KKH: David fällt Scheinriesen Goliath

Auch für KKH-Gegner glich der Ausgang des Bürgerentscheids einer mittleren Sensation. Dieser  Erdrutschsieg kam für sie völlig überraschend. Klarer geht es kaum. Für die KKH-Befürworter ist das Ergebnis in jeder Hinsicht eine Katastrophe. Sie werden einige Zeit brauchen, diesen Niederschlag zu verdauen.

Knapp 21 000 WählerInnen stimmten mit Nein. Natürlich wurde gejubelt, als im Ratssaal das Ergebnis fest stand. Doch schon kurz danach signalisierten die Gegner des KKH auf Klein-Venedig, dass ihrer Meinung nach ein Musik- oder Konzerthaus in absehbarer Zeit durchaus wieder ein Thema sein könnte. Aber: Die Kongressvariante ist out und ein anderer Standort muss her. Wenn sich die Verlierer berappelt haben, könnte ein Gedankenaustausch über das weitere Vorgehen sinnvoll sein. Schon vor der Abstimmung schwante Edeka-Chef Norbert Baur, dass das KKH auf Klein-Venedig Schiffbruch erleiden würde. Er dachte schon an später: „Nach der Wahl sollten wir uns zusammen setzen“.

Die Verlierer und ihre Wasserträger

seemoz lag mit seiner Einschätzung kurz vor dem Bürgerentscheid ziemlich richtig. Es könnte mehrere Verlierer geben, stand bei uns zu lesen. Und die gibt es. An erster Stelle OB Frank, der sich über Jahre hinweg stur weigerte, frühzeitig über Standortalternativen nachzudenken und dabei die BürgerInnen mit ins Boot zu nehmen. Wer so abgeledert wird, zieht in der Regel politische und persönliche Konsequenzen.Wir erinnern: In Metzingen ist im Jahr 2008 der Oberbürgermeister nach dem Bürgerentscheid über eine Großlagerhalle mit ähnlichem Ausgang zurückgetreten.

Rumort es nun in Konstanz  auch bei CDU-Chef Müller-Fehrenbach und einigen Grünen? Oder bei  Stadtmarketing-Chef Hilmar Wörnle, der mit seltsamen Aktionen versuchte, Stimmung für das Projekt zu machen. Natürlich steht auch eine Mehrheit des Gemeinderats im Kreuzfeuer, die ohne mit der Wimper zu zucken bereits im Vorfeld  der Bürgerentscheidung rund 1,5 Millionen Euro für das KKH in den Sand setzte. Werden sich die 24 RätInnen dazu öffentlich erklären?

Nicht nur die Kohle zählt

Wer wissen wollte, wie man eine Kampagne besser nicht fährt, der war bei den Befürwortern richtig. Sie dachten, mit einem prallen Geldsack könnten sie sich die Zustimmung der BürgerInnen erkaufen. Schätzungsweise 100 000 Euro wurden so vernichtet, das Budget der KKH-Gegner lag bei rund 8000 Euro. Die Arroganz der Ja-Sager kurz vor dem Bürgerentscheid tat ihr Übriges. Wer den politischen Gegner öffentlich als „Kulturbanausen“ und „Kulturfeind“ tituliert und hinter den KKH-Gegnern fast ausnahmslos Personen vermutet, die „von der öffentlichen Hand“ leben,  muss sich über eisigen Gegenwind nicht wundern. Übrigens: Von einem unfairen Wahlkampf kann dennoch unter dem  Strich die Rede nicht sein. Natürlich spült es bei einer derart wichtigen Entscheidung für eine ganze Stadt die Emotionen hoch. Doch im Vordergrund der Debatte standen die jeweiligen Argumente.

Braucht Konstanz mehr Brillen?

Das will ein anderer Verlierer, der „Südkurier“, partout nicht einsehen. Lokalchef Rau gebärdet sich auch nach der Schlappe bockig. Der Wahlkampf sei „hitzig“ und „bisweilen unfair“ gewesen. Die Entscheidung der BürgerInnen sei „bedauerlich und kurzsichtig“. Bei über 20 000 Nein-Sagern sollten fortan die Optikläden gesteigerte Umsätze verzeichnen können. Ist Rau im Nebenerwerb schon freier Mitarbeiter bei Fielmann? Im Ernst: Der Mann hat gepokert und grandios verzockt. Den „Scherbenhaufen“, den er nun bejammert, hat er mit zu verantworten. Er weiß, dass seine massive  Medienkampagne für das KKH zum Rohrkrepierer geworden ist. Seit Tagen trudeln Abo-Kündigungen beim Verlag ein. Besser wäre, die „Südkurier“-Abtrünnigen schickten ihre Kündigungen direkt an Holtzbrinck nach Stuttgart. Die passende Adresse liefert seemoz gerne nach. Seltsam ist ja, dass das Qualitätsblatt in Konstanz noch immer keinen Chefredakteur gefunden hat. Vielleicht sucht man in Bälde, quasi im Doppelpack, auch nach einem neuen Lokalchef?

Noch ziehen wahlbedingte Rauchschwaden durch die Stadt. Den ausgeknockten Befürwortern sollte genügend Zeit zugestanden werden, ihre Blessuren zu pflegen. Dann aber erinnern wir uns an ihre Aussage, die Stadt könne sich eine Ausgabe von rund 60 Millionen Euro locker leisten. Na also,  somit steht den allernötigsten Investitionen – Sanierung Konzil und Stadttheater, mehr Geld für Schulen und Kindergärten – ja nichts mehr im Wege.

Foto: © Tempelmeister / PIXELIO
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AutorIn: H. Reile