KKH: Ein Architekt sagt Nein

Mit aller Gewalt will die Stadtverwaltung, unterstützt von einer willfährigen Mehrheit des Gemeinderates, das Projekt Konzert- und Kongresshaus auf Klein Venedig durchsetzen. Immer mehr Konstanzer BürgerInnen sind dagegen. Nun meldet sich auch der Architekt Andreas Rogg zu Wort. Seine Kritik hier in ungekürzter Fassung.

Liebe Freunde und Bekannte,
Liebe Mitglieder und Freunde des
Architekturforums Konstanz/Kreuzlingen

Nachdem sich das Architekturforum schon mehrere Jahre mit der Planung des neuen Konzert-und Kongresshauses befasst hat, jedoch von Seiten der Stadtverwaltung keine Dialogbereitschaft über Standortfragen und Verfahrensform erfolgte, die Planung ohne Beteiligung der Bürger unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden hat, habe ich mich dazu entschlossen, gemeinsam mit 16 weiteren Bürgern der Stadt die Initiative Nein zu Klein Venedig zu gründen. Als Architekt ist für mich neben den Themen Kosten und Verkehr, die gewählte Verfahrensform und der Standort mit Auswirkungen auf die Stadt, Grund, mich öffentlich gegen die beabsichtigte Bebauung auf Klein Venedig auszusprechen.

Investorenverfahren

Das von der Stadtverwaltung gewählte Investorenverfahren mit seinen Vorgaben und Einschränkungen auf diesem Standort lässt auch den besten Architekten keinen Spielraum für eine gute Lösung. Das Diktat sind die vom Investor vorgegebenen Kosten. Dem entsprechend stehen bei der Planung der Gebäude ausschließlich wirtschaftliche Aspekte im Vordergrund wie bei Gebäuden in den Industrie-und Gewerbegebieten (Quadratisch, praktisch,gut). Sind schon die Gebäudekonstruktionen einfach und banal, wird versucht, kontrastierend die Gebäudehüllen, den Ausbau und das Umfeld mit qualitätsvollen Materialien oder Materialien durch besondere Ausbildungen und Bearbeitung auszustatten, um ein anspruchsvolles Erscheinungsbild zu erzeugen. Sollten dann die Kosten für den Investor oder die Stadt aus dem Ruder laufen, wird genau an diesen Punkten der Rotstift angesetzt werden und das ganze Projekt auf Gewerbeparkniveau zusammengestrichen. Dem ´Jahrhundertprojekt` wird es dann ebenso ergehen wie dem Sea Life nebenan. Prominenter aber falscher Standort,  Architekten mit gutem Namen, die man mit ihren schönen Plänen und Animationen so lange an dem Projekt beteiligt, bis die Gemeinderäte zustimmen. Die Umsetzung erfolgt dann unter dem Kostendiktat des Investors und dem Stadtkämmerer bzw. des OB. Architektonische Qualität lässt sich nicht per Gesetz oder Vertrag festschreiben. Auch wenn diesem Irrglauben immer noch einige Fachleute unserer Bauverwaltung unterliegen, sie werden in diesem Verfahren, wie bisher auch, keine Mitgestaltungsmöglichkeit haben.

Standort

Sollte das nun vorgestellte Projekt zur Umsetzung kommen, würde dies zu einem gewaltigen Massstabssprung entlang der Uferbebauung von Konstanz und Kreuzlingen führen. Bildete bisher die Bahnlinie eine Grenze zwischen der 5-geschossigen Bebauung der Kernstadt und der 1 – 2-geschossigen Bebauung des Ufer-und Hafenbereiches, so würden sich nun die 5 – 6-geschossigen Gebäude in den Dimensionen des LAGO auf die Uferzone Klein Venedig ausbreiten und die letzte grüne, zentrumsnahe Freifläche den Konstanzer Bürgern entzogen und verbaut. Nicht nur die Konzerthalle, sondern auch die dazugehörenden Hotel- und Parkhauskomplexe (mit über 100m Länge und mit 6 Parkebenen), Untertunnelung der Bahnlinien, Zufahrtsrampen und Anlieferungsstrassen für LKW- Verkehr sind auf der Fläche vorgesehen. Die von der Verwaltung hochgelobte städtebauliche Einbindung bezieht sich auf das von OB Frank initiierte „Highlight“ des Sea Life und die Bodenseearena, welche Kreuzlingen im Zuge ihrer Planung für eine grüne Ufergestaltung  in den nächsten Jahren aus dem Uferbereich weg verlegen wird.

Geht das Jahrhundertprojekt auf Klein Venedig schief, tauchen die Verantwortlichen ab und werden nicht zur Rechenschaft gezogen (siehe Bodenseearena).  Der Konstanzer Bürger muss am Ende  mit seinen Steuergeldern und mit massiven Einsparungen in allen Bereichen dafür gerade stehen.

Es gab und es gibt immer noch alternative Standorte für ein Konzerthaus, welche wesentlich besser geeignet sind (verkehrstechnisch und finanziell günstiger), als der Standort Klein Venedig. Mit den (scheinbar) zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln ließen sich bisher vernachlässigte Standorte durch den Bau einer Konzerthalle aufwerten, neue Impulse setzen und somit zu einer Verbesserung der Gesamtstadtentwicklung beitragen.

Die Freifläche im Stadtzentrum auf Klein Venedig könnte die grüne Uferplanung unserer Kreuzlinger Nachbarn aufnehmen und fortsetzen. Es muss keine Polizei gerufen werden, wenn sich Jugendliche dort treffen. Die Fläche würde weiterhin allen Bürgern als Park und Veranstaltungsfläche zur Verfügung stehen. Veranstaltungen wie Zirkus, Oktoberfest, Musik – und Zeltfestivals könnten weiter an diesem Ort stattfinden (oder glaubt jemand, dass bei einem Anne-Sophie- Mutter -Konzert, nebenan der Zirkus, die Toten Hosen oder das Oktoberfest stattfinden?). Die Wies´n in München oder der Centralpark in New York werden auch nicht bebaut und den Bürgern genommen. Eine zentral gelegene Freifläche am Seeufer für Alle ist eine einmalige Situation, deren Bebauung durch nichts zu rechtfertigen ist.

Aus diesem Grund:

Nein zu einem Konzert-und Kongresshaus auf Klein Venedig

Mit freundlichen Grüßen

Andreas Rogg