Karstadt Konstanz: Grund zur Freude, Skepsis für die Zukunft
„Karstadt wird ein sehr aufregendes Leben haben“, verspricht der neue Eigentümer Nicolas Bergruen und meint das nur positiv. Reimund Franke, Karstadt-Geschäftsführer in Konstanz, ist da verhaltener: „Die Veränderungen werden erst noch auf uns zukommen“, meint er. Sektkorken zumindest knallten nicht in Konstanz, als die Nachricht von der Rettung des Kaufhauskonzerns am Bodensee eintraf
Am Freitagmittag war alles klar: Die Rettung der Warenhauskette Karstadt mit bundesweit 25.000 Mitarbeitern wurde auch formell besiegelt – das Amtsgericht Essen billigte den Insolvenzplan für Karstadt, nachdem alle Gläubiger des Vermieterkonsortiums dem Mietvertrag mit dem neuen Karstadt-Eigner Berggruen zugestimmt hatten. Mit der ‚Absegnung‘ dieses Vertrages durch die Essener Richter kann Karstadt entschuldet werden und als Einheit in die Zukunft gehen. Das Schreckensszenario einer Zerschlagung ist vom Tisch; am 1. Oktober übernimmt Berggruen offiziell die Geschäfte.
Der neue Eigentümer will alle Filialen übernehmen, erhalten und 70 Millionen Euro eigenes Kapital investieren. Die Marke Karstadt soll verjüngt und modischer werden. Gerade da sieht auch Ulrike Wuhrer, Karstadt-Betriebsrats-Vorsitzende in Konstanz, die Stolpersteine für die zukünftige Entwicklung: „Auf uns Betriebsräte wartet unheimlich viel Arbeit. Was wird wie verändert? Was bedeutet das für die Arbeitsabläufe, was für die Arbeitsplätze?“
Dennoch sind Wuhrer und Franke einig: „Der Druck ist erstmal weg – das Damoklesschwert der Zerschlagung ist erst einmal eingepackt. Das haben wir auch“, so betonen beide, „der Solidarität der Kunden, der Medien und der Lokalpolitiker zu verdanken“. Denn das darf nicht vergessen werden: Bis Anfang September stand das Schreckgespenst einer Auflösung des Konzerns noch im Raum. Danach wären nur die Sporthäuser (eines davon im LAGO-Konstanz) und die Premiumhäuser (und die gibt es nur in München, Hamburg und Berlin) beisammen geblieben; die übrigen Kaufhäuser (auch die in Singen und Konstanz) wären wohl oder übel verscherbelt worden. Das Schicksal der Quelle-Geschäfte – einstmals mit Karstadt unter einem Konzerndach – geht an den Karstadt-Beschäftigten somit vorbei.
Aber was kommt auf sie zu? Was ist mit ‚Verjüngung‘, was mit ‚modischer Ausrichtung‘ gemeint? Betriebsrätin Wuhrer ist skeptisch: „Zu viele Wechselbäder mussten die Kolleginnen und Kollegen in den letzten Monaten über sich ergehen lassen, als dass wir jetzt gänzlich unbelastet in die Zukunft schauen könnten“. Grund zur Freude, zur Erleichterung – ja. Aber auch Skepsis, was die Zukunft anbelangt. Das ist die Stimmung derzeit bei Karstadt.
Autor: hpk