Klimablockaden – jetzt auch in Konstanz
Nun sind sie also auch in unserer Region unterwegs: Am gestrigen Valentinstag blockierten Aktivist*innen der Gruppe Letzte Generation die Bodanstraße vor dem Lago. Die Aktion war bald vorbei, auch weil die Polizei überraschend schnell zur Stelle war – sorgte aber für viele Diskussionen. Weitere Blockaden sind geplant.
Irgendwer muss gepetzt haben. Anders ist nicht zu erklären, dass schon frühzeitig ein Polizeiauto durch den Herosépark kurvte, also dort, wo die Aktion ursprünglich beginnen sollte. Dabei waren nur die Aktivist*innen und die Medien über die Uhrzeit und den Ausgangspunkt der ersten Konstanzer Klimablockade informiert. Tatsächlich begann diese dann eine halbe Stunde später am anderen Ende der Innenstadt – doch auch hier tauchten die Ordnungskräfte verblüffend rasch auf.
Den sechs Aktiven, die sich auf die Fahrspuren beim Fußgängerübergang vor dem Lago zuerst stellten (dann setzten), blieb also kaum Zeit, ihre Banner zu entrollen und den Klebstoff aus der Tasche zu ziehen, da wurden sie auch schon weggehoben. Nur einer schaffte es, seine linke Hand auf dem Asphalt festzukleben, was die Besatzungen der mittlerweile sechs (oder mehr) Polizeiwagen anfänglich verwirrte, den Verkehr jedoch kaum behinderte. Ein Spektakel war es trotzdem.
Innerhalb von Minuten waren die beiden Teams mit ihren Transparenten („Letzte Generation vor den Kipppunkten“ und „Artikel 20a Grundgesetz: Leben schützen“) von Menschen umringt. Manche staunten, andere schimpften („die werden bezahlt!“), die nächsten fotografierten. Aber viele – vor allem Jüngere – signalisierten ihre Unterstützung.
„Auf dem Highway zur Hölle“
Ganz zufrieden mit ihrer ersten Aktion war die Konstanzer Gruppe von Die Letzte Generation nicht. „Wenn die Polizei länger gebraucht hätte, hätten wir ein bisschen länger blockieren können“, sagt beispielsweise Eileen Blum. „Ich zum Beispiel habe es nicht geschafft, mich festzukleben, andere auch nicht.“ Aber das werde sich ändern: „Wir haben ja Zeit für ausgefeiltere Techniken, da kommt noch mehr.“
Dass es nicht bei dieser Blockade bleiben werde, sei klar. „Wir sitzen hier, weil wir auf einen riesigen Klimanotfall zusteuern. Für uns als Menschen ist es nicht verantwortbar, da sehenden Auges hineinzusteuern.“ Hat nicht UN-Generalsekretär António Guterres in aller Deutlichkeit gesagt: „Wir sind unterwegs auf dem Highway in die Hölle – mit dem Fuß auf dem Gaspedal“? Allein dieser Satz zeige bereits, dass „wir trotz aller Versprechungen auf einem schlechten Weg sind. Und deshalb sehen wir es als unsere Pflicht an, uns aufzulehnen. Diesen Weg in die Hölle müsste eigentlich ein demokratischer Rechtsstaat verhindern, der sich zu den Menschenrechten bekennt.“
Ist die Klimabewegung also staatstreu? „Das könnte man so sagen, auch wenn man uns als Terroristen beschimpft. Laut Artikel 20a des Grundgesetzes ist der Staat verpflichtet, die Menschen und die kommenden Generationen zu schützen. Gerade das passiert aber nicht.“
Konkret fordern die Klimaschützer*innen in Konstanz (und auch anderswo), dass der Bundestag „einen Gesellschaftsrat einberuft, in dem Menschen aus allen Schichten und Expert*innen über die nötigen Schritte beraten“, eine überaus demokratische und einfache Maßnahme, die gesetzlich bereits vorgesehen ist. Überhaupt seien alle „unsere Forderungen bisher – Fortsetzung des 9-Euro-Tickets für den öffentlichen Nahverkehr, Tempolimits auf allen Straßen, Essen retten, keine neuen fossilen Investitionen – einfach umzusetzen. Aber das hat nicht funktioniert. Also werden wir weiter Druck aufbauen, bis die Politik die Bürger*innen endlich schützt.“
Nach dem Kurzinterview wurden alle Aktiven einzeln von Beamt*innen weggeführt und nach Waffen durchsucht. Ihre Personalausweise hatten sie da schon vorzeigen müssen.
Was folgt, wissen sie noch nicht. Werden ihnen die Einsatzkosten in Rechnung gestellt? Kommt eine Geldstrafe auf sie zu? Ein Gerichtsverfahren? Sie nehmen es locker – auch wenn sie sich manchmal darüber wundern, „wie sehr sich manche Leute über unsere Aktionen aufregen – und wie wenig über den Klimawandel“. Aber immerhin: Die Zahl ihrer Mitstreiter*innen steige, sagen die Aktivist*innen. Das ist eine der wenigen guten Nachrichten in dieser Zeit.
Text und Fotos: Pit Wuhrer