Klatsche für Stadtverwaltung und Plädoyer für Radfahrer
Der Verkehrsclub Deutschland rüffelt die Stadtverwaltung. Ungewöhnlich scharf verurteilt der VCD Kreisverband Konstanz die Sperrung eines Teilstücks der Eichhornstraße für Radfahrer durch das Bürgeramt. Das sei rücksichtslos und rechtswidrig. Er empfiehlt betroffenen Bürgern, Widerspruch gegen diese Verkehrszeichenanordnung bei der Stadt Konstanz einzulegen.
Das Bundesamt für Straßenwesen habe festgestellt, so Rechtsanwalt Bernhard Wittlinger, Vorsitzender des VCD Kreisverbandes, dass bei Radwegen, die den Verkehr vom KFZ-Verkehr trennen – entgegen der Vermutung – mehr Unfälle und Unfälle mit schwereren Verletzungen entstehen. Vereinfacht gesagt: Radfahren auf der Fahrbahn sei sicherer, weil dann Radfahrer für KFZ-Führer nicht überraschend auftauchen, so der VCD. Diese Erkenntnis gilt bereits für Radwege, die nicht – wie an der Eichhornstraße – gegenläufig geführt werden und auch noch zwei Fahrbahnkreuzungen erfordern.
„Das Bürgeramt verstößt gegen das Verkehrsrecht“
Für einen solchen Weg muss unter anderem die Linienführung eindeutig stetig und sicher sein. Bereits hieran fehle es. Noch unmissverständlicher wird die Vorschrift zur Mindestbreite. Sie muss 2,5 m betragen. Der jetzige Waldweg hat 1,1 m breit. Die 2,5 m Mindestbreite ist bereits erforderlich, wenn der Rad- und Fußweg nur in einer Richtung angelegt ist. Die Benutzungspflicht für den Waldweg gilt aber für beide Richtungen. Die Mindestbreite berücksichtigt dann dennoch noch nicht den Bedarf für Mehrspurradfahrer (Fahrradanhänger, Dreiräder). Diese sollen nach der Vorschrift nicht geahndet werden, wenn sie solche Benutzungspflichten missachten.
Wenn alle denkbaren Maßnahmen zur „Einfädelungssicherheit“ getroffen sind, ist die Unfallgefahr für Radfahrer „nur noch doppelt so hoch“ wie wenn sie auf der Fahrbahn führen. Im Kreuzungsbereich Höhe Torkel gebe es keinerlei Maßnahme zur Sicherung der querenden Radfahrer. „Radfahrer gehören daher zu ihrer eigenen Sicherheit auf die Straße“, so Wittlinger, „auch wenn die Einsicht dazu bei den Verkehrsteilnehmern erst noch hergestellt werden muss. Daneben seien die bestehenden, aber nur freiwillig zu nutzenden Radwege für unsicherere Radfahrer ebenfalls notwendig. Mehrmals habe der VCD das Bürgeramt auf diese Rechtslage hingewiesen. Der VCD sei verblüfft, dass die Behörde, die für die Umsetzung der Straßenverkehrsrechts und der Verkehrssicherheit in Konstanz zuständig ist, sich wider besseren Wissens über das Recht hinwegsetzt, so Wittlinger.
„Tempo 30 ist die bessere Lösung“
Aufgrund der geänderten Rechtslage hätten daher die Konstanzer Radwege darauf hin überprüft werden müssen, ob die Benutzungspflicht noch der Sicherheit der Radfahrer dient und den Vorschriften noch stand hält. Statt dessen handele das Bürgeramt mit wissenschaftlich überholten Sicherheitsargumenten, setze sich über geltende Verordnungen und Richtlinien hinweg und missachte die Sicherheit des Radverkehrs.
Auch der Polizei, die eine teilweise Sperrung der eichhornstraße für Radfahrer befürwortet, legt der VCD nahe, ihre Einstellung zu rechtswidrigen und sicherheitsgefährdenden Maßnahmen zu überdenken. Selbst rechtlich sei die Diskussion dazu bereits ausgestanden, fügt Wittlinger als Rechtsanwalt noch an. Nachdem eine bayrische Gemeinde glaubte, noch Benutzungszwang aus „Sicherheitsgründen“ anordnen zu dürfen, hat das Bundesverwaltungsgericht beschieden, dass dies nicht mehr zulässig ist.
Der VCD schlägt stattdessen eine allgemeine Geschwindigkeitsbegrenzung auf Tempo 30 wenigstens in diesem Teilbereich der Eichhornstraße vor. Das wäre ein wirksamerer Schutz für alle Verkehrsteilnehmer – eine einseitige Beeinträchtigung der Radfahrer könnte dann entfallen.
Autor: PM/hpk