Kein Bundesverdienstkreuz für Frauke Petry
Der Radiomoderator Jürgen Domian hat es bekommen für „soziales Engagement“ mit seiner Sendung, Birgit Schrowange für ihren Einsatz gegen Kinderarmut und viele andere ebenso: den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland – das Bundesverdienstkreuz. Seit 2012 liegt die Auszeichnung auch bei AfD-Chefin Frauke Petry in der Schublade, weil die mit ihrer Firma einen umweltfreundlichen Kunststoff entwickelt hat.
Aber Frauke Petry? Die mit dem Schießbefehl? Der von Theodor Heuss gestiftete Orden soll eigentlich „eine Auszeichnung all derer bedeuten, deren Wirken zum friedlichen Aufstieg der Bundesrepublik Deutschland beiträgt“.
Kürzlich wurde eine Petition gestartet, um Petry die Auszeichnung wieder abzuerkennen. Die Frau mit den explosiven Ideen wirke dem „friedlichen Aufstieg“ der Bundesrepublik „diametral entgegen“.
Das Bundespräsidialamt teilt auf Kontext-Anfrage allerdings mit, dass an eine Aberkennung ein „strenger Maßstab angelegt“ würde. Das Ganze geht nur über „§ 4 des Gesetzes über Orden, Titel und Ehrenzeichen“ und der besagt, dass in der Regel „eine rechtskräftige Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe“ Voraussetzung ist für einen Ordensentzug. Immerhin, da bleibt ja noch Hoffnung.
Mit Petrys Kunststoff werden übrigens große Reifen befüllt, so steht’s auf der Seite des Bundespräsidenten, man kann ihn aber auch für Fahrradreifen, Rollstühle oder Kinderwagen verwenden. Kinderwagen? War da nicht was #Schießbefehl #Beatrix von Storch?
Die AfD-Baden-Württemberg dementiert übrigens „mit Nachdruck“ die Schießbefehl-Idee. Sie sei „in verkürzter Form und aus dem Zusammenhang gerissen“ wiedergegeben worden und – eh klar: Vom politischen Gegner inszeniert und „Teil einer gegen uns gerichteten Kampagne, die vor keinen Verdrehungen und Verleumdungen mehr zurückschreckt.“ Oje, oje, die Russen sind da.
Kontext
Dass Rechtsradikalen wie Frau Petry keine Orden, Aufmerksamkeiten oder Wahlstimmen gegeben werden sollten, versteht sich hoffentlich von selbst. Wie man mit ihnen aber umgeht ist natürlich keineswegs leicht, die lokalen Landtagskandidaten haben das ja auch gerade aufgezeigt.
Ganz generell könnte man hier aber mal solchen prozeduralen Unsinn wie das „Bundesverdienstkreuz“ kritisieren. Warum bekommt jemand, einfach nur für das Führen eines Wirtschaftsunternehmens, eine staatliche Auszeichnung? Was ist denn da die Leistung, die „zum friedlichen Aufstieg der Bundesrepublik Deutschland beiträgt“? Noch dazu, da ihre Firma „PURinvent GmbH“ eine in Spitzenzeiten 9-Personen-Klitsche war, die ja bekanntlich von ihr auch noch in die Insolvenz getrieben wurde. Mit solchen Begründungen müsste doch jeder Handwerksbetrieb einen Bundesverdienstkreuzträger in den Reihen haben, diese haben schließlich meist mehr Mitarbeiter und schaffen auch noch beständige Werte.
Noch dazu kommt, dass einige Menschen einfach qua Beruf den Orden bekommen, beispielsweise Richter am BVerfG oder Diplomaten – Dabei erledigen sie einfach ihren Job, für den sie ja auch hochbezahlt werden. Und was ist überhaupt von einer Auszeichnung zu halten, die (laut Wikipedia) ungefähr 248.400 verliehen wurde?
Da sollte man es auch bei uns im tiefsten Süden lieber mit hanseatischen Traditionen halten und Orden generell ablehnen (Interessanter Fakt am Rande: Der Ex-AfDler Henkel hat das Bundesverdienstkreuz deshalb abgelehnt). Diesen ganzen Pompanz inklusive Verleihungszeremonie möge man sich doch einfach sparen.
Nein, ich bin wahrlich kein Freund der AfD-Bundesvorsitzenden. Schon seit jeher stört mich ihre selbstherrliche, ihre nach Macht strebende Art, ihre auf mich arrogant erscheinende Oberflächlichkeit. Und nicht zuletzt hat sie sich mit ihren Aussagen zum Schusswaffeneinsatz vollends disqualifiziert – besonders deshalb, weil ihre Einordnungen in der von ihr kundgetanen Formulierung rechtlich keinesfalls haltbar und möglicherweise gar strafbar sind.
Allerdings bezweifle ich einerseits, dass ihr selbst bei einer Verurteilung eine Freiheitsstrafe droht. Andererseits hat sie das Bundesverdienstkreuz für etwas bekommen, was weder in einem sachlichen, noch in einem inhaltlichen Zusammenhang mit ihrem jetzigen Verhalten, ihren Aussagen dieser Tage und ihrem politischen Einsatz der letzten Jahre steht.
Zweifelsohne sollte der Empfänger einer derartigen Ehrung auch nach der Auszeichnung als eine integre Persönlichkeit auftreten und ein würdiger Träger des Verdienstkreuzes sein. Die in diesem Falle fast wörtlich zu nehmenden „Schnellschüsse“ der Gegenseite sind aber sicherlich auch nicht die passende Antwort eines ausgewogenen Entscheidungsprozesses. Daher begrüße ich, wenn nun zunächst abgewartet, die strafrechtliche Relevanz der Äußerungen von Frau Petry beurteilt und ein anständiges Prüfungsverfahren durchgeführt wird, ehe eine Aberkennung aus dem Affekt heraus die Befürworter eines solchen Schrittes blamiert…
Orden sind wie Hämorrhoiden, irgendwann bekommt sie jedes Arschloch. „Billy Wilder“