtverwaltung und Teestuben-Verein erarbeitet werden. Bei positivem Bescheid könnte mit einem Zuschuss von etwa 232.000 Euro zu rechnen sein.

Den morbiden Charme der jetzigen alten Teestube wird das neue Domizil zwar bestimmt nicht haben, aber dafür so manche Annehmlichkeiten und Vorteile, wie sie eben Neubauten bieten, unter anderem energetische und klimaschonende: Beheizt werden soll das Gebäude mit einer Wärmepumpe, eine Photovoltaik-Anlage auf dem Flachdach wird die Stromversorgung unterstützen. Und es ist ja nicht der erste Umzug des Jugendtreffs, der seit 38 Jahren fest zu Singen gehört und mittlerweile ein anspruchsvolles, alternatives Sozial- und Kulturprogramm bietet. Bis wann das neue Gebäude steht und ob die Teestube so lange in ihrem jetzigen Domizil bleiben kann, ist derzeit noch offen.

Text und Foto: Uta Preimesser