Kein Einknicken vor den Vandalen
Zum zweiten Mal wurde die Informationstafel am Soldatendenkmal am Eingang des Chérisy-Areals gezielt zerstört. Die Tafel, die an die nationalsozialistische Vergangenheit der Nazi-Statue und der damit verbundenen martialischen Kriegsverherrlichung erinnern sollte, wurde nicht einfach nur abgerissen, sondern vollständig entfernt und fort geschafft. Die Friedens-Initiative und die LLK aus Konstanz protestieren und fordern Konsequenzen:
FI: Rubbel die Katz am Chérisy-Soldaten
Die Vermutung ist wohl nicht abwegig, dass den TäterInnen selbst der allzu arglose Tafeltext zu wenig Heldenverehrung für den deutschen Soldaten enthielt und sie deshalb die Tafel erneut vandalierten.
Die Friedens-Initiative (FI) erklärte schon frühzeitig, dass der Umgang mit dem Nazi-Denkmal weder per Ordre de Mufti noch durch einfachen Beschluss eines Gremiums erledigt werden könne, sondern Ergebnis einer öffentlich geführten Diskussion sein müsse.
Leider konnten wir uns mit unserem Vorschlag nicht durchsetzen, zum Umgang mit dem Soldaten-Denkmal eine Podiumsdiskussion mit Konstanzer Sachkundigen zu veranstalten und einen Künstlerwettbewerb auszuschreiben. Die abrupt beendete Debatte im Kulturausschuss bestätigte nur ein weiteres Mal, dass die Nazi-Vergangenheit auch in Konstanz noch keineswegs verarbeitet, geschweige denn „bewältigt“ ist. Wie weit die Vergangenheit in die Gegenwart reichen kann, lässt sich an den blutigen USA-Krawallen bei der Entfernung der Denkmäler des Südstaaten-Generals Robert E. Lee sehen: Der Bürgerkrieg in den USA um die Abschaffung der Sklaverei ist doppelt so lange her wie der Nazi-Terror.
Wir haben in Konstanz das Glück, außerordentlich gute KennerInnen zum Thema Historie und der Erinnerungsforschung zu haben. Die könnten sicherlich Erhellendes zum Thema vermitteln, vielleicht sogar zu den möglichen Beweggründen der Tafel-Abreißer. Und wenn wir schon dabei sind, könnte auch gleich noch geklärt werden, weshalb der Erzantisemit Conrad Gröber und der Nazi-Nutznießer Franz Knapp noch immer Ehrenbürger der Stadt Konstanz sind.
Bis dahin wird dem Gemeinderat wohl nichts anderes übrig bleiben, als immer wieder die Tafel am Soldaten erneuern zu lassen. Oder die Bundeswehr stellt einen Dauer-Wachposten auf. Oder man gibt sich den Vandalen geschlagen.
Maik Schluroff für die Konstanzer Friedens-Initiative Konstanz
P.S. „Rubbel die Katz“: Durch das Betasten des Geldsäckels („Geldkatze“) sich des Inhalts versichern; heute meist: eine (vor-)schnelle Entscheidung treffen
LLK und Linke fordern Konsquenzen
Die wiederholte Beschädigung nach nur zwei Tagen der Wiederanbringung deutet klar auf einen rechtsradikalen Hintergrund hin. Die Linke Liste Konstanz sowie die LINKE Konstanz und ihr Bundestagskandidat Simon Pschorr verurteilen die mutwillige Zerstörung aufs Schärfste. Die Schrecken der Nazizeit sind ein Teil deutscher Geschichte und gemahnen an die zerstörerischen Folgen von Nationalismus, Rassismus und Militarismus. Mit der wachsenden Anhängerschaft der AfD werden rechtsradikale Parolen und volksverhetzende Verleumdungen mehr und mehr salonfähig, wie erst jüngst Spitzenkandidat Alexander Gauland mit seiner Äußerung, die Integrationsbeauftragte Aydan Özoğuz in Anatolien „entsorgen“ zu wollen, eindrücklich bewies. Eine Strafanzeige des bekannten ehemaligen Richters am Bundesgerichtshof Thomas Fischer ist aktuell anhängig. „Vor Ort werden wir Neonazis und Rechtsradikale von AfD, Drittem Weg und Identitärer Bewegung konsequent bekämpfen“, sagt Simon Pschorr.
Es kann auch nicht sein, dass die wiederholte Entfernung der Infotafel einfach hingenommen wird und jedes Mal beträchtliche Kosten für die Allgemeinheit entstehen. Wir fordern die Stadt Konstanz auf, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um der Täter habhaft zu werden und weitere Zerstörungen zu verhindern. Auch eine Umgestaltung des Wehrmachtssoldaten zum antifaschistischen Denkmal oder dessen Beseitigung ist für LLK und LINKE Konstanz nicht vom Tisch, zumal das Nazi-Monument nach wie vor ein erhebliches Verkehrshindernis darstellt.
Anke Schwede, Holger Reile (Stadträte Linke Liste Konstanz)
Simon Pschorr (Bundestagskandidat DIE LINKE Konstanz)
Foto: Jürgen Geiger
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27.07.17 | Vandalismus am Schandmal