Kampf der Roller-Pest?

Elektro-Tretroller stören auch in Konstanz durch ihre Allgegenwart vor allem an Plätzen, an denen sie Radler*innen und Fußgänger*innen im Wege stehen. Die FDP hatte deshalb bei der Verwaltung angefragt, welche Möglichkeiten es gibt, „das willkürliche Abstellen von Elektro-Rollern im Stadtgebiet zu unterbinden“. Die Stadtverwaltung hat jetzt geantwortet: Da geht scheint’s was …

Hier die Stellungnahme des Baudezernates:

Mit Zulassung und Einführung der E-Tretroller im Juni 2019 veränderte sich auch die Mobilitätsvielfalt. E-Tretroller-Verleihsystem eroberten in kurzer Zeit viele Städte. Mit dem Erlass der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (eKFV) standen viele Kommunen vor der großen Herausforderung, wie sich dieses neue Verkehrsmittel in die bestehende Infrastruktur integrieren und vor allem auch regulieren lässt.

Zum damaligen Zeitpunkt ging man davon aus, dass Kommunen zunächst nur über geringe Einflussmöglichkeiten im Hinblick auf E-Tretroller-Verleih-Systeme haben. Um dennoch negativen Zuständen durch das Aufkommen der E-Tretroller im Verleih entgegenzuwirken, wurden vielerorts freiwillige Vereinbarungen mit den Anbietern getroffen. Angesichts der Flächenknappheit und -konkurrenz war es auch ein Bestreben der Stadtverwaltung Konstanz, im Rahmen der damals gegebenen Möglichkeiten zu handeln. So wurden ab September 2020 auch in Konstanz freiwillige Vereinbarungen mit E-Tretroller-Anbietern abgeschlossen.

E-Tretroller sind Sondernutzung

Im Konstanzer Stadtgebiet ist die Anzahl an E-Tretrollern im Verleihsystem merklich gestiegen. Die Verwaltung hat sich intensiv mit der Thematik auseinandergesetzt, um die steigende Zahl an E-Tretrollern im Verleihsystem nicht beliebig hoch werden zu lassen und gleichsam mehr Aufmerksamkeit für tatsächlich ordnungsgemäßes Aufstellen von E-Tretrollern bei den Nutzenden hervorzurufen.

Eine Klärung solch neuer Themen wird häufig erst durch aktuelle Rechtsprechungen herbeigeführt. Nach den Entscheidungen der Verwaltungsgerichte Münster und Köln sowie des OVG Nordrhein-Westfalen stellt die Nutzung des öffentlichen Raumes durch das Bereitstellen von zu mietenden E-Tretrollern unstrittig keinen Gemeingebrauch dar, sondern eine Sondernutzung. Die angebotenen E-Tretroller dienen nicht vorwiegend zum Zweck des Verkehrs, sondern stellen ein Angebot zum Abschluss eines Mietvertrages dar. Mithin liegt deren primärer Zweck nicht in der Nutzung als Verkehrsmittel und somit der Fortbewegung, sondern findet sich im gewerblichen Bereich wieder.

Ein hohes Risiko

Immer mehr Städte folgen nun der aktuellen Rechtsprechung und ordnen E-Tretroller-Verleihsysteme als Sondernutzung ein. Dies bietet Kommunen die Möglichkeit zu mehr Steuerung und Durchgriffsmöglichkeiten als zuvor die freiwilligen Selbstverpflichtungen. In Anbetracht des steigenden Konfliktpotenzials zwischen E-Tretrollern und Radverkehr sowie zu Fuß Gehenden scheint es geboten, intensiver zu regulieren. Insbesondere falsch abgestellte E-Tretroller bergen für blinde, seh- und mobilitätseingeschränkte Personen ein hohes Risiko. Nicht zuletzt kristallisierte sich dies im Austausch mit betroffenen BürgerInnen deutlich heraus.

Um E-Tretroller in die vorhandene Infrastruktur besser zu integrieren und Konflikte mit anderen Verkehrsteilnehmenden zu minimieren, wird seitens der Stadtverwaltung die Einstufung von E-Tretroller-Verleihsystemen als Sondernutzung forciert.

Es soll etwas passieren

Sondernutzungen bedürfen einer straßenrechtlichen Erlaubnis und ermöglichen, verbindliche Regelungen zu treffen. Neben der Erlaubnis, Miet-E-Tretroller im öffentlichen Raum bereitzustellen, beinhaltet die Sondernutzungserlaubnis verschiedene Auflagen und Nebenbestimmungen. Es ist beabsichtigt, wie in der freiwilligen Vereinbarung, Auflagen festzusetzen, welche sich auf das Abstellen der E-Tretroller beziehen (bspw. freizuhaltende Mindestbreite auf Gehwegen) und Bereiche zu definieren, in denen E-Tretroller nicht abgestellt und/oder benutzt werden dürfen.

Eine weitere Auflage bezieht sich auf die Beendigung des Mietvorganges. Bevor dieser abgeschlossen werden kann, ist von dem Nutzenden ein Bild des abgestellten E-Tretrollers in die App des Anbieters hochzuladen. Auf diese Weise soll der Nutzende animiert werden, den E-Tretroller vorschriftsmäßig abzustellen. Darüber hinaus werden weitere Nebenbestimmungen zur Förderung einer geordneten und achtsameren Nutzung des öffentlichen Raumes in die Sondernutzungserlaubnis einfließen.

Freiwilligkeit langt nicht

Bei Nichterfüllung der Auflagen und Nebenbestimmungen kann der Sondernutzungserlaubnisnehmer (= Anbieter) entsprechend geahndet oder ihm gar die Sondernutzungserlaubnis widerrufen werden. Unterstützend sind hier die fortwährenden Kontrollen des Gemeindevollzugsdienstes, welcher bereits jetzt im Rahmen seiner regelmäßigen Bestreifungen verkehrsbehindernde E-Tretroller verwarnt und ggfs. versetzt. Das oben genannte verpflichtende Foto ermöglicht dem Anbieter, im Falle des Verstoßes gegen die Auflagen bzw. nach Erhalt eines Bußgeldbescheides, den dafür verantwortlichen Nutzenden zu belangen.

Die bislang geltende freiwillige Vereinbarung zwischen der Stadt Konstanz und E-Tretroller-Verleih-Anbietern erging ohne Gebühren. Für die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis sind, neben einmaligen Verwaltungsgebühren, auch Sondernutzungsgebühren zu erheben. Innerhalb des Gebührenrahmens der Stadt Konstanz (hier: Ziffer IV der Satzung über Erlaubnisse und Gebühren für Sondernutzungen an öffentlichen Straßen) beabsichtigen wir je E-Tretroller eine Gebühr von 12,00 EUR pro Monat zu erheben. Weiterhin soll das Kontingent einer E-Tretroller-Flotte, also pro Anbieter, auf 150 Stück limitiert werden.

Durch die Regelungen hofft die Verwaltung, dass sich die Anzahl der E-Tretroller im Stadtgebiet reduziert und ein Rückgang der vorschriftswidrig abgestellten E-Tretroller zu verzeichnen ist. Die weiteren Entwicklungen werden beobachtet. Das Bürgeramt steht im regelmäßigen Austausch mit dem Schwerbehindertenbeauftragten und einer Vertreterin der Sehbehinderten. Deren Erfahrungsberichte unsere Beobachtungen ergänzen und unterstützen.

Keine Abstellzonen

Eine weitergehende Maßnahme zur Optimierung des Abstellens von E-Tretrollern könnte die Markierung von Zonen sein, wie es bereits in einigen anderen Städten veranlasst wurde. Um ein Abstellen außerhalb solcher Flächen zu vermeiden, wäre eine Beendigung des Miet-Vorganges begrenzt auf die Zonen (oder auch „Entmietungs-Flächen“) erforderlich. Technisch lässt sich dies durch GPS (Global Positioning System) zwar umsetzen, jedoch nur mit einer Genauigkeit von 15 Metern. Was wiederum das Risiko mit sich bringt, dass dennoch E-Tretroller auch weit neben einer solchen Zone verkehrsbehindernd oder -störend abgestellt werden könnten. Die Festlegung von Flächen für das gesamte Stadtgebiet stellt einen nicht unerheblichen Mehraufwand für die Verwaltung dar, welcher kurzfristig nicht bewältigt werden kann. Daher wird präferiert, zunächst zu beobachten, inwieweit die formalen Maßnahmen zur Regulierung ausreichen und ggfs. in einem zweiten Schritt ein abgeschlossenes Konzept hinsichtlich weiterer Entmietungsflächen zu entwickeln.

Vor Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis werden die freiwilligen Vereinbarungen seitens der Stadt Konstanz gekündigt. Die Einführung der Sondernutzungserlaubnis für E-Tretroller im Verleihsystem soll zum 01. Januar 2024 erfolgen.

Text: Stadt Konstanz/red., Bild: Harald Borges