Kitas kurz vor dem Kollaps?

Es wird immer schwieriger, einen geeigneten Kita-Platz zu bekommen, nicht nur in Konstanz. Allerorten fehlt Personal aufgrund des Fachkräftemangels oder hohen Krankenstands. Laut Deutschem Kitaverband fehlen bundesweit über 100.000 Erzieher*innen, die Kita-Teams arbeiten an oder über der Belastungsgrenze. Das ist keine neue Entwicklung, sondern schon seit Jahren ein strukturelles Problem. Denn wie das Gesundheitssystem auch, ist die (Klein-)Kinderbetreuung nicht mit ausreichenden Landes- und Bundesgeldern ausgestattet.

In erster Linie sind die Kommunen gefragt, wenn es um frühkindliche Betreuung und Bildung geht. Aber die kommunalen finanziellen Mittel reichen zunehmend nicht aus, um jedem Kind seinen Anspruch auf einen geeigneten Platz zu erfüllen. In der Konstanzer Kommunalpolitik spiegelte sich dieser Missstand unlängst in einem Vorschlag der Stadtverwaltung für längere Kita-Schließzeiten wider. Statt an 30 Tagen sollen zukünftig Eltern mit ihrem Nachwuchs an 32 Tagen vor den verschlossenen Türen der städtischen Kindertagesstätten stehen. Anders sei der Betrieb nach Einführung der tarifrechtlichen Regenerations- und Umwandlungstage nicht aufrechtzuerhalten. Aber Konstanz liegt mit aktuell 30 Schließtagen sowieso schon am oberen Ende der Skala, viele Gemeinden liegen deutlich darunter. Wie z. B. Emmendingen mit 27 Schließtagen oder mehrere Gemeinden im Raum Stuttgart mit 23 Tagen.

Die Linke Liste Konstanz (LLK) stimmte in den Ausschüssen und Gemeinderat geschlossen gegen die ausgeweiteten Schließzeiten. Die zusätzlichen Regenerationstage für Erzieherinnen und Erzieher sind wichtig, der Tarifabschluss für die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst ist zu begrüßen. Aber wenn diese nicht durch dringend erforderliche Einstellungen kompensiert werden, heißt das für die betroffenen Kinder zwei weitere Tage keine frühkindliche Bildung und Betreuung. Zusätzlich zu den Tagen, die aufgrund des Fachkräftemangels oder Krankheit ohnehin immer wieder anfallen. Und für berufstätige Eltern ist es alles andere als einfach, die regulären und irregulären Schließtage auszugleichen – sie müssen teilweise Überstunden oder unbezahlten Urlaub dafür verwenden.

Linke Ba-Wü: Landesregierung versagt bei der Kinderbetreuung

In einer Pressemitteilung zum Thema schreibt die Linkspartei Baden-Württemberg, dass reduzierte Kita-Öffnungszeiten und ein erhöhter Betreuungsschlüssel die Konsequenz einer verfehlten Bildungspolitik im Land seien. Sahra Mirow, Landessprecherin, erklärt: „Der Personalmangel in den Kitas hat ein katastrophales Ausmaß angenommen. Seit Jahren weisen die Gewerkschaften GEW und ver.di darauf hin, dass es bessere Arbeitsbedingungen für die pädagogischen Fachkräfte braucht. Die Landesregierung hat die Probleme weiter auf die lange Bank geschoben und die Verantwortung an die Kommunen abgewälzt. Das Land muss endlich seinem Bildungsauftrag gerecht werden und den Beruf der Erzieher*in wieder attraktiv machen. Die Leidtragenden von reduzierten Kita-Öffnungszeiten sind vor allem Mütter, die ihrer Lohnarbeit nicht mehr vollumfänglich nachgehen können.“ Zudem setzt sich die baden-württembergische Linke weiterhin für landesweite gebührenfreie Kitas ein. Ein bedarfsgerechter Ausbau der Betreuungsmöglichkeiten braucht eine zuverlässige Finanzierung. Die Partei fordert daher eine Steuerreform, die niedrige und mittlere Einkommen entlastet und hohe Einkommen und Vermögen stärker besteuert.

Zurück zu Konstanz: was diese – und andere Städte – braucht, ist eine Lösung des Kernproblems, nämlich mehr Erzieherinnen und Erzieher, die ohne ständigen Stress ihrer Arbeit nachgehen können. Beim letzten Jugendhilfeausschuss im Februar diskutierten die Mitglieder über geplante Maßnahmen zur Fachkräftegewinnung, die möglichst schnell umgesetzt werden sollen. Und dazu gehört eben auch eine bessere Bezahlung der Erzieherinnen und Erzieher. Leider fand der Vorschlag der „Strategiegruppe Fachkräftegewinnung“, eine Arbeitsmarktzulage für in Konstanz tätige Erzieher*innen zu gewähren, im Jugendhilfeausschuss keine Mehrheit. Dies ist ein falsches Signal an alle, die trotz Überlastung in den städtischen Kitas gute Arbeit leisten wollen, um die frühkindliche Bildung und Betreuung Tag für Tag zu gewährleisten.

MM/ans; Bild: Rosy auf pixabay