Kein neuer Radweg an der B33!?

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Der Reichenauer Bürgermeister Wolfgang Zoll warb engagiert für den B33-Radweg.

Seit der Erneuerung der B33 müssen ReichenauerInnen für die Fahrt nach Konstanz den Radweg entlang der Bahnlinie zwischen den Bahnhöfen Reichenau und Wollmatingen nutzen. Der althergebrachte Fuß- und Radweg an der B33 fiel nämlich zum Unwillen der InsulanerInnen den Umbaumaßnahmen zum Opfer. Bei einer Ortsbesichtigung durch Reichenauer und Konstanzer GemeinderätInnen und Vertreter der Bauverwaltung wurde gestern klar: Es gibt keine Chancen für einen neuen Radweg dort.

Eigentlich klingt die Idee bestechend: Südlich der Leitplanke der B33 verlief jahrzehntelang ein als solcher ausgeschilderter asphaltierter Fuß- und Radweg, der von einheimischen wie touristischen RadlerInnen rege genutzt wurde. Im Zuge des Ausbaus der B33 wurde dieser Radweg vor einiger Zeit stillgelegt und dabei auch der Belag entfernt. Zudem haben, wie der Augenschein gestern ergab, äußerst rührige Wildschweine auf der Reichenauer Seite ganze Renaturierungsarbeit geleistet und direkt hinter Leitplanken und Lärmschutzwänden ihre Rüssel tief durch den ehemals asphaltierten Boden gepflügt.

Gemeinsamer Antrag von CDU und FWK

Bei der Ortsbesichtigung formulierte der Reichenauer Bürgermeister Wolfgang Zoll, was sich viele Insulaner wünschen: Da der schmucke Radweg entlang der Bahn viel zu befahren sei (und, wie er zu erwähnen vergaß, auch einen kleinen Umweg bedeutet), hätten die InselbewohnerInnen gern „ihren“ alten Radweg entlang der B33 wiedergehabt: Schön asphaltiert, eventuell gar beleuchtet, egal wie, Hauptsache wieder ein richtiger Radweg. Dieses Anliegen findet breiten Anklang, und es liegt sogar ein gemeinsamer Antrag von Freien Wählern und CDU sowohl von der Insel Reichenau wie vom Konstanzer Festland vor, diesen Radweg ganz offiziell wieder einzurichten. Er müsste wie gehabt in Konstanz gegenüber dem Flughafen ebenso wie an der Kindlebildkreuzung auf Reichenauer Gebiet an das Verkehrsnetz angeschlossen werden.

Nicht ganz überzeugen kann die Argumentation pro Radweg allerdings in einer Hinsicht: Einerseits heißt es, dort würden dann ja nur ein paar InselbewohnerInnen entlangradeln, so dass die Natur nicht gestört würde. Andererseits wird behauptet, der Weg sei dringend notwendig. Angesichts des Naturschutzes und der Kosten für ein solches Projekt sollte man sich für eine Argumentation entscheiden: Für 20 ReichenauerInnen am Tag wäre ein solcher Weg sicher kaum sinnvoll, die können auch an der Bahntrasse entlangfahren.

Schwarze Magie

Nun unterliegt Bauen, öffentliches zumal, in den Augen von Laien dem Magie-Vorbehalt. Da war noch vor ein paar Jahren ein Radweg, also wieso sollte man da nicht wieder einen hinbauen dürfen? Wer diese Frage stellt, ist naiv, denn hier kommen tatsächlich höhere Mächte ins Spiel. Während auf der einen Seite die weiße Magie urplötzlich ein Kongresszentrum nach Konstanz zaubern kann, verhindert die schwarze Magie des Baurechts, einen Radweg wiederherzustellen, auf den seine ehemaligen Nutzer ein Gewohnheitsrecht zu haben glauben. Wie das?

Martin Wichmann, Stellvertretender Leiter des Konstanzer Amtes für Stadtplanung und Umwelt, wies auf etliche Punkte hin, die bei einem solchen Vorhaben bedacht werden müssen, und machte ebenso wie der Konstanzer Baubürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn deutlich, dass die Konstanzer dem Vorhaben der Reichenauer nicht im Weg stehen, aber die Reichenauer in einer Bringschuld seien. Diese besteht vor allem darin, die Abstimmung mit allen beteiligten Behörden vorzunehmen, vor allem mit dem Regierungspräsidium, das für den Naturschutz zuständig ist. Das Gebiet südlich der Bundesstraße 33 ist nämlich ein Naturschutzgebiet. Auch wenn dort bisher keine schützenswerten Fledermäuse oder vom Aussterben bedrohten Lindwürmer gesichtet wurden, kann man da nicht einfach neu bauen, was jüngst renaturiert wurde, sondern muss ein höchst kompliziertes Verfahren in Gang setzen.

Alle anderen Fragen, etwa die Frage, wer den Asphalt dort bezahlt, die Büsche regelmäßig zurückschneidet und bei Radunfällen haftet, wolle man gutnachbarschaftlich zurückstellen, bis die baurechtlichen Fragen geklärt seien, so das Versprechen der Konstanzer. Nicht zu vergessen sei aber auch, dass Leitplanken sowie Lärmschutzwände den Zugang von Rettungskräften zum Radweg verhinderten. Kurzum: Das sei ein komplizierter Fall.

Radweg – No way!

Die Ortsbesichtigung zeigte dann, dass vom ehemaligen Radweg ab Kindlebildkreuzung bis zur Grünbrücke heute nur noch ein Trampelpfad übriggeblieben ist. Von der Grünbrücke bis kurz vor die Konstanzer Kläranlage folgt ein geschotterter Feldweg mit Wendeschleife, breit genug für einen Traktor; dieser Weg dient der Bewirtschaftung der in das Naturschutzgebiet reichenden Wiesen und dem Zugang zum Naturschutzgebiet selbst. Das letzte Stück des ehemaligen Radweges entlang der Konstanzer Kläranlage hingegen ist schlichtweg nicht mehr existent, sondern einfach nur ein Grünstreifen hinter der Leitplanke der B33.

Das wesentlichste und nicht zu beseitigende Hindernis für einen Radweg auf dieser Strecke ist, dass er nicht unter der Grünbrücke hindurchgeführt werden kann. Bei deren Errichtung wurde auf den Platz für einen Radweg verzichtet. Der Radweg müsste vielmehr südlich der Grünbrücke einen Schlenker durch das Naturschutzgebiet unternehmen – und das kriegt man, versicherten die Konstanzer Verkehrsplaner, niemals und unter keinen Umständen genehmigt, zumal ja damals zum Ausgleich extra der Radweg entlang der Bahnlinie neu gebaut wurde.

Somit hatte diese Ortsbesichtigung ein ganz handfestes Ergebnis: Die mitgehenden und -radelnden Lokalpolitiker wie Ralf Blum von der CDU Reichenau und Ewald Weisschedel von den Freien Wählern Konstanz waren schnell davon überzeugt, dass ihr gemeinsamer Antrag auf einen neuen Radweg entlang der B33 aus rechtlichen Gründen keine Chance hat. Auch der Reichenauer Bürgermeister zeigte sich einsichtig, dass da nichts zu machen ist. Schwarze Magie eben. Höhere Mächte und so.

Muss der Pflegeweg ertüchtigt werden?

Gleichzeitig ergab die Ortsbesichtigung aber auch, dass der derzeitige Feldweg, Pflegeweg oder Ackerweg sowohl an Konstanzer als auch an Reichenauer Seite schlecht angebunden ist und dringend ein wenig aufgehübscht werden sollte. So dürften sich PlanerInnen und PolitikerInnen hüben wie drüben in nächster Zeit einmal Gedanken darüber machen, ob man dort, wo früher der Radweg entlang der B33 verlief, nicht einen geschotterten Weg anlegen sollte, um den dazu Berechtigten den Zugang zum Naturschutzgebiet und zu den Wiesen zu erleichtern. Bei den derzeitigen miserablen Wegeverhältnissen ist der nämlich kaum gewährleistet.

Dieser Weg müsste, um seinen Zweck wirklich zu erfüllen, sowohl an die Reichenauer als auch an die Konstanzer Seite besser angeschlossen werden, was baulich durchaus möglich ist. Ein solcher Pflege- und Hegeweg läge natürlich primär im Interesse der Erhaltung der wunderschönen schützenswerten Landschaft zwischen B33 und dem unzugänglichen Uferbereich.

Wenn dieser nicht ausgeschilderte Weg dann aber gelegentlich von ortskundigen Einheimischen zu Radfahrten oder Spaziergängen zwischen Konstanz und der Reichenau benutzt wird, ja, wer könnte es ihnen denn verdenken oder gar verbieten? Nicht einmal alle schwarze Magie dieser Welt könnte sie daran hindern. Aber das alles will wohlerwogen sein und mag gelegentlich Thema dieser oder jener Ausschusssitzung werden. Vielleicht könnte man diesen geschotterten Pflegeweg, dies als Anregung an die Adresse der Verwaltung, ja auch erst einmal zwei Jahre lang testen, um seine Auswirkungen auf die Umwelt zu beobachten – und bis klar ist, was die Wildschweine dazu meinen.

O. Pugliese