Keine Überraschung: Beim Handlungsprogramm Wohnen bleibt (fast) alles beim Alten

Das 2014 vom Gemeinderat verabschiedete „Handlungsprogramm Wohnen“ – mittlerweile vielfach kritisiert – braucht dingend eine Auffrischung. Darin waren sich alle RätInnen im Technischen und Umweltausschuss (TUA) einig. Doch an welchen Stellen wie weit nachgebessert werden muss – darüber gingen die Meinungen weit auseinander. In einem Fall führte das sogar zu einem handfesten Streit.

Es ging um den bereits vor zwei Monaten eingereichten LLK-Antrag zur Konstanzer Wohnungspolitik (seemoz berichtete); der stand zwar auf der Tagesordnung, eine Vorberatung oder Beschlussfassung aber war laut Vorlage nicht vorgesehen. Dagegen protestierte lautstark Holger Reile (LLK), der sich eine bloße „Zur Kenntnisnahme“ verbat, sondern eine Beratung plus Abstimmung forderte. Karl Langensteiner-Schönborn, als Baubürgermeister auch Sitzungsleiter, versuchte, das Thema herunterzuspielen, in dem er zunächst von einem „Versehen“ sprach, „für das ich mich entschuldige“, und später eine Vorberatung im Ausschuss versprach. Das aber rief Stephan Kühnle (FGL) auf den Plan, der eine schriftliche Stellungnahme der Verwaltung zum LLK-Antrag vermisste. Nach einem heftigen verbalen Schlagabtausch einigte man sich schließlich: Noch am Mittwochmittag sollte eine Vorlage der Verwaltung vorliegen (die dann auch um 15.40 Uhr versendet wurde), die Grundlage sein soll für einen Beschluss in der heutigen Gemeinderatssitzung, in der ohnehin alle TUA-Beschlüsse erst wasserdicht gemacht werden müssen.

Lange Reden, kurze Beschlüsse

Die dann stundenlange Diskussion, angeheizt durch ellenlange, längst schriftlich ausformulierte Reden der einzelnen Fraktionen über Verbesserungen zum Handlungsprogramm, hatte ein vorhersehbares Ergebnis: Mit Ausnahme der Linken Liste Konstanz (LLK) stimmte die überwiegende Mehrheit (eine Gegenstimme, eine Enthaltung) den Veränderungen im Programm (großspurig: Evaluation) zu, formulierte ein paar eigene Anträge und beließ es bei kosmetischen Korrekturen.

So wurde beispielsweise einstimmig das Handlungsprogramm (HPW) in den Vorhaben-Katalog aufgenommen, was ein Mehr an Bürgerbeteiligung verspricht; so wurde die FGL-Idee, einen „Wohnungsmanager“ einzuführen, der den Fortgang des Programms überwachen sollte, mehrheitlich abgelehnt; der Aufstockung der Zielvorgabe von 7900 Wohnungen, die bis 2035 erstellt werden sollen (durchschnittlich sollen rund 400 Wohungen pro Jahr entstehen), fand ebenso eine breite Zustimmung wie ein neues Vergabeverfahren von Grundstücken an Baugemeinschaften – so sollen Genossenschaften und Bürgergemeinschaften als Anbieter auf dem Wohnungsmarkt gewonnen werden.

„WOBAK und Genossenschaften stärken“

Lange wurde über die „Segmentierung“ (Aufteilung der Neubauten auf drei Mietpreisbereiche) gestritten. Während Johann Hartwich (FDP) die bisherige Segmentierung beibehalten wollte, „weil sie ein Mittel gegen Gettoisierung“ sei, forderte Holger Reile (LLK) eine Stärkung des unteren Mietpreissegments, um junge Familien und Einkommensschwächere zu fördern. Dem schloss sich Anne Mühlhäußer (FGL) an, die das mittlere Segment als „überladen und zu undifferenziert“ bezeichnete. Für eine bessere finanzielle Ausstattung der städtischen Wohnungsbaugesellschaft WOBAK sprach sich neben der LLK nur Jürgen Ruff (SPD) aus, der die bisherige Wohnungspolitik für eine „soziale Spaltung in der Stadt“ verantwortlich machte.

Und ganz besondere, dieses Mal nicht honorierte, Experten kamen auch noch zu Wort: Hans-Joachim Lehmann versicherte für die WOBAK, dass die städtische Wohnungsbaugesellschaft „die Herausforderungen auch eines evaluierten Programms meistern“ könne – auf eine Kritik an den Änderungsvorschlägen zur Segmentierung verzichtete er dieses Mal. Julia Nestler vom BUND bezeichnete das HPW als „nicht wirkungsvoll und überholt.“, forderte ein „zielgruppenorientiertes Bauen“ und ebenfalls eine Stärkung von WOBAK und Genossenschaften.

So dass sich wohl auch der Gemeinderat in seiner heutigen Sitzung dem Vorberatungs-Ergebnis des Ausschusses anschließen wird. Und so dass sich – bei den gegenwärtigen Mehrheiten im Rat – auch die städtische Wohnungsbaupolitik, von kosmetischen Änderungen abgesehen, kaum bessern wird. Wobei daran zu erinnern ist, dass im nächsten Jahr ein neuer Gemeinderat gewählt wird …

hpk

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