Keine Schaufel rührt sich in der Sigismundstraße

Ende März herrschte im Gemeinderat eitel Freude und der Südkurier titelte dementsprechend: „Weg frei für neue Synagoge in Konstanz“. Gebaut werden soll sie in der Sigismundstraße 8, nicht weit weg von der alten Synagoge, die einst von den Nazis in Schutt und Asche gelegt worden war. Doch erneut will der Bau nicht voran kommen und einige wichtige Fragen sind weiterhin ungeklärt. Droht wieder mal ein längerer Stillstand?

Das Thema steht schon seit langen Jahren auf der Tagesordnung. Die Vertreter unterschiedlicher Strömungen innerhalb der jüdischen Gemeinde fochten zum Teil mit schwerem Säbel gegeneinander und setzten diverse Anwälte ins Brot. Schließlich strich der eher liberale Teil die Segel – überwiegend Frauen, die sich unter anderem dagegen wehrten, dass man sie in der neuen Synagoge auf einer Empore oder hinter einem Vorhang separieren wollte. Der stockkonservative Flügel, seit Jahrzehnten von der Familie Nissenbaum dominiert und gesteuert, setzte sich schlußendlich durch.

Nach all den Querelen schien im vergangenen April tatsächlich der Augenblick gekommen, dass es mit dem Neubau der Synagoge nun endlich etwas werden könnte. Bei einer Gemeinderatssitzung wurde beschlossen, das für den Bau vorgesehene Grundstück und das ehemalige Gasthaus Anker der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden (IRG) zu übertragen. Rami Suliman, Vorsitzender des IRG-Oberrats, erklärte im Konstanzer Ratssaal, die IRG stelle für den Neubau 3,5 Millionen Euro zur Verfügung und es sei auch kein Problem, den Rest von etwa 500 000 Euro umgehend zu beschaffen.

Schon lange war klar, dass erst mal die Archäologen vor Ort graben würden. Innerhalb der IRG ging man davon aus, dass mit diesen Grabungen, die rund 6 Monate dauern sollten, Mitte Mai begonnen werden könne. „Wir hoffen“, hieß es damals in einer schriftlichen Unterlage für den Gemeinderat, „dass noch im Oktober 2013 die Bodenplatte gegossen und mit dem Rohbau begonnen werden kann, so dass bis zur Frostperiode 2013 der Rohbau fertiggestellt sein sollte“.

Wer aber heute am Bauplatz vorbeigeht, kann keinerlei Aktivitäten feststellen. Da buddelt kein Archäologe, da rührt sich keine Schaufel. Hinter einem hölzernen Bauzaun wuchert Unkraut fröhlich vor sich hin und das Grundstück ist zu einem Schandfleck im Herzen der Stadt geworden. Vereinbart war ursprünglich auch, dass vor den Grabungen der Anker teilweise abgebrochen werden sollte. Doch das marode Gebäude steht immer noch und vervollständigt den jämmerlichen Anblick vor Ort.

seemoz fragte bei Steffen Barth, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, nach. Barth ist in das Synagogen-Projekt involviert und berät die IRG. Seine Auskünfte sind allerdings nicht dazu angetan, an eine flotte Umsetzung des Neubaus zu glauben. Der Abbruch des Ankers, so Barth, stehe noch aus. Für die Grabungen sei auch das Landesamt für Denkmalpflege zuständig, aber seit „Erkundungsarbeiten“ Ende 2012 sei da nicht mehr viel geschehen. Zudem warte man sogar noch auf die „offizielle Übertragung des Grundstücks“ an die IRG. Das ernüchternde Fazit: Nichts geht derzeit in der Sigismundstraße 8. Dauert es weitere zehn Jahre, bis hier endlich der Bagger anrückt? Eine dementsprechende Anfrage von seemoz liegt der Stadtverwaltung vor, die Antwort steht noch aus.

Autor: H.Reile

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